Aschach bei Bad Kissingen
Die Decke in Zartbitter
Studierende entwickeln inklusive Vermittlungsmodelle. Mit dem 2-Sinne-Prinzip sollen Blinde und Sehbehinderte eine Ausstellung erleben können.
"Museum ohne Barrieren - inklusive Vermittlungsformen in Dauerausstellungen" lautete im Wintersemester 2016/2017 ein Seminar, das an der Professur für Museologie sowie dem Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung der Uni Würzburg angesiedelt war. Lehramts- und Museologiestudierende entwickelten dabei Vermittlungsmodelle für Blinde und Sehbehinderte. Als Objekt diente der Graf-Luxburg-Saal der Museen Schloss Aschach bei Bad Bocklet mit seinem Interieur.
Ein Boden wie Vollmilchschokolade und die Decke in Zartbitter. Das Aussehen des Graf-Luxburg-Saals im Schloss Aschach ist schon häufiger beschrieben worden, auf diese eher ungewöhnliche Weise aber wohl noch nie. Wie kann der Raum, der den Grafen von Luxburg ursprünglich als Billardzimmer diente, blinden und sehbehinderten Besuchern der Museen Schloss Aschach näher gebracht werden? Vor dieser Frage standen die Studierenden, als sie ihn, in einem ersten Schritt, im Rahmen einer Exkursion kennenlernten.
Für zwei verschiedene Wege der Vermittlung sollten die Studierenden, aufgeteilt in Kleingruppen, jeweils Lösungsvorschläge erarbeiten. Einer davon ist die sogenannte Audiodeskription, bei welcher der Raum mit seinen Gegenständen beschrieben wird. Es liegt nahe, dass der von einer Gruppe dabei verwendete Begriff "Vollmilchschokolade" für das hellere Holz des Bodens und "Zartbitter" für das dunklere Deckenholz steht. Mit dieser Art der Beschreibung können selbst Geburtsblinde etwas anfangen. Um einen Eindruck von dem Saal zu erhalten, können sie sich nämlich die unterschiedlichen "Geschmacksfarben" zu Nutze machen.
Wie praktikabel dieser und weitere Vorschläge sind, erfuhren die Studierenden von zwei Mitgliedern der Bezirksgruppe Unterfranken-Würzburg des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes. Der sehbehinderten Anette Romeis und dem erblindeten Volker Tesar legten sie ihre Ideen vor. Das half zum Beispiel bei der Entwicklung eines tastbaren Raumplanes. Bei der Präsentation ihres Entwurfs erhielt die entsprechende Arbeitsgruppe Tipps etwa zur Höhe der verwendeten Pyramidenschrift sowie zur richtigen Beleuchtung und zum Neigungswinkel bei der Montage. Zuvor wurden eine Raumskizze entwickelt, Materialien gesammelt und ausprobiert und die Skizze letztlich maßstabsgetreu auf Pappe übertragen.
Mit den Motiven eines chinesischen Tellers als Teil der Raumausstattung befasste sich eine weitere Arbeitsgruppe. Aus der Fülle der Motive wählten die Studierenden letztlich zwei Tänzerinnen aus. Ihr Bildnis wurde zunächst auf DIN A2 vergrößert, dann ein Linolschnitt angefertigt und das Ganze zuletzt mit Keramikmasse ausgegossen - fertig war das Tastmodell. Was so einfach klingt, war in der Praxis ein ziemlich intensives Ringen nach der Methode "try and error" - Versuch und Irrtum. Und das galt auch für die Audiodeskription. Obwohl zunächst angedacht, enthielt diese letztlich keine Hörproben der auf dem Teller gezeigten Instrumente, sondern bestand stattdessen "nur" aus einem Text mit vielen Adjektiven.
An die Intarsien einer Holztruhe wagte sich eine weitere Gruppe von Studierenden heran. Vereinfachen lautete in diesem Fall das Stichwort. Es war dem Formenreichtum des hölzernen Zierelementes geschuldet, den es zu reduzieren galt. Wieder waren Mindestgrößen, Abstände und vieles mehr zu berücksichtigen. Die zweite Vermittlungsmethode bestand dieses Mal aber nicht in einer Audiodeskription, sondern in einem Farbmodell. Rot und grün schieden als Farben hierfür aus, da eine entsprechende Sehschwäche nicht selten ist. Neben den Farbtönen spielen aber auch der Kontrast und die Leuchtkraft eine Rolle - und somit auch die Art der Farbe - schlussendlich fiel die Wahl auf Dispersion und Acryl.
Das Ergebnis all der Mühen, die von einer letzten Gruppe von Studierenden dokumentiert wurde, ist aller Ehren wert. Annette Späth, Museumsleiterin der Museen Schloss Aschach, zeigte sich angetan von der Vielzahl der verwendeten Werkstoffe, von der konsequenten Verfolgung des 2-Sinne-Prinzips und vom hohen Maß an Kreativität, das die Studierenden bei ihrer Arbeit bewiesen hätten.
Seminarleiterin Simone Doll-Gerstendörfer würdigte bei der Vorstellung der Ergebnisse besonders, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch Probleme aufgezeigt hätten, mit denen die Entwicklung ihrer Vermittlungsmodelle verbunden gewesen sei. Sie hätten sich an das Thema Inklusion - die selbstbestimmte Teilnahme aller Menschen am gesellschaftlichen Leben - "herangetastet". Und das kann man im konkreten Fall durchaus wörtlich nehmen. red
Ein Boden wie Vollmilchschokolade und die Decke in Zartbitter. Das Aussehen des Graf-Luxburg-Saals im Schloss Aschach ist schon häufiger beschrieben worden, auf diese eher ungewöhnliche Weise aber wohl noch nie. Wie kann der Raum, der den Grafen von Luxburg ursprünglich als Billardzimmer diente, blinden und sehbehinderten Besuchern der Museen Schloss Aschach näher gebracht werden? Vor dieser Frage standen die Studierenden, als sie ihn, in einem ersten Schritt, im Rahmen einer Exkursion kennenlernten.
Audiodeskription
Für zwei verschiedene Wege der Vermittlung sollten die Studierenden, aufgeteilt in Kleingruppen, jeweils Lösungsvorschläge erarbeiten. Einer davon ist die sogenannte Audiodeskription, bei welcher der Raum mit seinen Gegenständen beschrieben wird. Es liegt nahe, dass der von einer Gruppe dabei verwendete Begriff "Vollmilchschokolade" für das hellere Holz des Bodens und "Zartbitter" für das dunklere Deckenholz steht. Mit dieser Art der Beschreibung können selbst Geburtsblinde etwas anfangen. Um einen Eindruck von dem Saal zu erhalten, können sie sich nämlich die unterschiedlichen "Geschmacksfarben" zu Nutze machen. Wie praktikabel dieser und weitere Vorschläge sind, erfuhren die Studierenden von zwei Mitgliedern der Bezirksgruppe Unterfranken-Würzburg des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes. Der sehbehinderten Anette Romeis und dem erblindeten Volker Tesar legten sie ihre Ideen vor. Das half zum Beispiel bei der Entwicklung eines tastbaren Raumplanes. Bei der Präsentation ihres Entwurfs erhielt die entsprechende Arbeitsgruppe Tipps etwa zur Höhe der verwendeten Pyramidenschrift sowie zur richtigen Beleuchtung und zum Neigungswinkel bei der Montage. Zuvor wurden eine Raumskizze entwickelt, Materialien gesammelt und ausprobiert und die Skizze letztlich maßstabsgetreu auf Pappe übertragen.
Versuch und Irrtum
Mit den Motiven eines chinesischen Tellers als Teil der Raumausstattung befasste sich eine weitere Arbeitsgruppe. Aus der Fülle der Motive wählten die Studierenden letztlich zwei Tänzerinnen aus. Ihr Bildnis wurde zunächst auf DIN A2 vergrößert, dann ein Linolschnitt angefertigt und das Ganze zuletzt mit Keramikmasse ausgegossen - fertig war das Tastmodell. Was so einfach klingt, war in der Praxis ein ziemlich intensives Ringen nach der Methode "try and error" - Versuch und Irrtum. Und das galt auch für die Audiodeskription. Obwohl zunächst angedacht, enthielt diese letztlich keine Hörproben der auf dem Teller gezeigten Instrumente, sondern bestand stattdessen "nur" aus einem Text mit vielen Adjektiven.
Prinzip: Vereinfachen
An die Intarsien einer Holztruhe wagte sich eine weitere Gruppe von Studierenden heran. Vereinfachen lautete in diesem Fall das Stichwort. Es war dem Formenreichtum des hölzernen Zierelementes geschuldet, den es zu reduzieren galt. Wieder waren Mindestgrößen, Abstände und vieles mehr zu berücksichtigen. Die zweite Vermittlungsmethode bestand dieses Mal aber nicht in einer Audiodeskription, sondern in einem Farbmodell. Rot und grün schieden als Farben hierfür aus, da eine entsprechende Sehschwäche nicht selten ist. Neben den Farbtönen spielen aber auch der Kontrast und die Leuchtkraft eine Rolle - und somit auch die Art der Farbe - schlussendlich fiel die Wahl auf Dispersion und Acryl.Das Ergebnis all der Mühen, die von einer letzten Gruppe von Studierenden dokumentiert wurde, ist aller Ehren wert. Annette Späth, Museumsleiterin der Museen Schloss Aschach, zeigte sich angetan von der Vielzahl der verwendeten Werkstoffe, von der konsequenten Verfolgung des 2-Sinne-Prinzips und vom hohen Maß an Kreativität, das die Studierenden bei ihrer Arbeit bewiesen hätten.
Seminarleiterin Simone Doll-Gerstendörfer würdigte bei der Vorstellung der Ergebnisse besonders, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch Probleme aufgezeigt hätten, mit denen die Entwicklung ihrer Vermittlungsmodelle verbunden gewesen sei. Sie hätten sich an das Thema Inklusion - die selbstbestimmte Teilnahme aller Menschen am gesellschaftlichen Leben - "herangetastet". Und das kann man im konkreten Fall durchaus wörtlich nehmen. red
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