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MASSBACH
Die Energiewende als neue Herausforderung
Von unserem Mitarbeiter Daniel Wiener
 |  aktualisiert: 19.08.2013 16:26 Uhr

Leo Kraus genießt den Ruhestand. Ende Juli dieses Jahres war er mit einer Abschiedsfeier als Vorstand der Raiffeisenbank Maßbach nach 48-jähriger Tätigkeit verabschiedet worden. Doch die Füße legt der agile 65-Jährige nicht hoch. Nun hat er Zeit für das Fitness-Studio und auch für die Energiegenossenschaft Oberes Werntal, deren Aufsichtsratsvorsitzender er ist.

Kraus engagiert sich ehrenamtlich für die derzeit etwa 130 Mitglieder. Deren Anzahl war nach der Gründung vor wenigen Wochen rasch von 106 auf die jetzige Zahl nach oben geschnellt. Sie sind froh, mit Leo Kraus einen Fachmann von altem Schrot und Korn in ihren Reihen zu wissen. Und er unterstützt gerne, weil „so ein Projekt nur funktioniert, wenn alles seriös berechnet ist“.

Er hat den Mitgliedern von vorneherein gesagt, dass nur etwa zwei bis drei Prozent Rendite zu erwarten seien. „Das war ehrlich und das hat man mir scheinbar geglaubt“, sieht Leo Kraus darin einen möglichen Grund, warum die Mitgliederzahl so schnell gewachsen ist. Natürlich hofft auch er, dass es am Ende mehr sein wird, doch ehrliche und eher zurückhaltende Aussagen haben ihn durch sein gesamtes Berufsleben gut begleitet. Er und Vorstandsvorsitzender Werner Göbel erledigen ihre Arbeit ebenso unentgeltlich wie ein Team aus weiteren Mitarbeitern. „Wenn wir auch noch einen bezahlten Bürostab unterhalten müssten, dann blieb womöglich gar nichts mehr übrig“.

Es lag dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden aber auch am Herzen, die Menschen weiter mit ihren Visionen und Projekten zu unterstützen. Zunächst sollen erst alle gemeindlichen Dächer mit Solarkollektoren versehen werden. Später ist eventuell sogar ein Windpark möglich. Einsteigen können Mitglieder mit einem Mindestanteil von 250 Euro.

„Die Energiewende ist eine große Herausforderung, und wenn wir im Kleinen unseren Beitrag leisten und auch was davon haben wollen, müssen wir alle zusammen helfen.“. Diese Aussage könnte vom großen Wilhelm Raiffeisen stammen, der Leo Kraus quasi spätestens seit seinem Berufseinstieg 1965 begleitet.

Zuvor hatte der Vater zweier inzwischen erwachsener Kinder den Beruf des Einzelhandelskaufmannes erlernt, ehe er dann zum Bankkaufmann bei der Raiffeisenbank Hambach umschulte. Die Erfahrung aus zwei Berufen, aber auch ständige Fortbildungen befähigten ihn schon 1973, mit nur 25 Jahren, die Geschäftsführung der damaligen Raiffeisenbank Hambach zu übernehmen. Mehrere Fusionen musste der gebürtige Holzhäuser in den folgenden Jahren organisieren.

Einschneidend war der Zusammenschluss mit der Raiffeisenbank Rannungen 1979. Damals hatte das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen als eine Folge der Herstadt-Pleite das Vier-Augen-Prinzip eingeführt. Das heißt, keine Bank darf seitdem mehr von nur einem Geschäftsführer geleitet werden. Für die kleinen Filialen, die es damals so gut wie in jedem noch so kleinen Ort gab, war es nicht rentabel, mit zwei Geschäftsführern zu arbeiten, was eine ganze Reihe an Fusionen nach sich zog.

„Aber auch die Technik hat seit jener Zeit das Arbeiten revolutioniert“, erinnert sich der Bankfachmann. „1965 haben wir Zinsen noch per Hand aus Büchern errechnet und im gesamten Gebäude gab es nur ein Telefon“. Glücklicherweise hatten all die Maßnahmen kaum Einfluss auf die Personalstärke, denn immer neue Gesetze und Bestimmungen hätten dafür gesorgt, dass die zeitlichen Einsparungen durch erheblichen Mehraufwand für Kontrollen und Beraterdokumentierungen kompensiert wurden. So blieben auch die Geldautomaten langfristig ohne große Folgen auf Arbeitsplätze. 1990 wurde der erste in Hambach installiert.

Spannend sei auch die Einführung der Euro-Münzen gewesen, als gleich mehrere Mitarbeiter die Starter-Kits in die Filialen schleppen mussten. Doch im Nachhinein muss Leo Kraus sagen, dass die Umstellung vom organisatorischen Aufwand nur wenig spektakulär war: „Das hatte sich eigentlich schon nach einer Woche eingespielt und alles lief wieder wie vorher nur mit anderen Banknoten“. Im bargeldlosen Verkehr war der Euro schließlich schon vier Jahre zuvor eingeführt worden.

„Man muss aufpassen, nicht in ein Hamsterrad zu gelangen.“
Leo Kraus blickt zurück

Mehr Kopfzerbrechen bereitete da schon die sich abzeichnende Bankenkrise. Nicht etwa um selber zu Zocken, vielmehr wegen des immer größer werdenden Heeres an schwarzen Schafen in der Branche. „Zum einen verliert man durch deren leere Versprechungen Kunden, zum anderen mussten wir dann wieder sehen, wie wir helfen können, wenn es schief gelaufen ist.“ Trotzdem und auch deswegen hat Leo Kraus nie an seinen Grundsätzen gezweifelt, nur das zu tun, wovon er was versteht. „Ich wollte schon immer den Leuten in die Augen schauen können – und das kann ich auch heute nach meinem Ausscheiden tun.“

Die derzeit niedrigen Zinsen sieht der Fachmann durchaus als Gefahr, dass Banken langfristig nicht mehr genügend Eigenkapital bilden können. Damit sinke die Bereitschaft zur Kreditvergabe weiter, was es den kleinen und mittelständigen Unternehmen nicht gerade leichter machen wird. Mit neuen Marketingstrategien werden kleine Kreditinstitute kaum Punkten können.

„Der Zinssatz ist eine geruchlose und völlig unemotionale Vergleichsgröße. Da spielen Faktoren wie Qualität oder Service keine Rolle“. Dennoch hofft er, dass die Genossenschaftsbanken weiter durch ihre Nähe zum Volk und Beratungsqualität überzeugen werden. Immer wieder werde diese Nähe auch durch Prämiensparen oder Ausschüttungen für soziale Zwecke dokumentiert.

Dass sich Leo Kraus heutzutage nicht mehr so stark wie früher im Vereins- oder Gemeindewesen engagiert, hängt mit seiner Einstellung zum rechtzeitigen Zurückfahren zusammen. „Man muss aufpassen, nicht in ein Hamsterrad zu gelangen“, blickt er zurück. „Irgendwann wird es immer mehr und man merkt es überhaupt nicht mehr“. Eher passiv interessiert er sich deshalb heute noch für die Fußball-Bundesliga, wobei er aus seiner Vorliebe für Bayern München keinen Hehl macht.

Der Umzug nach Bad Kissingen 2005 hat zwar etwas räumliche Distanz zu seiner alten Heimat geschaffen, treu ist er ihr dennoch. In Pfersdorf hat der Pensionär zudem einen Nebenjob angenommen, bei dem er seinen Freund Alfred Röder in dessen Immobilienvermittlungsunternehmen unterstützt.

Heute freut sich Leo Kraus, auch 15 Auszubildenden den Weg in einen ordentlichen Beruf gewiesen zu haben. Und er freut sich, nie den Verlockungen des Zockens erlegen zu sein. Jetzt, erst zum Ausscheiden aus dem Berufsleben, hat er sich sein erstes Smart-Phone zugelegt. Es wird im demnächst anstehenden Urlaub jedoch ausgeschaltet bleiben, verspricht er. „Sonst spiel ich dauernd damit herum.“

Und sein Wunsch für die Zukunft? „Gesund bleiben – dann hat man jeden Tag 24 Stunden Zeit, das Beste daraus zu machen.“

 
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