
Eigentlich hatte der Netzbetreiber Tennet eine Trassenführung der Fulda-Main-Leitung (P43) zwischen dem osthessischen Dipperz entlang der A7 nach Bergrheinfeld bei Schweinfurt als Vorzugsvariante angekündigt. Im Oktober änderte das Unternehmen dann allerdings seinen Kurs und schlug der Bundesnetzagentur einen neuen P43-Verlauf im westlichen Landkreis vor. Damit wären nun auch Völkersleier, Dittlofsroda , Heiligkreuz, Waizenbach und Wartmannsroth von der Trasse betroffen. Bürgermeister und Gemeinderat haben deshalb eine Stellungnahme zum neuen Verlauf abgeben.
Sie schreiben: „Insgesamt betrachtet sehen wir den seitens Tennet vorgeschlagenen Vorschlagstrassenkorridor höchst kritisch.“ Ans Netz gehen soll die 380-Kilovolt-Wechselstromleitung zwar erst im Jahr 2031, die Frist für Stellungnahmen endet allerdings bereits am 5. Januar. Die Trasse sei notwendig, da es zwischen den Umspannwerken in Mecklar (Hessen) und Bergrheinfeld noch keine direkte Verbindung gebe. Nur so könne die Übertragungskapazität zwischen Bayern und Hessen erhöht werden, schreibt die Bundesnetzagentur auf deren Homepage.
Wegen des Wasserschutzgebietes in Römershag sei der ursprünglich vorgeschlagene Bau entlang der A7 allerdings technisch zu aufwendig. Die Freileitung soll deshalb nun aus Hessen kommend die Sinn bei Zeitlofs überqueren und der Gasleitung von Sannerz nach Rimpar folgen. Dabei werden Roßbach, Weißenbach und Detter passiert, ehe der Vorzugskorridor zwischen mehreren Wartmannsrother Ortsteilen hindurch nach Main-Spessart führt.
Wasserschutzgebiet zu hoch eingestuft
Die Gemeinde Wartmannsroth merkt in ihrer Stellungnahme an, dass sie „das Realisierungshemmnis Wasserschutzgebiet bei Bad Brückenau bei der Einordnung und Beurteilung in den Bewertungsschritten beim Gesamtalternativenvergleich durch Tennet für deutlich zu hoch eingruppiert halten.“ Nach Darstellung von Tennet werde dies als ein nahezu unüberwindbares Hindernis gesehen, da für den Bau der Leitung eine Ausnahmegenehmigung erforderlich sei.
Jedoch obliege diese Entscheidung nicht einer Fachbehörde, sondern der Bundesnetzagentur selbst, heißt es in der Stellungnahme weiter. Die Gemeinde fordert: „Angesichts der deutlich überwiegenden Nachteile des seitens Tennet vorgeschlagenen Vorzugstrassenkorridors im Vergleich zu Strang B, sollte dies durch Sie zwingend neu bewertet werden.“
Hinzu kommt: „Ein wesentlicher Grund, für den sich in den vergangenen Jahren langsam entwickelnden Tourismus ist das relativ unverbaute und besonders attraktive Landschaftsbild.“ Durch die Sichtbarkeit der Leitungen würden die touristische Entwicklung der letzten Jahre zunichtegemacht. Viele Beherbergungsbetriebe sehen sich in ihrer Existenz bedroht, denn auch ihre Gäste kämen hauptsächlich wegen der unverbauten Landschaft. „Unserer Gemeinde wird jedwede dahingehende Entwicklungsmöglichkeit genommen, da sie durch ihre Lage, fernab von der Autobahn und Gleisanbindungen, auch im Hinblick auf eine Entwicklung als Gewerbestandort nahezu keine Möglichkeiten hat.“
Eingriffe in das Naturschutzgebiet
Auch der Umweltschutz spielt in der Stellungnahme eine Rolle, denn: Aus Detter kommend führt der Vorschlagskorridor durch die Schutzzone des Naturparks Bayerische Rhön. Teil dieser Schutzzone ist das Naturschutzgebiet „Unteres Schondratal“, eines der letzten naturnahen, oligotrophen Bachtäler Unterfrankens. „Innerhalb dieses, durch Rechtsverordnung ausgewiesenen Schutzgebietes, sind ’alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, verboten’.“
Dieses Verbot sei schon beim Bau der Gasleitung missachtet worden. „Nun wird eben diese Gasleitung als Bündelungsoption hergenommen, um wieder in eines der schützenswertesten Gebiete einzugreifen“, finden Bürgermeister und Gemeinderat. Auch die vorgeschlagene Überspannung des Gebietes durch höhere Masten sei für die Gemeinde völlig inakzeptabel. „Hierdurch werden noch größere Fundamente benötigt, die ohnehin schon erhebliche Sichtbarkeit bis in die Ortschaft hinein noch ausgeweitet und die Auswirkungen auf die Fauna, insbesondere die Vogelwelt unterhalb der Leitung völlig außer Betracht gelassen.“
Erdverkabelung als Alternative
Die Gemeinde versteht den Umschwung nicht:
„Obwohl deutliche Nachteile, erhebliche Mehrkosten und massive Eingriffe in die Waldgebiete beim Vorzugskorridor bestehen, fällt dies scheinbar nicht ins Gewicht.“ Um zu signalisieren, dass man sich dem Netzausbau und der Energiewende nicht generell in den Weg stelle, schlagen sie Erdverkabelung als Alternative vor.
Die Fulda-Main-Leitung sei im Bundesbedarfsplangesetz mit „F“ gekennzeichnet und somit ein Pilotprojekt für Erdkabel zur Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragung. In den Antragsunterlagen sei laut Stellungnahme der Bebauungsplan „Kürles“ in Dittlofsroda nicht bei der Mindestabstandsberechnung zu den Siedlungsflächen zwischen Dittlofsroda und Waizenbach berücksichtigt worden. Entsprechend sind auch nicht „auslösende Gründe“ für Erdverkabelung eingeplant worden.
„Angesichts der diversen angeführten Problemstellungen, insbesondere im Schondratal sowie der für die Freileitung im deutlich höheren Umfang erforderlichen Waldrodungen, sollte bei Realisierung des Projekts im Vorschlagskorridor Strang A, die komplette Länge von rund acht Kilometer im Gemeindebereich Wartmannsroth erdverkabelt werden.“ Das sei laut Stellungnahme sowohl technisch möglich als auch bei einer solchen Länge wirtschaftlich effizient. „Insgesamt würde dies auch zu einer deutlich geringeren Beeinträchtigung für Mensch und Natur führen.“
Das haben wir bereits darüber berichtet:
