Reichenbach bei Münnerstadt
Der Mundart auf der Spur
Verena Diehm vom Unterfränkischen Dialektinstitut in Würzburg interviewt Mundart-Fans und dokumentiert die Ergebnisse. Jetzt war sie bei Arnold Nöth.
Mit der Mundart ist das so eine Sache. Heißt's nun eigentlich Mundart? Oder Dialekt? Oder soll man so reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist und sich nicht darum scheren, ob's nun Mundart oder Dialekt heißt? Wie auch immer: Von Ort zu Ort, von Stadt zu Dorf, von Region zu Region gibt's ohnehin verschiedene Endungen und Wendungen, Bezeichnungen und Ausdrücke.
Und wenn der Dialekt noch von manchen so recht oder schlecht gesprochen, gebabbelt, geplaudert, geredet, g'schmarrt oder woss g'socht wäd, wie weit ist's dann noch richtige, unverfälschte Mundart? Oder ist es mittlerweile vielmehr ein Kauderwelsch aus Schriftdeutsch, angepasstem Hochdeutsch, verhunztem Dialekt oder weitgehend authentischer Mundart? Viele traditionelle Mundartwörter geraten natürlich auch in den Hintergrund, ja in Vergessenheit, weil sie, beziehungsweise die Gegenstände und
Gerätschaften insbesondere aus dem bäuerlichen Leben, gar nicht mehr vorhanden sind und somit auch nicht mehr benannt werden.
Soll man sich nun mit seinen Kindern oder Enkeln in der ererbten und noch weitgehend lebendigen Mundart unterhalten oder nicht? Manch einer behauptete gar, Mundartsprechen schade der Bildung und der geistigen Entwicklung, während andere mittlerweile der Auffassung sind, dass sowohl die Benutzung des Dialektes als auch das Sprechen in sauberem Deutsch sogar förderlich für die Entwicklung unserer Kinder und Kindeskinder sein können. Das legt den Schluss nahe: "Dialekt macht schlau."
Ein schwieriges Fach, die Sach' mit dem gebabbelten Fränkisch. Da muss es doch nun endlich mal eine behördliche Regelung geben. Naja, ganz so weit auf die Spitze wollen wir es nicht treiben.
Aber immerhin gibt es ja Lehrstühle für Dialekte an manchen Universitäten, Kurse und Schulungen - und sogar das UDI, das Unterfränkische Dialektinstitut (UDI). Es hat seinen Sitz an der Universität Würzburg, am Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaften.
Gerade Unterfranken ist ja für Dialektforscher besonders interessant. Denn mitten durch den Spessart verläuft eine der wichtigsten Mundartgrenzen, nämlich die zwischen dem Oberdeutschen und dem Mitteldeutschen.
Aus dem unterschiedlichsten Wortschatz im Regierungsbezirk Unterfranken wurde ein Wörterbuch zusammengestellt, in welchem 3000 Wörter aus 25 Orten in ihren jeweils typischen Sprech- und Ausdrucksweisen verzeichnet sind. Dazu gibt es auch den sprechenden Sprachatlas mit dokumentarischen Hörbeispielen der verschiedenen Dialekte.
Und siehe da: Allen Prognosen zum Trotze, die da sagen, Dialekte würden mit ihren Sprechern aussterben, sprechen immer noch 73 Prozent der deutschen Bevölkerung den Dialekt ihrer Region.
Ja, es hat sogar ein Umdenken in der jüngeren Generation stattgefunden. Weil die letzte große Erhebung, Anhörung und Dokumentation unterfränkischer Mundarten vor Ort letztmals vor zwanzig Jahren durchgeführt wurde, hatte sich die UDI an Kommunen und Gemeinden gewandt, mit der Bitte, noch weitgehend Mundart sprechende Personen über 60 Jahre zu benennen. Wenn möglich, sollte deren Familie seit mindestens drei Generationen im Ort ansässig sein, die Aspiranten ihr Leben überwiegend hier verbracht haben und im bäuerlichen Umfeld aufgewachsen sein.
So saß denn nun dieser Tage auch eine Mitarbeiterin des UDI beim bekennenden Dialektredner Arnold Nöth in Reichenbach. Dort wurde gebabbelt wie der Schnabel gewachsen ist, gefragt und geantwortet und dabei alles mitgeschnitten und dokumentiert. Die Germanistin Verena Diehm bereist ganz Unterfranken und lässt sich bei ihrer Feldforschung unterschiedlichste Begriffe, Wörter, Bezeichnungen und Ausdrücke vorsprechen. Selbst wohnt sie genau an der Grenze zwischen Unterfranken und Baden-Württemberg, bei Wertheim am Main, und spricht keinen Dialekt.
Bei ihren Besuchen aber unterhält sie sich zielgerichtet mit den "Prüflingen", streut immer wieder ihre Fragewörter ein und gibt dabei auch ab und an Ausdrucksweisen aus anderen Ortschaften zum Vergleich vor.
Sie kennt sich aus, kramt hin und wieder gar Ausdrücke hervor, die ihren Aspiranten auf die Sprünge helfen und zu fast vergessenen Mundart-Begriffen hinführen. "Dabei merkt auch der eherne Mundartsprecher an sich selber, was so heimlich still und leise im täglichen Sprachgebrauch verloren geht", meint dazu Arnold Nöth: "Däbei machts douch aach Spaß, sei ougebuänna Mundoord wäiter zu pfleecha und zu räida, sou bie enn där Schnowl gewossa is!" ´
Informationen zur unterfränkischen Mundartforschung gibt's unter www.unterfraenkisches-dialektinstitut.de.
Fragen über Fragen
Und wenn der Dialekt noch von manchen so recht oder schlecht gesprochen, gebabbelt, geplaudert, geredet, g'schmarrt oder woss g'socht wäd, wie weit ist's dann noch richtige, unverfälschte Mundart? Oder ist es mittlerweile vielmehr ein Kauderwelsch aus Schriftdeutsch, angepasstem Hochdeutsch, verhunztem Dialekt oder weitgehend authentischer Mundart? Viele traditionelle Mundartwörter geraten natürlich auch in den Hintergrund, ja in Vergessenheit, weil sie, beziehungsweise die Gegenstände und
Gerätschaften insbesondere aus dem bäuerlichen Leben, gar nicht mehr vorhanden sind und somit auch nicht mehr benannt werden.Soll man sich nun mit seinen Kindern oder Enkeln in der ererbten und noch weitgehend lebendigen Mundart unterhalten oder nicht? Manch einer behauptete gar, Mundartsprechen schade der Bildung und der geistigen Entwicklung, während andere mittlerweile der Auffassung sind, dass sowohl die Benutzung des Dialektes als auch das Sprechen in sauberem Deutsch sogar förderlich für die Entwicklung unserer Kinder und Kindeskinder sein können. Das legt den Schluss nahe: "Dialekt macht schlau."
Interessante Region
Ein schwieriges Fach, die Sach' mit dem gebabbelten Fränkisch. Da muss es doch nun endlich mal eine behördliche Regelung geben. Naja, ganz so weit auf die Spitze wollen wir es nicht treiben.
Aber immerhin gibt es ja Lehrstühle für Dialekte an manchen Universitäten, Kurse und Schulungen - und sogar das UDI, das Unterfränkische Dialektinstitut (UDI). Es hat seinen Sitz an der Universität Würzburg, am Lehrstuhl für deutsche Sprachwissenschaften. Gerade Unterfranken ist ja für Dialektforscher besonders interessant. Denn mitten durch den Spessart verläuft eine der wichtigsten Mundartgrenzen, nämlich die zwischen dem Oberdeutschen und dem Mitteldeutschen.
3000 Wörter aus 25 Orten
Aus dem unterschiedlichsten Wortschatz im Regierungsbezirk Unterfranken wurde ein Wörterbuch zusammengestellt, in welchem 3000 Wörter aus 25 Orten in ihren jeweils typischen Sprech- und Ausdrucksweisen verzeichnet sind. Dazu gibt es auch den sprechenden Sprachatlas mit dokumentarischen Hörbeispielen der verschiedenen Dialekte.
Und siehe da: Allen Prognosen zum Trotze, die da sagen, Dialekte würden mit ihren Sprechern aussterben, sprechen immer noch 73 Prozent der deutschen Bevölkerung den Dialekt ihrer Region.Ja, es hat sogar ein Umdenken in der jüngeren Generation stattgefunden. Weil die letzte große Erhebung, Anhörung und Dokumentation unterfränkischer Mundarten vor Ort letztmals vor zwanzig Jahren durchgeführt wurde, hatte sich die UDI an Kommunen und Gemeinden gewandt, mit der Bitte, noch weitgehend Mundart sprechende Personen über 60 Jahre zu benennen. Wenn möglich, sollte deren Familie seit mindestens drei Generationen im Ort ansässig sein, die Aspiranten ihr Leben überwiegend hier verbracht haben und im bäuerlichen Umfeld aufgewachsen sein.
In ganz Unterfranken unterwegs
So saß denn nun dieser Tage auch eine Mitarbeiterin des UDI beim bekennenden Dialektredner Arnold Nöth in Reichenbach. Dort wurde gebabbelt wie der Schnabel gewachsen ist, gefragt und geantwortet und dabei alles mitgeschnitten und dokumentiert. Die Germanistin Verena Diehm bereist ganz Unterfranken und lässt sich bei ihrer Feldforschung unterschiedlichste Begriffe, Wörter, Bezeichnungen und Ausdrücke vorsprechen. Selbst wohnt sie genau an der Grenze zwischen Unterfranken und Baden-Württemberg, bei Wertheim am Main, und spricht keinen Dialekt.
Vergessenes wird ausgegraben
Bei ihren Besuchen aber unterhält sie sich zielgerichtet mit den "Prüflingen", streut immer wieder ihre Fragewörter ein und gibt dabei auch ab und an Ausdrucksweisen aus anderen Ortschaften zum Vergleich vor.
Sie kennt sich aus, kramt hin und wieder gar Ausdrücke hervor, die ihren Aspiranten auf die Sprünge helfen und zu fast vergessenen Mundart-Begriffen hinführen. "Dabei merkt auch der eherne Mundartsprecher an sich selber, was so heimlich still und leise im täglichen Sprachgebrauch verloren geht", meint dazu Arnold Nöth: "Däbei machts douch aach Spaß, sei ougebuänna Mundoord wäiter zu pfleecha und zu räida, sou bie enn där Schnowl gewossa is!" ´Informationen zur unterfränkischen Mundartforschung gibt's unter www.unterfraenkisches-dialektinstitut.de.
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