Dass mit lockeren Grabsteinen nicht zu spaßen ist, erfuhr eine Frau aus Gauaschach an Heiligabend 2021 schmerzhaft am eigenen Leib: Während der Grabpflege fiel ihr ein locker sitzender Stein aufs Bein und klemmte sie darunter ein. Die jährliche Überprüfung der Standfestigkeit von Grabsteinen hat also durchaus ihren Grund. Vergangene Woche wurden auch die Grabsteine auf den zwölf städtischen Friedhöfen in der Kernstadt und den Stadtteilen wieder überprüft. Die Verantwortlichen erklären, wie der Test durchgeführt wird, warum Grabsteine überhaupt locker werden und wie sie sich die relativ hohe Zahl in Gauaschach erklären lässt.
Warum Grabsteine locker werden
„Insgesamt waren heuer relativ wenige Grabsteine locker“, erzählt Dieter Densch von der Friedhofsverwaltung. Mit Friedhofsgärtner Matthias Emmert führt er die Prüfung durch. Die Gründe sind vielfältig. Grabsetzungen durch das Verrotten des Sarges, Erschütterungen oder Grabarbeiten im näheren Umfeld können die Steine lockern.
Selbst die Beschaffenheit des Bodens oder die Wurzeln benachbarter Bäume haben einen Einfluss auf die Standfestigkeit der Gräber. Auch Frost und Feuchtigkeit spielen eine große Rolle. „Wir testen jedes Jahr nach der Frostperiode , also in der Regel ungefähr Anfang Mai“, erklärt Densch.
Keine Rüttelprobe der Steine
Getestet werde durch eine Druckprobe. Denn: Optisch seien viele der Schäden nicht sichtbar. „So ein Grabstein kann je nach Material locker 200 bis 300 Kilo wiegen. Größere tendenziell sogar noch mehr“, sagt Emmert.
Die Prüfung erfolge mit einer Prüflast von 30 Kilogramm an der Oberkante des Grabmals. Wichtig sei, dass sie nicht ruckartig stattfinde, sondern der Druck mindestens über zwei Sekunden lang anhalte. „Wir machen eine Druckprobe, keine Rüttelprobe. Das ist ein Unterschied“, betont Densch.
Durch geschultes Personal werde garantiert, dass nur wirklich lockere beziehungsweise nicht standsichere Grabmale festgestellt werden. Eine Beeinträchtigung der Steine durch eine unsachgemäß durchgeführte Prüfung sei ausgeschlossen.
Bewohner zeigen Verständnis
„Wir sind teilweise sogar schon extra ein zweites Mal auf den Friedhof gefahren und haben den Leuten gezeigt, dass ihr Stein wirklich locker ist“, berichtet Densch. Solche Probleme gebe es allerdings nicht sehr häufig. Der Großteil der Betroffenen zeige Verständnis und kümmere sich zeitnah um die Befestigung.
Lockere Steine werden durch einen gelben Zettel mit der Aufschrift „Unfallgefahr! Grabstein ist locker!“ gekennzeichnet. Im Extremfall werde das Grab sogar mit einem roten Band abgesperrt. Dieser Fall kommt laut Densch aber nur sehr selten vor.
Und: Um durch mögliches Umstürzen des Grabsteines sich und andere Friedhofsbesucher nicht zu gefährden, werden die sogenannten Grabnutzungsberechtigten zusätzlich schriftlich aufgefordert, die Grabmale möglichst umgehend fachgerecht befestigen zu lassen. „Normalerweise ist es Pflicht, dies durch einen Steinmetz machen zu lassen. Wir können aber natürlich niemanden dazu zwingen“, erklärt Densch.
Erneute Prüfung nach sechs Wochen
Nach ungefähr sechs Wochen erfolgt dann eine Nachprüfung. Sollte der Grabstein dann immer noch locker sein, sei die Stadt verpflichtet, den Schaden zu beheben. Die Kosten werden nach Angaben der Friedhofsverwaltung auf den Nutzungsberechtigten umgelegt. Für die Befestigung gebe es speziellen Mörtel. „Silikon eignet sich nicht so gut, das hält langfristig nicht“, weiß Emmert aus Erfahrung.
Prüfung angebracht
Anita Huppmann aus Thulba ist in Gauaschach geboren und pflegt seit Jahren mit ihrem Bruder das Grab ihrer Familienmitglieder. Sie findet den jährlichen Test richtig. „Die Prüfung ist angebracht, es ist schließlich schon oft genug etwas passiert“, meint sie. Vor allem bei Gräbern, nach denen selten geschaut wird, sei die Überprüfung der Standfestigkeit wichtig.
„Manche wissen vielleicht auch gar nicht, was mit ihrem Grab ist.“ Und: Ihr Grabstein ist einer derjenigen, der sich schräg nach vorne neigt. Bei der Überprüfung habe das allerdings noch nie Probleme gegeben, betont sie. „Hätten sie den Grabstein nicht überprüft, hätten wir ihn vermutlich richten lassen.“ Auch die Prüfer bestätigen: Solange schräg geneigte Grabsteine der Druckprobe standhalten, geht keine Gefahr von ihnen aus.
Alte Grabsteine sind anfälliger
Die Friedhofsverwaltung Hammelburg kümmert sich um ungefähr 3500 Grabsteine , verteilt auf zwölf Friedhöfe. Davon seien allerdings jedes Jahr nur um die 50 Grabmale locker, berichtet Densch. „ Gauaschach liegt in diesem Jahr mit neun lockeren Grabsteinen etwas über dem Durchschnitt.“
Die Besonderheit in dem Stadtteil ist, dass der dortige Friedhof am Hang liegt und deshalb in Stufen angelegt ist. Das mache die Gräber anfällig. Auch besonders alte Steine lockern sich laut Densch häufiger. „Oft sind es auch die Steine mit einer geringen Auflagefläche, die wackeln“, erzählt Emmert.
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