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Die Hep-Cats schreiben Geschichte
BAD KISSINGEN Ed Sperber spielt mit, Günter Noris ist angesagt. Die beiden prominenten Musiker und Band-Leader adeln jenes Fest, mit dem der TSV Bad Kissingen drei runde Geburtstage feiert und zugleich ein altes Stadtviertel wieder in Erinnerung ruft: Am Sonntag ist das Lefferer-Fest, benannt nach dem Lefferer-Viertel.
Von unserem Redaktionsmitglied ROLAND PLEIER
 |  aktualisiert: 17.10.2017 14:32 Uhr
Mittendrin im Lefferer-Viertel liegt der Saalbau, seit knapp 100 Jahren die Heimat des TSV Bad Kissingen. Am Saalbau findet das Lefferer-Fest auch statt. Und mit dem Lefferer-Viertel, dem Saalbau, dem TSV und dem Fest aufs Engste verbunden ist ein Person, die in Bad Kissingen schon so etwas wie eine Institution ist: Gustav Streng.

Der 76-Jährige ist nicht nur seit 17  Jahren Vorsitzender des TSV Bad Kissingen. Er ist im alten Saalbau in der Landwehrstraße (heute China-Palast) geboren und aufgewachsen, wohnt bis heute dort, und spielt Trompete in einer Band, die ein rekordverdächtiges Alter hat: Die Hep-Cats feiern mit dem Lefferer-Fest ihr 60-jähriges Bestehen.

Dies wiederum ist nur einer von drei runden Geburtstagen, die am Sonntag begangen werden: Der TSV Bad Kissingen wird heuer 130 Jahre alt, und die Flying Jazz Band des Kissinger Posaunisten Wolfgang Görner, die ab 18 Uhr auftritt, blickt auf ihr 15-jähriges Bestehen zurück.

Die Geschichte der Hep-Cats ist ein Stück Geschichte der Nachkriegszeit. La Barre hieß der Mann, der ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs den Auftrag bekam, sich um deutsche Jugendliche zu kümmern. "German Youth Activities" war das Programm überschrieben (deutsche Jugend-Aktivität), für das der Captain (Hauptmann) der US-Streitkräfte verantwortlich war.

La Barre stellte die Instrumente, besorgte die Noten. Geprobt wurde im Regentenbau. Zudem machte La Barre - am seinen Vornamen kann sich keiner erinnern - die Jugendlichen auch mit Baseball vertraut. So tourten diese durch Süddeutschland - spielten erst Baseball, und dann als Hep-Cats Swing und Jazz. 1946 holten sie sogar den deutschen Meistertitel in der amerikanischen Besatzungszone für Jugendmannschaften im Softball.

13-mal "Surrender"

Die Hep-Cats, so Streng, waren "eine reine Schülerband". Er selbst war damals gerade 17 Jahre alt. Älter als er war keiner in der knapp ein Dutzend Musiker zählenden Band. An einen Titel kann er sich noch besonders gut erinnern: "Surrender" hieß er. Es war der erste Titel, den die Band damals einstudierte. 13-Mal, so Streng, hat die Band diesen Titel damals im Offiziersclub der amerikanische Besatzungsmacht gespielt, so gut kam diese wunderschöne Slow-Nummer an.

Günter Maier war damals noch nicht dabei. Der Mann, der später als Günter Noris bekannt wurde, 1971 die Big Band der Bundeswehr gründete und ein Jahr später die Musik beim Eröffnungsfest der Olympischen Spiele in München arrangierte, war damals grade elf Jahre alt.

Doch sechs Jahre später, als Gustav Streng mit dem heute 75-jährigen Schlagzeuger Erwin Wohletz die Hep-Cats nach einer dreijährigen Pause wiederaufleben ließen, da saß jener Günter Maier, der spätere Günter Noris, am Klavier oder schnallte sich das Akkordeon um. Streng und Wohletz waren später 34 Jahre lang Arbeitskollegen in der Staatlichen Spielbank.

Josef Weingart (Klarinette und Tenor-Saxofon) aus Euerdorf war der vierte Mann in der zunächst kleinen Combo, die vor allem in den vier amerikanischen Clubs in Bad Kissingen, in der Roxy Bar und im Schweizerhaus sowie in Wildflecken und Schweinfurt spielten. Mit Verstärkung von Musikern der Ed Sperber Band aus Schweinfurt wuchsen die Hep-Cats dann zur Big-Band, die in der Gegend Jahrzehnte lang für Swing bei Großveranstaltungen sorgte.

Diese Zeiten wollen die Protagonisten von damals noch einmal aufleben lassen - als krönender Höhepunkt des Lefferer-Festes ab 20 Uhr. Zuvor spielen die Frauenrother Musikkapelle zum Vereins-Frühschoppen mit Weißwurstfrühstück auf (1030 Uhr), dann - nach Spanferkelessen um 1230 Uhr und Modenschau um 14 Uhr - die Burkardrother Musikanten (15 Uhr), und schließlich die Flying Jazzband (18 Uhr).

Dass das Lefferer-Fest wiederauflebt, dafür sorgt Hannelore Schön. Die 59-Jährige aus Frauenroth ist Lebensgefährtin von Gustav Streng und Beisitzerin im Vorstand des TSV Bad Kissingen. Sie knüpft damit an an die drei Lefferer-Feste in den Jahren 1976 bis 1978.

Im Blickpunkt

Das Lefferer-Viertel
"Kissinger Neustadt" hieß die öst-
liche Vorstadt einst amtlich. Der
Volksmund aber nannte das Ge-
viert zwischen der Frühling-/Kapel-
lenstraße im Süden, der Maxstraße
im Norden, der Hemmerichstraße
im Westen und dem heutigen Ost-
ring "Lefferer-Viertel". Der religiö-
sen Entstehungsgeschichte zufolge
soll "Lefferer" eine Verstümme-
lung des Wortes "Liebfrauen" sein.
Wahrscheinlicher ist wohl, dass das
Viertel seinen Namen vom damali-
gen Schweinemarkt auf dem Ge-
lände der heutigen Schreinerei Voll
erhielt. In diesem Fall wäre der
Name von "Läfferle" (Läufer) ab-
geleitet, der volkstümlichen Be-
zeichnung für einjährige Schweine.
Wieder andere sagen, dass die
Menschen in dieser früheren
"Arme-Leut-Gegend" so arm
waren, dass sie sich keine Sau, son-
dern allenfalls ein Läfferle haben
leisten können.

 
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