Ein echtes Rhöner Urgestein feiert Geburtstag. Heinrich Zeier wird am 1. Mai, 100 Jahre alt.
Der Jubilar kam in Kothen zur Welt, wo er später auch die Schule besuchte. In dem heutigen Mottener Gemeindeteil hatte der Vater einen Bauernhof mit kleiner Dorfmühle, so dass Zeier schon früh den Ablauf in einem landwirtschaftlichen Betrieb kennenlernte und natürlich nach dem Unterricht mitarbeitete. Jetzt im hohen Alter erinnert er sich mit einem Schmunzeln auf den Lippen an seine Kindheit, die durchaus nicht immer einfach war. "Jeden Tag gab es mit dem Stock zwei vom Lehrer und zwei vom Pfarrer", sagt der Senior. Das sei damals eben Teil der Erziehung außerhalb der elterlichen Wohnung gewesen.
Bereits als 15-Jähriger musste er der damaligen Zeit geschuldet eine vormilitärische Ausbildung absolvieren. "Anstatt irgendwo normal in die Lehre zu gehen, habe ich das Kriegshandwerk gelernt". In der Folgezeit war Zeier mehrere Jahre Soldat und geriet in amerikanische Gefangenschaft, aus der er erst 1945 entlassen wurde.
"Die Arbeit war mein Hobby", blickt Heinrich Zeier auf ein abwechslungsreiches und erfülltes Berufsleben zurück, das hauptsächlich aus schwerer körperlicher Arbeit bestand. "Ich wundere mich bis heute, dass ich mir dabei nicht irgendwelche Knochen gebrochen habe".
Mit dem Pferd zum Holzrücken
Denn er war beispielsweise nicht nur als Lkw-Fahrer im Schichtdienst hauptsächlich in der Nacht für den Straßenbau unterwegs, sondern hatte unter anderem den Bauernhof in Schuss zu halten und im Wald mit dem Pferd Holz zu rücken. Statt geregelter Freizeit gab es nur kurze Erholungspausen. Erst eine Krankheit bremste den agilen Familienvater praktisch von heute auf morgen aus. "Da war ich dann ganz schnell in Rente". Darüber hinaus traten ein paar familiäre Probleme auf, die der Jubilar aber auch in der ihm eigenen Art bewältigte.
Überhaupt sind Zeiers Erzählungen aus den vergangenen Jahrzehnten immer mit einer Prise Humor gewürzt . Man müsse eben in erster Linie die positiven Dinge sehen, gibt er eine seiner Lebensweisheiten preis.
Enorme Umstellung
Seit 2015 wohnt der Senior im Haus Margarete im Staatsbad, auf das er seinerzeit durch eine Empfehlung aus dem Bekanntenkreis aufmerksam geworden war. Das Konzept der Einrichtung, die unter dem Motto "Kurpension statt Altenheim " firmiert, habe ihm sofort zugesagt. "Natürlich bedeutete das für mich erst einmal eine enorme Umstellung, zumal ich mein Leben lang eine große Selbstständigkeit gewohnt war." Aber bereits nach wenigen Wochen habe er sich mit seiner Gastgeberin Gundula Langeworth zusammengerauft, bei unterschiedlichen Auffassungen sei schnell ein für alle Seiten tragbarer Konsens gefunden worden. "Mittlerweile bin ich sehr zufrieden und habe auch die Ruhe, die ich in meinem Alter ganz einfach brauche", gibt der gebürtige Kothener unumwunden zu.
Stets gut informiert
Ruhe bedeutet für Heinrich Zeier aber keineswegs Müßiggang. So verfolgt er kontinuierlich am Fernsehschirm das weltpolitische Tagesgeschehen und ist daher auch bestens darüber informiert, "was aktuell beim Krieg in der Ukraine gerade passiert". Auch wenn die Beine nicht mehr so richtig wollen und längere Spaziergänge entfallen müssen, hat der naturverbundene Rhöner seine Liebe zum Wald keineswegs aufgegeben. "Jetzt genieße ich den Blick in die schöne Landschaft eben von meinem Balkon aus".
Zum 100. Geburtstag am Sonntag werden sehr zur Freude des Jubilars etliche Gratulanten aus seinem Verwandten- und Bekanntenkreis ins Staatsbad fahren. Bei den Begegnungen kommt dann bestimmt auch wieder die eine oder andere Anekdote aus einem ereignisreichen Leben zur Sprache.