
Sie war neben der CSU die wichtigste politische Bewegung in Bad Brückenau: die Parteilose Wählergruppe PWG. Nun feierte die Vereinigung in der Georgi-Kurhalle 65-jähriges Bestehen. Und dabei waren vor allem die Geschichten abseits der offiziellen Begrüßungen und Reden interessant.
Ein Foto prangt an einer Schautafel hinterm Rednerpult. „Kommunalwahl 1984“ steht daneben und zu sehen sind „Die jungen Wilden“.
Man kennt sie, diese Herren und Damen, weil sie für die PWG im Stadtrat Kommunalpolitik machten, oder es immer noch tun. Ingo Walcher und Jürgen Pfister zum Beispiel, aber auch Heribert Jakobsche, Helma Ritter und Hans-Dietrich Unger. Hans Rohrmüller, ganz rechts, hat es sogar zum Bürgermeister gebracht.
Doch einer auf dem Foto; der hat es nie in Stadtrat oder Kreistag geschafft, obwohl er regelmäßig auf Wahllisten zu finden war. Und doch steht Klaus Neumann wie wenige für die PWG vergangener Jahrzehnte.
1978 war es, da wurde er vom damaligen „Motor“ der Vereinigung, Herbert Meyerdierks, angesprochen. Ob er nicht Lust habe, in der PWG mitzuwirken; ganz unverbindlich, ohne Parteibuch, aber mit der Möglichkeit, Ideen für Bad Brückenau und den Altlandkreis einzubringen.
Der damalige Polizist ließ sich überzeugen – und blieb dabei. Und so landete Neumann auf dem Foto von 1984, anders als Herbert Meyerdierks, der den Fototermin verpasste.
Heute ist der 72-Jährige eines der PWG-Mitglieder, die am längsten dabei sind. Und mehr. Jürgen Pfister“, ein anderer „Junger Wilder“, würdigte ihn als „Bürgermeister der Crailsheimstraße“, mit Dackel unterwegs.
Stolz stehen er und die genannten Mitstreiter vor dem Bild von 1984. Wobei mit Hans Rohrmüller eine wichtige Persönlichkeit aus jener Zeit an diesem Abend fehlt.
Aber gerade an dem früheren Bürgermeister könnte man eine weitere Eigenschaft festmachen, die die PWG Zeit ihres Bestehens prägte – die Nähe zur CSU.
Rohrmüllers Mitgliedschaft bei den Christsozialen ruhte offiziell während seiner Amtszeit. Seine Vorgänger Georg-Robert Ratsch und Ludwig Müller waren offiziell CSU- beziehungsweise CDU-Mitglieder. Kandidaten, die bei den Christsozialen nicht zum Zuge kamen, bei Bürgermeisterwahlen für die PWG ins Rennen zu schicken klappte, bis die sich als Verein organisierte.
Ein weiteres Indiz: In ihrer Anfangszeit nannte sich die Vereinigung PCW – Parteilose Christliche Wählergemeinschaft. Und auch in den Jahren danach war es nützlich, im Stadtrat gut mit der Mehrheitsfraktion der CSU zu können.
Etwas kritisch, das weiß der „junge Wilde“ Hans-Dietrich Unger zu berichten, wurde es Mitte der 1980er-Jahre. Da büßten die Christsozialen ihre absolute Mehrheit ein, PWG, SPD und eine andere Fraktion konnten gemeinschaftlich agieren. Auch in der Amtszeit von Thomas Ullmann, bei der Feier ebenfalls anwesend, lockerten sich die Bande zwischen PWG und CSU etwas.
Dass sie immer noch da sind, zeigte der Besuch bei der Jubiläumsveranstaltung: Landrat Thomas Bold hielt ein Grußwort, Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks war da, ebenso einige Stadträte der CSU. Günther Felbinger, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, hielt eine Rede über politische Ansichten und Ziele.
Gerhard Schumm und Hildegard Böhm werden geehrt, dazu die anwesenden „Jungen Wilden“. Sie sind nicht mehr jung – und wohl auch nicht mehr so wild wie 1984. Aber Neue Wilde scheinen nicht in Sicht.