
Knapp 60 Menschen sind in den Bayerischen Hof gekommen. Viele sind Gewerkschafter, es sind aber auch Parteifreunde der Kandidierenden da und Interessierte. Zunächst geht der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Bad Kissingen, Gerhard Klamet, auf das Attentat auf eine Gewerkschaftsveranstaltung in München ein. Er verliest ein Statement der aus Algerien stammenden Familie der beiden Todesopfer des Anschlags . Es folgt eine Schweigeminute – der emotionale Höhepunkt.

Das Line-up des Abends
Es treten an: Sabine Dittmar (SPD), Christian Ruser (Grüne), Karl Graf Stauffenberg (FDP), Florian Beck (Linke) und Nikola Renner (CSU), die auf Listenplatz 40 der CSU steht. Es fehlen Dorothee Bär (CSU) und Frank Helmerich (Freie Wähler). Zuvor hatte es Zoff um deren Teilnahme gegeben. Auch die Vertreterin der ÖDP, Michaela Reinhard, ist nicht da. Die AfD hatte keine Einladung erhalten, weil der DGB nicht mit der Partei zusammenarbeiten möchte, so Klamet.
In drei Runden stellen sich je zwei Kandidierende den Fragen von DGB-Regionsgeschäftsführer Frank Firsching und Journalist Sven Schröter, bevor sie miteinander ins Duell gehen und Publikumsfragen beantworten.
Die Themen
Weil es eine Gewerkschaftsveranstaltung ist, stehen Arbeit, Steuern, Rente, Wirtschaft, Gesundheit und Pflege im Vordergrund. Aber auch Verteidigung kommt zur Sprache.

Renner (CSU) vs. Ruser (Grüne)
Kündigungen von Angestellten und deren Ersatz durch Subunternehmen, die derzeit bei Kaufland in Donnersdorf im Gespräch sind, sehen beide kritisch. Renner kann zwar nichts Konkretes zu dem Fall sagen, meint aber: „Das kann nicht im Sinn der CSU sein.“ Ruser vertritt die Position des DGB, der ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats fordert.
Im Duell zu maroder Infrastruktur gibt sich Ruser angriffslustig. Er sagt, Deutschland sei „kaputtgespart“ worden: „Kein Geld ausgeben, indem nichts repariert wird, geht nicht.“ Renner hält dagegen: „Es können Schulden aufgenommen werden.“ Dennoch gebe es einen Investitionsstau und es sei an den falschen Stellen gespart worden. Ihre Lösung: Die Wirtschaft müsse gestärkt werden. Eine neue Vermögenssteuer sieht Renner kritisch, weil sie nicht wisse, wie „Vermögen“ genau bewerten werden könnte. Ruser sagt: „Menschen mit Millionen müssen stärker in Verantwortung genommen werden.“

Stauffenberg (FDP) vs. Beck (Linke)
Stauffenberg und Beck überraschen mit Einigkeit bei der Frage nach den kürzlich vorgeschlagenen Karenztagen: Diese seien nicht richtig, Stauffenberg nennt sie „Blödsinn“. Einig sind sie sich auch bei den Verteidigungsausgaben: Sie sehen die von der Nato geforderten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts als richtig an. Für mehr Wohnungsbau sind sie ebenfalls, allerdings schließt Beck Enteignungen nicht aus, während Stauffenberg das Bauen vereinfachen und Bürokratie senken möchte.
Unterschiede bei der Vermögenssteuer: Beck will sie und betont, es soll sie nicht geben, um „Unternehmen zu quälen“. Dagegen fordert Stauffenberg einen höheren Steuerfreibetrag. Der Liberale will, dass Unternehmen weniger Steuern bezahlen und stattdessen in Maschinen und Arbeitsplätze investieren. „Ich gönne jedem viel Geld, dem Staat recht wenig.“ Auch einen höheren Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde sehen die Kandidaten unterschiedlich: Beck sagt Ja, Stauffenberg verweist darauf, dass „der Staat da nichts verloren hat“.

Dittmar (SPD)
Die Bundestagsabgeordnete muss wegen der Teilnehmerzahl allein die DGB-Fragen beantworten. Strompreise für die Industrie können gesenkt werden, sagt sie, indem die Netzentgelte „stabilisiert und dann gedeckelt werden“. Zu den steigenden Kosten für Krankenkassen sagt die Parlamentarische Staatssekretärin beim SPD-Bundesgesundheitsminister: „Als Regierung haben wir ein Loch übernommen, das schlägt jetzt komplett durch.“ Selbstkritisch fügt sie an: „Seit 20 Jahren wissen wir, dass wir moderner und effizienter werden müssen. Da nehme ich mich nicht aus der Verantwortung raus. Aber der Leidensdruck war nicht hoch genug.“ Zudem seien moderne Medikamente und Therapien „schweineteuer“.
Um gesetzlich Versicherten zu entlasten, will Dittmar den Steuerzuschuss am Gesundheitsfonds erhöhen. Zudem sei es Ziel der SPD, eine Erwerbstätigenversicherung, auch für Beamte und andere Gruppen, zu etablieren. „Sie wird von vielen befürwortet“ – allerdings gebe es keinen Konsens zwischen den Parteien. Auf die Frage nach der „illegalen Migration“ betont sie, wie Kanzler Scholz, dass schon viel geschehen sei, um diese zu reduzieren.
Das Fazit
Der Heiße Stuhl ist ein spannendes Format, das allerdings seine Längen hat. Das Publikum erhält aber Einblicke in die Standpunkte der Kandidierenden und kann sich ein Bild machen. Schade ist, dass es nicht zu einem Duell zwischen Dittmar (SPD) und Bär (CSU) gekommen ist, den beiden aussichtsreichsten Kandidatinnen.



