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Bad Brückenau
Der Tanz mit der Kokosnuss: Gute Laune im Novembermatsch
Music that makes you happy - unter diesem Motto präsentierte sich "Erdgeschoss", das leidenschaftliche Folk-Cajun-Quintett aus dem hessischen Kinzigtal.
'Erdgeschoss' spielte leidenschaftlich in Bad Brückenau auf. Foto: Hans Dietrich Unger       -  'Erdgeschoss' spielte leidenschaftlich in Bad Brückenau auf. Foto: Hans Dietrich Unger
| "Erdgeschoss" spielte leidenschaftlich in Bad Brückenau auf. Foto: Hans Dietrich Unger
Redaktion
 |  aktualisiert: 19.08.2022 04:00 Uhr
Zwei Jahre nach ihrem gelungenen Auftritt auf dem Stadtfest gastierte "Erdgeschoss" wieder einmal in Bad Brückenau - diesmal in persönlicherem Rahmen in der Galerie Form+Farbe, die inzwischen als Geheimtipp für solche kleinen, aber feinen Veranstaltungen bei Künstlern und Publikum bekannt ist. Veranstalter Hans Dietrich Unger war schon bei der Begrüßung die Freude anzumerken, die Formation in der fast vollbesetzten Galerie zu Gast zu haben.

Miterleben war das Motto der nächsten zweieinhalb Stunden, denn was da alles auf der Bühne passierte, forderte nicht nur zum Zuhören auf ... das Publikum wippte, rasselte, sang und fieberte mit, allesamt nach kurzer Zeit mit einem Lächeln im Gesicht - und in der Pause war zu hören, "bei 'Erdgeschoss' dabei zu sein, macht einfach sofort gute Laune".

Die fetzigen Rhythmen rissen gleich zu Beginn die Besucher mit, und die launige Moderation der Akteure tat ihr übriges. Die Musiker werfen sich nicht nur beim Spiel die Bälle zu, wenn das Saxophon den Bass lockt, oder das brasilianische Schrapinstrument Guiro die Rhöner Kuhglocke zum Gegenspiel fordert. Sondern auch, wenn sie auf der Bühne ihr eigenes Wirken kommentieren, wenn sie sich schon mal selbst fragen "was spielen wir denn nun?", oder Stephan Spahn, der wildeste Cajonero Hessens, mit einem "ruhig, Brauner" zum Innehalten aufgefordert wird.

Der Raum ist schnell erfüllt mit einem Gefühl der Freude und Leichtigkeit, ob bei "Et là-bas" in bester französischer Akkordeontradition oder der Titelmelodie von Game of Thrones im Country Style. Und wenn Percussionist Stephan mit spontanen afrikanischen Klangeffekten, Urwaldschreien oder perfekt intoniertem Wiehern und Pferdegetrappel selbst die eigenen Musikerkollegen auf der Bühne zum Lachen bringt, weiß man: Es ist keine routinierte Fröhlichkeit, sondern echte Spielfreude, was die fünf da auf der Bühne zusammenschweißt - ein unwiderstehliches musikalisches Ereignis.


Country-Folk, Bluegrass, knackige Cajun-Musik und Zydeco

Zum Repertoire gehört Blues ebenso wie flotter Country-Folk, Bluegrass und knackige Cajun-Musik und Zydeco aus Louisiana. Bekannte Evergreens werden neu und auf ganz eigene Art interpretiert. Die Band überschreitet spielerisch die Grenzen des klassischen Country und entführt das Publikum aus der Rhön in die Goldgräberstaaten und die südamerikanischen Sümpfe und macht mit Interpretationen der Songs von Dire Straits, Bruce Springsteen und den Beatles auch nicht Halt vor den Größen der Popgeschichte.

Julia Ballin an der Fiddel und am Sopransaxophon - unter anderem mit einer Uraufführung eines für Tenorsax geschriebenen Stückes, steppte dazu, was das Zeug hielt. Sie scheint ständig in Bewegung, sie tanzt, während sie fiddelt, steppt, während sie das Saxophon bläst. Sängerin Annie kommentiert folgerichtig nach "These shoes are made for walking": Applaus für Julia Ballin "an den Schuhen". Julia bedankt sich artig: "Oh, ihr seid so nett heute, danke dass ihr mit mir Musik macht."

Annie Williams zog alle Register ihrer Stimme, mal rau und fordernd, mal dramatisch, mal weich und lockend mit einem Timbre, das unter die Haut geht, und beherrscht genauso virtuos die Ukulele oder die Trompete. Sie bewährt sich auch als Meisterin der leisen Töne bei den Liedern fürs Herz, und Julia begleitet sie fast klassisch anmutend dazu auf der Geige.


Freude an der Musik strahlt aus den Augen

Den beiden Frontfrauen der Band strahlt die Freude an ihrer Musik förmlich aus den Augen. Diesen Frauen glaubt man einfach nicht so recht, wenn sie dann singen "I need a young man to drive away my middle age blues". Begleitet werden sie vom Groove des Bassisten Reiner Gold, der sein Instrument schon mal übermütig Pirouetten drehen lässt, vom Percussionman Stephan Spahn ("Lieber wild rumzappeln als dumm rumstehen"), gleichzeitig einzig bekannter Kokosnussspieler, der ohne Schuhe, dafür mit knallroten Socken die Blicke auf sich zieht.

Deff Ballin ("Ich kann auch problemlos Musik hören, ohne dabei zu joggen") ... mit Akkordeon und Gitarre, ehemals Musiker unter anderem bei der bekannten deutschen Band Geier Sturzflug, scheint der heimliche Regisseur des Ganzen im Hintergrund, arrangiert noch auf der Bühne und überrascht in seiner Komposition "Der Käse stinkt" laut Annie mit "wahrer Poesie".

Nach der Beschwörung des easy living in "Mañana" und nach "Buona sera" am Ende merkt jeder: I feel alright. Offen bleibt nur die Frage, wer trauriger war, dass das Konzert viel zu schnell zu Ende ging - die begeisterten Zuschauer oder die vor Lebensfreude sprühenden Akteure.

Für alle die den Termin versäumt haben oder nun neugierig geworden sind: Am 24. Juni 2018 sind "Erdgeschoss" wieder beim Stadtfest Bad Brückenau dabei. Dr. Karin Ott
 
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