Das Gefühl, überrumpelt zu werden. Zwar nach der Meinung gefragt, sich am Ende aber doch nicht gehört fühlen. Das können viele Bewohner der Gemeinde Wartmannsroth aktuell vermutlich gut nachvollziehen, denn: Nach der Hochspannungsleitung P43 (Fulda-Main-Leitung) sollen nun auch die beiden Gleichstromleitungen Nordwest- und Südwestlink (DC 41 und 42) den westlichen Landkreis queren.
„Die Grundproblematik ist, dass die drei Leitungen in sehr kurzer Folge kommen“, weiß Landrat Thomas Bold.
Drei Stromleitungen durch die Gemeinde Wartmannsroth
Während Tennet für die Wechselstromleitung P43 Anfang Januar bei der Bundesnetzagentur einen Antrag auf Planfeststellungsbeschluss eingereicht hat, wonach nun die konkreten, grundstücksgenauen Leitungsverläufe innerhalb des Korridors festgelegt werden, wurden parallel vor wenigen Wochen die sogenannten Präferenzräume der zwei neu geplanten Gleichstromtrassen DC 41 und 42 öffentlich. Aber auch hier schlägt der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW, aufgrund eines 2022 von der Bundesregierung beschlossenen, schnelleren Genehmigungsverfahrens, bereits konkrete Verläufe vor. „Während das eine in Gestaltung, aber noch nicht abgeschlossen ist, wird das andere angestoßen und versucht, mithilfe neuer Verfahren, möglichst schnell zu planen“, äußert sich der Landrat, auf einem Infomarkt in Wartmannsroth.
Laut aktuellem Vorschlag würden die als Erdkabel ausgeführten Leitungen der DC 41 und 42 von Norden kommend beim Aussiedlerhof "Pferdeparadies Grieshof" oberhalb von Zeitlofs in den Landkreis eintreten und ihn im Süden zwischen Gräfendorf und Michelau wieder verlassen. Für die Gemeinde Wartmannsroth sieht die erste Verlaufs-Idee vor: die beiden in diesem Abschnitt gebündelten Leitungen laufen westlich an Heckmühle vorbei, in einem östlichen Schwenk um Völkersleier herum und anschließend westlich an Wartmannsroth entlang. Weiter durch den schmalen Abschnitt zwischen Dittlofsroda und Waizenbach hindurch und geradewegs auf Michelau zu. Luftlinie würden Nordwest- und Südwestlink die Gemeinde also auf ungefähr 7,5 Kilometer Strecke queren, erklärt Chris Göpfert, Bürgerreferent von TransnetBW.
Erster Entwurf als Diskussionsgrundlage
„Insgesamt verlegen wir neun Kabel, in drei Kabelgräben. Unter der Erde haben die Kabel in den Gräben jeweils zwei Meter Abstand.“ Die Gräben selbst würden acht Meter voneinander entfernt und mindestens 1,30 Meter tief unter der Erde liegen. „Der Bauraum beträgt in der Regel ungefähr 73 Meter“, erklärt Göpfert und betont weiter: „Dieser erste Entwurf ist eine reine Diskussionsgrundlage.“
Denn: Auf der gesamten Breite des vorgeschlagenen Korridors über mögliche Verläufe zu diskutieren, hätte nur wenig Sinn. Viel Spielraum gibt es allerdings nicht: „Die Bundesnetzagentur hat den vorläufigen Präferenzraum festgelegt und innerhalb dessen müssen wir bleiben“, erklärt er. Bestimmt werde dieser durch den Ausschluss möglichst vieler störender Faktoren wie Neubaugebiete, Siedlungen, Biotope und geschützte Gebiete, aber auch Wasser, der Boden und das kulturelle Erbe würden eine Rolle spielen. „Wo wir am wenigsten Einschnitte haben, dürfen wir die Leitung dann legen.“
Freileitung bei Gleichstrom verboten
Nördlich der Gemeinde, genauer im Forst Detter-Süd, verlaufen die Fulda-Main-Leitung und die beiden Gleichstromleitungen laut erstem Vorschlag aktuell noch nicht parallel. Denn: Beim Bau der Gasleitung habe man schlechte Erfahrungen mit dem Boden gemacht. Der Bau einer Freileitung - ähnlich der P43 - sei zwar theoretisch auch möglich, allerdings seit 2015 nicht mehr erlaubt.
„Es ist gesetzlich festgelegt, dass Gleichstromleitungen unterirdisch laufen müssen“, erklärt der Bürgerreferent und meint weiter: „Anders als bei einer Freileitung müssen wir uns den Gegebenheiten des Bodens anpassen.“ Da die Beschaffenheit weiter östlich etwas besser vermutet wird, sei der Verlauf der drei Stromleitungen auf diesem Stück also vorerst nicht zusammengelegt worden.
Gute Gründe für zwei Waldschneisen notwendig
Sollte die P43 allerdings tatsächlich auf der aktuell geplanten Route gebaut und der Wald dafür gerodet werden, sei ein paralleler Verlauf der drei Leitungen möglich. "Für zwei Waldschneisen müssten wir schon sehr gute Gründe haben", betont der Referent. Auch wenn die unterirdischen Leitungen mithilfe eines speziellen Verfahrens nur ungefähr alle 1000 Meter auftauchen und immer nur kleine Bereiche abgeholzt werden müssten, soll der Wald nicht mehr als unbedingt nötig beansprucht werden. Göpfert verdeutlicht nochmals: „Es wird sich noch einiges ändern. Wir sammeln noch Daten und versuchen, so viel wie möglich über den Raum zu erfahren.“ Deshalb seien Infomärkte wie in Wartmannsroth oder auch in Zeitlofs wichtig.
„Wir müssen versuchen, den windreichen Norden mit dem sonnenreichen Süden zu verbinden“, sagt der Bürgerreferent. Denn: Für ein klimaneutrales Deutschland brauche es ein flexibles und belastbares Stromnetz, das erneuerbare Energien aus den erzeugungsstarken Gebieten in schwächere Regionen bringt. Hierfür seien Nordwest- und Südwestlink ein wichtiger Bestandteil.
Verständnis, aber auch Unmut der Bevölkerung
Die Bevölkerung in Wartmannsroth hat dafür Verständnis, die Angst vor einer Überbündelung bleibt allerdings trotzdem bestehen. „Das ist alles ein wenig überlastet und auf sehr engem Korridor“, äußert ein Wartmannsrother seine Bedenken, weiß aber auch um die Notwendigkeit: „Auf der anderen Seite wollen wir alle Strom, also müssen wir auch etwas machen.“ Er sieht das Problem nicht bei den Erdleitungen, sondern vielmehr bei der P43.
„Solange es unterirdisch liegt, ist es noch eher zu verkraften“, stimmt ihm da ein Bürger aus Völkersleier zu, der die Leitungen als ein „notwendiges Übel“ bezeichnet. Zumindest optisch seien die Leitungen schließlich nach dem Bau nicht mehr wahrnehmbar. Es gibt allerdings auch Ärger: „Wir bekommen alles. Erst die Gasleitung, dann die P43 und jetzt noch die beiden Gleichstromleitungen“, äußert eine Bürgerin aus Dittlofsroda ihren Unmut. „Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich künftig dann die Masten der Leitung.“
Auch Bürgermeister Florian Atzmüller weiß von dem Ärger der Bürger. Er versucht zu beruhigen: „Am Ende des Tages steht viel noch nicht fest, auch wenn wir natürlich größte Sorge vor Überbündelung und den massiven Eingriffen in die Natur haben.“ Deshalb werde sich die Gemeinde auch in Zukunft weiterhin so viel wie ihr möglich in die Planungen mit einbringen.
Auf der Seite „ webgis.suedlink.com “ können die beiden Trassenentwürfe für den sogenannten Nordwestlink (DC 41) und den Südwestlink (DC 42) angesehen werden.
🛈 Wer für die Leitungen zuständig ist
- Der NordWestLink soll künftig den grünen Strom der Onshore-Windenergie in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie Offshore-Windleistung in der Nordsee nach Baden-Württemberg transportieren. Für Planung und Bau der Hochspannungsverbindung sind laut Infobroschüre die beiden Übertragungsnetzbetreiber TenneT und TransnetBW zuständig. Den nördlichen Teil verwantwortet TenneT, ab dem Kreuzungspunkt westlich von Hannover in Niedersachen bis Obrigheim in Baden-Württemberg übernimmt TransnetBW.
- Der SuedWestLink ist ein Erdkabelvorhaben und erstreckt sich über etwa 740 Kilometer zwischen dem Raum Büchen/Breitenfelde/Schwarzenbek-Land in Schleswig-Holstein und dem südlichen Landkreis Böblingen in Baden-Württemberg. Für die Planungen sind laut Informationsblatt hier die beiden Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und TransnetBW zuständig. Der nördliche Teil ab Büchen in Schleswig-Holstein verantwortet 50Hertz, den südlichen Teil ab Böblingen bei Stuttgart in Baden-Wüttemberg übernimmt TransnetBW.