Das zweite Jahr in Folge erobert der Haussperling im Freistaat Platz 1 bei der "Stunde der Wintervögel" von LBV und NABU. Über 110 Vogelarten und insgesamt mehr als 685 500 Vögel haben die rund 27 000 bayerischen Teilnehmer dem LBV gemeldet. Pro Garten ergibt sich daraus ein Schnitt von etwa 35 Vögeln und damit zwei Vögel weniger als 2019.
Meisen haben aufgeholt
"Bei den milden Temperaturen ohne Schnee am Zählwochenende haben viele Vögel vermutlich noch genug Nahrung in der Natur gefunden und deshalb weniger die bayerischen Gärten besucht", sagt Annika Lange, Citizen-Science-Beauftragte des LBV. Die Meisen konnten ihre geringen Beobachtungen vom letzten Jahr wieder etwas aufholen. So kletterte die Kohlmeise von Platz 3 auf Platz 2 und auch die Blaumeise macht wieder einen Platz gut und landet auf Rang 4. Den dritten Platz belegt
der Feldsperling. Einen recht soliden Platz 5 nimmt die Amsel ein. Sie erholt sich langsam von dem deutlichen Einbruch von 2018. Der Grünfink erreicht nach seiner bisher schlechtesten Platzierung (Platz 8) letztes Jahr heuer wieder ein besseres Ergebnis mit Platz 6.
Zum zweiten Mal in Folge holt sich der Haussperling den Spitzenplatz bei der Stunde der
Wintervögel. "Der Spatz scheint von den trockenen Sommern der letzten beiden Jahre zu profitieren und gute Bruterfolge zu erzielen. Die Jahre zuvor hat der beliebte Allerweltsvogel eher durch sein regionales Fehlen Aufsehen erregt", sagt Lange. Eine Entwarnung gibt es für den Haussperling aber noch lange nicht, denn gerade in großen Städten fehlen vor allem geeignete Nistplätze an Gebäuden.
Und wie macht sich die Amsel? Sie landet hinter der Blaumeise auf Rang 5 und erholt sich nur sehr langsam von den 2018 erfolgten Bestandseinbrüchen durch den heißen, trockenen Sommer und das regional stark auftretende Usutu-Virus. 2019 gab es ebenfalls einen sehr trockenen Sommer, dafür aber deutlich weniger Usutu-Fälle. "Ein weiterer heißer, trockener Sommer könnte es der Amsel besonders erschweren, wieder Fuß zu fassen, da er mehr als andere Arten auf einen lockeren Boden angewiesen ist. Denn eingetrocknete und rissige Böden erschweren der Amsel die Jagd nach ihren Beutetieren wie Regenwürmern", sagt die Citizen-Science-Beauftragte des LBV.
Der Grünfink konnte dieses Jahr immerhin den 6. Platz belegen. Jedoch zeigt sich bei ihm ein
langfristig eindeutiger Abwärtstrend, den auch Quellen wie der DDA (Dachverband deutscher Avifaunisten) bestätigen. Der grüne Samen- und Früchtefresser wird unter anderem durch den Verlust von reich strukturierten Kulturlandschaften und den übermäßigen Einsatz von Bioziden bedroht. "Wer dem Grünfink helfen möchte, sollte seinen Garten naturnah und giftfrei gestalten", empfiehlt Lange.
Bereits am Zählwochenende hat sich gezeigt, dass dieses Jahr vermehrt Eichelhäher gezählt wurden. Er schießt auf Platz 10 die "Top Ten" ab.
Damit landet der bunte Rabenvogel auf einem so hohen Rang wie zuletzt 2011. Das vermehrte Auftreten ist auf ein außergewöhnlich hohes Angebot an Eicheln zurückzuführen (auch Eichelvollmast genannt), das 2018 in Nordosteuropa auftrat. "Der Eichelhäher ist der Wächter des Waldes, da er im Laufe des Jahres viele Eicheln als Nahrungsreserve vergräbt und nicht alle wieder ausgräbt. So pflegt er den Wald, indem er neue Bäume pflanzt", erklärt die LBV-Biologin.
Gesamtergebnis: Haussperling vor Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel - das ist die diesjährige Reihenfolge der Wintervögel in Bayerns Gärten. Der Grünfink landet auf Platz 6 und macht damit zwei Plätze wieder gut im Vergleich zum Vorjahr. Die Plätze 7 und 8 belegen Buchfink und Elster. Rabenkrähe und Eichelhäher schließen die bayernweiten Top 10. Das Rotkehlchen rutscht damit auf Platz 11.
Und wo bleibt der Erlenzeisig? Wurde der kleine, gelbgrüngestreifte Finkenvogel letzten Winter als sechshäufigster Vogel gemeldet, hat er sich dieses Jahr rar gemacht und belegt nur Platz 16. Die Erklärung: Im vergangenen Jahr hat die winterliche Nahrungsknappheit zu einer Invasion von Erlenzeisigen aus Nord- und Osteuropa geführt. Dieses Jahr fand kein größerer Einflug der Vögel statt.
Regionale Unterschiede: Die meisten Vögel bekamen mit 42,7 pro Garten die Teilnehmer in Niederbayern zu sehen, knapp gefolgt von 41,5 Vögeln pro Garten in der Oberpfalz. Auch in Oberfranken haben die Teilnehmer mit 39,4 pro Garten mehr Vögel als der bayerische Durchschnitt von 35,6 gezählt. Schwaben (38,4), Unterfranken (35,8) und Mittelfranken (33,9) liegen um den bayerischen Mittelwert. Nur die Teilnehmer in Oberbayern zählten mit 31,5 Vögeln pro Garten deutlich weniger als andere Vogelfreunde.