Mit den Großen der Spielebranche , wie Ravensburger oder Playmobil, misst sich Peter Hufer aus Bad Brückenau , wenn im Juni der Deutsche Spielzeugpreis verliehen wird. Das von ihm entwickelte Spiel LegeArt hat Hufer und seinem Team einen Platz unter den insgesamt zehn Nominierten eingebracht. Im Gespräch mit der Redaktion erklärt der Holzingenieur und Spieleautor , was es mit dem Spiel auf sich hat, und warum er LegeArt eigentlich ins Rennen für das Spiel des Jahres schicken wollte, das aber nicht durfte.
Wie funktioniert LegeArt und was ist das Besondere daran?
Peter Hufer: Zur Ausstattung des Spiels gehören 60 Holzplättchen, darunter je 15 schmale und breite Rauten, Drachenvierecke und Pfeile. Der oder die Spieler legen die verschiedenfarbigen Plättchen aneinander, wodurch bunte, lückenlose Flächen und Muster entstehen. Diese können sich in alle Richtungen und Formen entwickeln, je nach Lust und Laune. Der gestalterischen Freiheit sind keine Grenzen gesetzt. Man kann die Plättchen zum Beispiel auch übereinanderlegen und so eine neue Ebene ins Spiel bringen. Das Besondere ist, dass es - neben Rechtecken und Dreiecken - keine anderen Grundformen gibt, mit denen lückenlose Flächen gelegt werden können.
Für welche Altersgruppen ist das Spiel geeignet?
LegeArt gibt es in zwei Editionen - ab drei und ab zehn Jahren. Bei der Version für die Kleinen sind die Kanten der Plättchen abgerundet. Man kann das Spiel also mit drei Jahren schon spielen, aber auch bis ins hohe Alter. Mein Schwiegervater zum Beispiel ist 88 Jahre alt und hat sich dem Spiel ganz konzentriert gewidmet. Er hat allerdings zittrige Hände, weswegen die Plättchen verrutschten. So kamen wir auf die Idee, kleine Silikonfüßchen auf eine Seite der Plättchen zu kleben. Diese sind jetzt als Ergänzungsset erhältlich, ebenso wie selbstklebende Magnetpunkte, mit denen die Plättchen zum Beispiel am Kühlschrank befestigt werden können. Die LegeArt-Plättchen werden in vier dünnen Holzfaserplatten geliefert. Hat man die Plättchen herausgenommen, lässt sich die Platte auch als Steckspiel oder Malschablone nutzen. Im beigefügten Booklet gibt es für den Einstieg über 20 Legebeispiele.
Wie kamen Sie auf die Idee für Ihr Spiel?
Ich beschäftige mich seit über 30 Jahren mit der Proportionenlehre und dem Goldenen Schnitt. Im Sommer vergangenen Jahres bin ich dann auf den Mathematiker und Physiker Sir Roger Penrose gestoßen. Penrose hat Mitte der 1970er die Formen entwickelt, die ich als Grundlage für LegeArt benutzt habe. Ich habe nur die Kantenlängen zueinander noch verfeinert und im Prinzip lassen sich damit nun unendlich große Ornamente legen. Auch Tiere, Köpfe oder Fabelwesen.
Worum geht es bei der Proportionenlehre und dem Goldenen Schnitt?
Hierbei geht es darum, dass es zum Beispiel in der Natur wiederkehrende Verhältnisse von Längen, Größen und Flächen zueinander gibt. Forscher haben diese Phänomene untersucht und in mathematische Formeln gegossen. Das Verhältnis von der Handlänge zu der des Unterarms etwa entspricht dem Goldenen Schnitt, dem Verhältnis von 1 zu 1,618. Dieser Goldene Schnitt lässt sich zum Beispiel auch bei Bauwerken, wie der Cheops-Pyramide oder dem Taj Mahal , wiederfinden, und als Goldene Spirale in der Natur, etwa in der Blüte einer Sonnenblume. Proportionenlehre und Goldener Schnitt werden auch im Booklet genau erklärt.
Wie sind Sie auf das Thema gestoßen?
1992 habe ich eine Ausbildung zum Feng-Shui-Berater gemacht
(Anmerkung der Redaktion: Feng-Shui ist eine Harmonielehre aus China). Die Proportionenlehre ist ein wichtiger Bestandteil des Feng-Shui . Die wiederkehrenden Strukturen und Größenverhältnisse, wie der Goldene Schnitt, rufen in uns Menschen eine unbewusste Resonanz hervor. Wir finden sie harmonisch und schön.
Ihr Spiel ist also so konstruiert, dass wir automatisch darauf reagieren und gar keine andere Chance haben, als es gut zu finden?
Ja, das kann man so sagen (lacht). Die Proportionen der Spieleplättchen stehen in Harmonie und Resonanz zu unseren Körperproportionen und der Natur, deshalb spricht es uns an und deshalb empfinden wir es als schön - ganz einfach.
Wie kommt man von der Idee zum fertigen Spiel?
Ich bin seit vielen Jahren als Holzingenieur tätig und in der Branche vernetzt. Ohne diese Kontakte wäre es sicher nicht so leicht gegangen. LegeArt zeichnet sich durch ganz exakte Plättchen aus, die formschlüssig zueinander passen. Die Holzplättchen werden von der Firma "Werkhaus" aus Niedersachsen produziert. Dort werden die Plättchen mit Laser-Technik Millimeter genau ausgeschnitten. Von der ersten Idee zu einem fertigen Spiel sind endlos viele Schritte notwendig. Ich habe mich zum Beispiel vorher nie mit Verpackungen von Spielen beschäftigt, kannte kaum den Begriff Stülpkarton und stand plötzlich vor der Frage, wer produziert die überhaupt. Darüber hinaus entstehen im Vorfeld auch erhebliche Kosten, bis man ein marktfertiges Produkt in Händen hält. Insgesamt hat aber alles gut geklappt und nach etwa einem halben Jahr war das Spiel fertig. Es ist vollständig in Deutschland produziert und nachhaltig, umwelt- und menschenfreundlich hergestellt, das war mir sehr wichtig.
Wie fühlt es sich an, sein eigenes Spiel in der Hand zu halten?
Was denken Sie denn? (lacht) Das war natürlich ein tolles Gefühl. Ich bin zu der Firma gefahren, in der die LegeArt-Spielekartons hergestellt werden. Die erste Packung habe ich selbst mit den Plättchen befüllt und verpackt.
Wie wird das Spiel vertrieben und was kostet es?
Wir vertreiben LegeArt über meine Firma "rund:Stil" in unserem Online-Shop. Es kostet 44,90 Euro. Außerdem wurde das Spiel von Direktvertreibern, die Kindergärten beliefern, ins Angebot aufgenommen. Wir sind auch bei hochwertigen Versandhandlungen wie Waschbär und Biber gelistet. Bei Amazon kann das Spiel ebenfalls bestellt werden. LegeArt in Spielzeuggeschäften und Buchhandlungen zu platzieren, gestaltet sich aufgrund der Corona-Pandemie aktuell noch schwierig. Die Händler sind im Moment eher zurückhaltend, was neue Produkte betrifft, ist mein Eindruck.
Sie sind mit LegeArt für den Deutschen Spielzeugpreis nominiert. Wie kam das?
Ich wollte LegeArt eigentlich für das Spiel des Jahres anmelden, musste aber feststellen, dass das nicht geht, weil es keine Regeln hat. Eine Vorschrift besagt, dass Spiele Regeln haben müssen, sonst sind sie keine Spiele. LegeArt ist demzufolge sozusagen ein anarchisches Spiel (lacht). Also habe ich es kurzerhand für das Spielzeug des Jahres angemeldet. LegeArt braucht keine Regeln. Es entzündet die Kreativität der Spieler und Spielerinnen. Und darum geht es: mit Freude eigene Werke entstehen zu lassen.
Waren Sie von der Nominierung überrascht?
Nein (lacht). Ich habe mich aber natürlich sehr gefreut . Schließlich haben die großen Spielzeughersteller ganz andere Kapazitäten, was etwa die Entwicklungsabteilung betrifft.
Wie sehen Sie Ihre Chancen, den Preis am Ende auch zu gewinnen?
Ganz gut, ehrlich gesagt. Es gibt ja über die Jahre immer wieder vergleichbare Spiele, die es in abgewandelter Form schon einmal so oder so ähnlich gab. LegeArt ist meiner Meinung nach ein ganz neues Spiel. Es hat keine Grenzen, solange noch Plättchen vorhanden sind, kann man alle möglichen Flächen, Muster und Figuren legen, die einem gerade in den Kopf kommen. LegeArt ist nicht zuletzt auch ein kooperatives Spiel, das man zu zweit, zu dritt, zu viert spielen kann. Die Form, die dabei am Ende herauskommt, kann man im Vorhinein gar nicht erahnen.
LegeArt war Ihr erstes Spiel. Gibt es schon Pläne für weitere Spiele?
Zunächst entwickeln wir LegeArt weiter. Es wird insgesamt fünf verschiedene Größen geben - von der Reise-Edition, mit zwei Zentimeter kleinen Plättchen im Jutebeutel, bis zur XXL-Version mit 50 Zentimeter großen Legeplatten. Damit können dann ganze Wandflächen gestaltet werden. Die erste Giraffe als Bodenlegespiel mit drei Metern Größe haben wir schon gelegt.