Langweile ist tödlich! Hat ja auch was mit Zeit totschlagen zu tun. Wenn die Umgebung dementsprechend ist, kristallisieren sich bei zwei eingeschlossenen Personen schon mal die Gemeinheiten zu Stärken und steigern damit den Frust noch mehr. Zumal Harold Pinter (1930-2008), der vielfach ausgezeichnete britische Dramatiker des 20.Jahrhunderts, die die pure Hoffnung auf Geldverdienen in seinem 1957 geschriebenen Theaterstück in einem grellen Kontrast zum Ergebnis stellt. Ist das bewusste Töten als Auftrag den Cent wert, schmeckt der Tee, dessen Beutel im Stiefel "gesichert" wird, trotzdem?
Pinter hatte die Rollen natürlich männlich besetzt. Regisseur Joris Immenhauser nutzte die Möglichkeit des Fränkischen Theaters als pädagogische Einrichtung, mit den Jungschauspielerinnen aus der Theater-Werkstatt, Fanny Schmidt und Mirjam Seitfudem, das Stück einzustudieren. Diese waren sich der Unsinnigkeit ihres Tuns lange nicht bewusst, bis sie sich als Ben und Gus im düsteren Rot des Bühnenlichts als Täterin und Opfer gegenüber standen. Da wurde zwar der Vorhang geschlossen, doch das kurze Theaterstück geht im Kopf der Zuschauer weiter.
Lange Minuten haben die beiden Auftragskillerinnen mit ihren Pistolen gespielt, haben frühere Aufträge verbal Revue passieren lassen und waren ständig damit beschäftigt, diesen jetzigen, so ganz anderen Auftrag in dem so kargen, wie heruntergewirtschafteten Raum einzuordnen. Ein "stummer Diener", eigentlich ein Lastenaufzug für Speisen, ist der Faden für die Geschichte. Da ist Ben, die ihre Nervosität schwerlich unterbinden kann und aus der Zeitung die Gruselmeldungen der täglichen tödlichen Geschehnisse voller Entrüstung vorliest und Gus, die sich in die Rolle des "Stifts" fügt und die Langweile mit der spärlich vorhandenen Versorgung der beiden Killer (innen) bekämpft.
Es kommt aber niemand, trotz einstudierten Verhaltens gibt es keine Möglichkeit der Umsetzung. Der "stumme Diener" reißt Löcher in die Gefangenheit des Raums, indem plötzlich Botschaften aus dem "OFF" von Über oder Unter ihnen ankommen. Umschläge, die erst mal Streichhölzer, dann Speisenbestellungen enthalten. Gerichte, die die Beiden niemals herstellen, bzw. liefern können.
Der Nobelpreisträger Harold Pinter (2005) stellt in dieser Parabel " Befehl und Gewissen" einen Zusammenhang von Gehorsam und Töten her. Der umstrittene, wie auch gefeierte Dichter war im politischen Teil seines Lebens nicht zimperlich im Umgang mit Despoten. Angesichts des Irakkrieges 2003 geißelte er die Staatsführer Tony Blair und Georg W. Bush, um sich andererseits dem Serbenführer und verurteilten Völkermörder Slobodan Milosevic anzubiedern. Das war im Entstehungsjahr des "Stummen Dieners" 1957 nicht vorauszusehen, doch gehört es zu Pinters dramatischer Vorstellung, wenn sich schon Widersprüchlichkeiten ergeben, die dann auch mitunter kaltblütig zu erledigen.
Die Rollen des Ben und des Gus wurden von Fanny Schmidt und Mirjam Seitfudem intensiv gespielt, was einmal mehr beweist, wie gut die pädagogische Arbeit des Theaters ist.
Das "ewige" ereignislose Warten auf den Fangschuss ließ die Spannung bei den Zuschauern steigen, die sich, nachdem der Vorhang gefallen war, mit der Frage beschäftigen mussten: "Schießt er/sie, oder schießt er/sie nicht?" Kein Laut war zu hören.