Der Norden der Marktgemeinde Bad Bocklet fühlt sich vom Süden abgehängt. Diesen Eindruck vermittelten zumindest die beiden Wortführer der einstündigen Diskussionsrunde in der Bürgerversammlung für die Ortsteile Steinach, Hohn, Roth und Nickersfelden. Zuvor hatte Bürgermeister Andreas Sandwall ( CSU ) seinen Rechenschaftsbericht über das Haushaltsjahr 2018 vorgetragen und einen Ausblick auf Vorhaben des laufenden Jahres gegeben.
Auslöser des heftigen Meinungsstreit war Sandwalls Schilderung, wegen des maroden Zustands der Mittelschule im Kernort Bad Bocklet und der durch die räumliche Trennung zur Steinacher Grundschule sich täglich ergebenden organisatorischen Hindernisse beide Schulen in einem bis etwa 2025 zu errichtenden Schulzentrum gemeinsam unterzubringen. Sandwall: "Wir wollen die Qualität unserer Grund- und Mittelschule stärken." Zwar wollte sich der Bürgermeister noch nicht auf einen vom Gemeinderat zu bestimmenden Standort festlegen, doch war aus seinen Worten herauszuhören, dass ihm Bad Bocklet dafür geeignet scheint. So könnte die neue Schulsporthalle zugleich als Mehrzweckhalle für gesellschaftliche Anlässe genutzt werden. "Bad Bocklet braucht eine Halle", brachte es Sandwall auf den Punkt.
Hier setzte der frühere Gemeinderat Paul Schmitt mit seiner Kritik an und schlug als Alternativstandort eine Fläche zwischen Hohn und Steinach beim Sportplatz vor, der dann von den Schülern mitgenutzt werden könnte. Mit Blick auf die Kur in Bad Bocklet, die Kultur mit Schloss in Aschach und das florierende Gewerbegebiet in Großenbrach folgerte Schmitt: "Was kommt an nachhaltiger Infrastruktur nach Steinach? Der Norden wird abgehängt." Dies war für Gastwirt Benno Schneider das Stichwort. Er warf dem Bürgermeister vor, seit der Eingemeindung vor über vier Jahrzehnten habe die Gemeinde nichts für die nördlichen Ortschaften getan. "Alles wurde hier in Eigenleistung von Einwohnern und Vereinen gemacht. Was macht denn die Gemeinde?"
Im harten, aber noch sachlichen Rededuell widersprach Andreas Sandwall , der seit 15 Jahren in der Lokalpolitik und erst seit zwei Jahren Bürgermeister ist, diesem persönlich empfundenen Vorwurf und forderte im Vergleich mit dem an Einwohnerzahl gleichgroßen Ortsteil Aschach die Steinacher auf, ihren Ort "nicht schlechter zu machen als er ist". Er wies jede Kritik als falsch zurück und zählte als Gegenbeweis unter anderem das Steinacher Gewerbegebiet, das in Entwicklung befindliche Neubaugebiet Salzforst (23 Grundstücke) und vor allem die 1,8 Millionen Euro teure Sanierung der Henneberg-Sporthalle auf. "Außer beim Rathaus-Neubau wurde in keinem anderen Ortsteil unserer Gemeinde in den vergangenen 20 Jahren so viel Geld investiert wie in Steinach."
In seinem vorangegangenen Vortrag hatte Sandwall zudem auf die Anschaffung eines neuen Mannschaftstransportwagens für die Steinacher Feuerwehr, einer neuen Tragkraftspritze für die Feuerwehr in Nickersfelden sowie auf die Erstellung eines 130-seitigen Feuerwehrbedarfsplans durch ein neutrales Fachbüro hingewiesen. Dessen Ergebnisse, so der Bürgermeister, zeigen Schwachstellen bei allen sieben Feuerwehren der Gemeinde mit notwendigen Investitionen in den kommenden 20 Jahren. "Für uns ist jede unserer sieben Feuerwehren wichtig."
Nicht nur, aber vor allem wegen der letztjährigen Überschwemmung in Roth beteiligt sich die Gemeinde als Mitglied der Allianz Kissinger Bogen am Integralen Konzept zum Sturzflut- und Risikomanagement , dessen Erstellung anteilig für Bad Bocklet mit einem staatlichen Zuschuss von 150 000 Euro gefördert wird. Sandwall: "Wir wollen wissen, wo kommt das Wasser her, wo läuft es hin." Das Gutachten soll Lösungsvorschläge wie Grabenerweiterung oder Ausbau der Kanalisation aufzeigen, um die Ortschaften künftig vor Sturzfluten bei Starkregenfällen zu schützen.