Wegen einer Mehlstauballergie muss „Spirken-Beck“ Achim Stahl seinen Beruf aufgeben. Seit sieben Jahren plagt ihn die Erkrankung. Dem 43-jährigen Bäckermeister blieb nichts anderes übrig, als dem Rat seiner Ärzte zu folgen und von seiner Backstube Abschied zu nehmen. Die Bäckerei in der Oberen Dorfstraße 5 und seine Filiale in Rannungen schließen aber nicht, sondern werden nahtlos von Bäckerei Kemmer aus Ramsthal weiter geführt.
Achim Stahl führte den Familienbetrieb in dritter Generation. Sein Großvater Emil baute 1936 in Rottershausen eine Bäckerei und verkaufte ab 1938 in den umliegenden Ortschaften Brot und Backwaren. In seine Fußstapfen trat der älteste Sohn Manfred, der nach der Meisterprüfung 1963 in Würzburg 1968 das Geschäft übernahm.
Ab 1969 stellte er sich mit verschiedenen Misch- und Mehrkornbrotsorten erfolgreich Prüfungen des Bäckerhandwerks. Backstube und Laden modernisierte er, ehe er 1976 das Geschäftshaus mit Laden neu errichtete. 1991 legte Sohn Achim Stahl die Meisterprüfung ab und löste 1998 seinen Vater in der Geschäftsführung ab. Ein Jahr später eröffnete er in Rannungen eine Filiale, 2006 dann einen Bier- und Brotzeitgarten in Rottershausen und 2010 einen Eis- und Kaffeegarten in Rannungen.
„Ich bedauere sehr, dass ich zum 25. August aufgeben muss“, versichert Stahl im Abschiedsschreiben an seine Kunden. „Gleichzeitig bin ich froh, dass Bäckermeister Klaus Kemmer aus Ramsthal täglich Sie mit frischen Backwaren in beiden Läden versorgen und die bisherigen fünf Verkäuferinnen weiter beschäftigen wird.“
Das „Bäckerasthma“ setzte dem Unternehmer trotz staubarmer Mehle und Schutz mit Maske immer mehr zu. „Es geht einfach nicht mehr“, begründet Stahl seine Entscheidung, die er mit Optimismus hinnimmt. „Seit drei Jahren mache ich wieder mit meiner Familie Urlaub“, blickt der vierfache Familienvater nach vorne und kann bei seinen Zukunftsplänen auf die Unterstützung der Handwerkskammer zählen.
Konkrete Pläne habe er noch keine, sein Motto lautet eher „Schau'n mer mal.“ Seine positive Grundhaltung half ihm bereits in der Vergangenheit, als 2010 der Dachstuhl der Bäckerei brannte oder als vor kurzem Hochwasser den Keller seines Wohnhauses in der Wiesenau überflutete.
Freundschaftliche Kontakte pflegen die Stahls schon lange mit der Bäckerei Kemmer, die nach dem Brand für drei Wochen Brot- und Backwaren lieferte. Wie bisher können die Vereine für ihre Veranstaltungen Produkte aus dem Backofen beziehen, wie die gewohnten Spezialitäten Wurzelweck, Pizzastangen und Sonnenkruste, ergänzt Kemmer. „Die Rezepturen hat uns Herr Stahl zur Verfügung gestellt.“ Problemlos könnten Familienfeste beliefert und Backwünsche erfüllt werden.
Beide Bäckereien weisen viele Parallelen auf: Beide sind Familienbetriebe in dritter Generation mit fast gleichem Gründungsjahr, beide sind gemäß Untersuchungen der Handwerkskammer wirtschaftlich auf gleicher Höhe, beide haben Filialen, beide waren bei Brot- und Christstollenprüfungen erfolgreich, beide sind in der Heimat verankert, beide sind Ausbildungsstätten und beide haben Beschäftigte aus der Umgebung.
Eines gilt weiter: „Wir unterstützen soziale Einrichtungen und helfen bei Schicksalsschlägen“, belegt Kemmer am Beispiel des Würzburgers Florian Büttner mit Ramsthaler Wurzeln, der nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist und für den eine Spendenaktion 1000 Euro als Startkapital für einen Sportrollstuhl brachte.
