Die Büros verwaist, dafür sind die Wartezimmer der Praxen der Allgemeinmediziner voll: Der Landkreis schnieft und hustet. Was oft "nur" ein grippaler Infekt ist, entpuppt sich allerdings manchmal als waschechte Grippe - die gefürchtete Influenza, an der in jedem Jahr viele Menschen in Deutschland sterben. Jetzt melden Ärzte aus dem Landkreis vermehrt Fälle der Influenza.
Einer von ihnen ist Dr. Michael Stier , Allgemeinarzt und Internist in Nüdlingen. "In dieser Saison ging es vergleichsweise spät los, aber seit letztem Montag gib es vereinzelte Fälle von Influenza." Im Vergleich zum letzten Jahr allerdings fällt seine Bilanz für heuer noch recht positiv aus: Da verzeichnete der Mediziner zum jetzigen Zeitpunkt Influenzafälle im mittleren zweistelligen Bereich.
Dem Gesundheitsamt Bad Kissingen wurden im Dezember 2018 ein Fall der Influenza A gemeldet, vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Januar insgesamt 15 Fälle.
Melanie Hofmann vom Landratsamt spricht wie Michael Stier auch von einem "durchschnittlichen Wert" im vergleich zum Vorjahr. Hofmann: "Über die genaue Zahl an tatsächlich an Influenza Erkrankten gibt diese Zahl jedoch keine Auskunft, weil ein sehr großer Teil der Patienten nicht virologisch getestet und nicht ans Gesundheitsamt gemeldet wird."
Wie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf seinen Internetseite mitteilt, wurden in der vergangenen Woche bayernweit 1305 Influenzafälle gemeldet. Dadurch hat sich die Zahl der Gesamtfälle nahezu verdoppelt: Seit Anfang Oktober wurden 3088 Patienten positiv auf das Influenzavirus getestet.
Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) warnt auf seiner Internetseite: Bei einer Grippe handelt es sich um keine harmlose Erkrankung. Influenzaviren können eine Infektion mit hohem Fieber und schwerem Krankheitsgefühl verursachen. "Für Menschen mit Grunderkrankungen kann eine Grippe eine lebensbedrohliche Komplikation bedeuten", schreibt die Behörde. Risikogruppen wird zu einer Impfung geraten. Dazu gehören unter anderem Menschen über 60 Jahre sowie Personen mit chronischen Erkrankungen. Eine Immunisierung im Herbst sei zwar besonders zu empfehlen, doch auch zu einem späteren Zeitpunkt sei sie noch sinnvoll.
Meldung ans Amt
Warum wird die Erkrankung gemeldet? Labors und Ärzte, die Influenzaviren nachweisen, müssen das nach dem Infektionsschutzgesetz dem Gesundheitsamt melden. Die Meldungen werden geprüft und an das LGL weitergeleitet. Zur bundesweiten Auswertung gehen die Daten an das Robert Koch-Institut. Die Daten dienen als Grundlage für eine seriöse Beurteilung der Infektionsgefahr durch Grippeviren.
Die Grippewelle 2017/18 verlief so heftig, wie seit Jahren nicht mehr, das ist imBericht des Robert Koch-Instituts nachzulesen. Allein in Berlin wurden in jener Saison rund 1100 Todesfälle in Zusammenhang mit der Grippe gebracht. Im gesamten Bundesgebiet gab es etwa 300 000 Kranke - die höchste Zahl seit 2001, als das Infektionsschutzgesetz in Kraft trat.
Ein Grund dafür dürfte gewesen sein, dass die meisten Kassen nur eine Dreifachimpfung zahlten, weil sie nicht verpflichtet waren, den teureren Vierfachimpfstoff zu bezahlen. Der allerdings hätte auch gegen die Influenza-B-Viren geschützt, die in der vergangenen Saison für mehr als die Hälfte der Grippefälle verantwortlich war.
Heuer ist das anders. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) legte bereits im Frühjahr 2018 fest, dass Menschen in Risikogruppen einen Vierfachimpfstoff bekommen, der die Virustypen A und B enthält.
Gibt es genügend Stoff?
Nur: Gibt es genügend Impfstoff? Scheinbar ja, denn die Nachfrage ist laut Bernward Unger stark zurückgegangen. Unger ist unterfränkischer Bezirksvorsitzender im Bayerischen Apothekerverband. Der Apotheker aus Dettelbach sagt: "Im Moment herrscht kein Mangel, weil keine Nachfrage da ist." Wenn eine große Grippewelle käme, beispielsweise aus Osteuropa, "und wir wissen, dass die in zwei Wochen bei uns aufschlägt, dann hätten wir ein Problem", sagt der Apotheker. Er selbst hat derzeit nur noch wenige Impfdosen im Schrank. "Und auch in den letzten fünf Wochen habe ich nur zwei oder drei Impfdosen gebraucht."
Viel mehr planten die Apotheker in Kürze schon für die Grippe-Saison 2019/2020. Denn die Impfdosen sind teuer, rund 13 Euro kostet eine Spritze. "Wenn ich zu viel bestelle, kann ich den Impfstoff nach der Grippewelle wegwerfen - zurückgeben kann ich die Dosen nicht."
Das Gesundheitsamt Bad Kissingen kann keine Auskunft darüber geben, ob es genügend Impfstoff im Landkreis gibt. "Menschen, die sich gegen Grippe impfen lassen möchten, sollten zu ihrem Arzt oder zu ihrer Ärztin gehen, um sich dort über die Verfügbarkeit zu informieren."
Grundsätzlich ist eine Impfung auch jetzt noch sinnvoll. Eine Grippeimpfung im Herbst ist zwar besonders zu empfehlen, doch auch später ist eine Impfung noch sinnvoll, da eine anhaltende Zirkulation der Viren meist erst ab Januar zu beobachten ist, so Melanie Hofmann vom Landratsamt. Es dauert zehn bis 14 Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist.