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BAD KISSINGEN
Dialog zwischen Flügel und Vibrafon
Im Dialog: Pianist Jef Neve (links) und Pascal Schumacher am Vibrafon beim Kissinger Winterzauber.
Foto: Barbara Oschmann | Im Dialog: Pianist Jef Neve (links) und Pascal Schumacher am Vibrafon beim Kissinger Winterzauber.
Von unserer Mitarbeiterin Barbara Oschmann
 |  aktualisiert: 03.01.2012 13:44 Uhr

Der „Cirrus“ hat sich gerade aufgelöst an diesem Abend beim Kissinger Winterzauber. Die Schwingungen des letzten Tones verebben irgendwo im Weißen Saal. Als sei er in der Bewegung eingefroren, steht Pascal Schumacher über sein Vibrafon gebeugt. Auch Jef Neve verharrt völlig reglos am Flügel.

Das Publikum - eben noch eingehüllt von Klangwolken - wartet auf ein kleinstes Zeichen, um applaudieren zu können. Und dann löst sich die Spannung tatsächlich, die beiden Akteure des „Jazz after Eight“ schenken sich gegenseitig ein Lächeln und rühren sich wieder.

Das Einvernehmen zwischen dem Flamen am Flügel und dem Luxemburger am Vibrafon ist verblüffend. Die beiden entwickeln musikalische Dialoge von hoher Dichte, voller Rhythmik und Dynamik - aber auch voller Innigkeit und Feingefühl. Im orientalisch angehauchten „Almalyk“ zupft Neve die Basssaiten des Flügels und lässt ein gewaltiges Brausen entstehen. Schumacher setzt helle, metallische Töne darüber. Wie wilde Derwische rasen die beiden Virtuosen schließlich über Tasten und Klangplatten und entfachen einen regelrechten Wirbelsturm.

Danach tut es gut, sich von „Dreamlike Space“ oder von „Ancil“ in andere Klangsphären entführen zu lassen: dahin, wo ganz leise Töne wunderschöne Melodien und Akkorde formen, wo der eine dem anderen zunächst Raum lässt, dann dessen Faden aufnimmt, weiterspinnt und wieder zurückgibt.

Zwischen ihre Interpretationen von Duke Ellington, Bud Powell oder Thelonious Monk stellen Neve und Schumacher die eigenen Kompositionen. „Wonderworld“ beschreibt zum Beispiel das glücklose Intermezzo in einem Spielcasino. Bildlich kann man sich die klingelnden und blinkenden Automaten vorstellen, in deren Schlund das Geld auf Nimmerwiedersehen verschwindet - ein kurzes Aufstöhnen des Pianisten bestätigt das Pech im Spiel.

Doch Pech im Spiel, Glück in der Liebe: in der Liebe zur Musik. Die Zugabe, „In a sentimental Mood“ von Thelonious Monk, zeigt nochmals deutlich: Hier musizieren zwei große Könner mit einem heißen kreativen Draht zueinander und einer großen Liebe zur Musik im Herzen.

 
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