
Treffpunkt Marktplatz 15.45 Uhr: Allmählich treffen die Akteure ein. Ein echter Bürgermeister und ein falscher Oberbürgermeister, ein echter Pfarrer und ein falscher der gleichzeitig ein echter 2. Bürgermeister ist. Weitere Heimatspieler sind dabei, Vertreter der Pfarrei, dazu drei Referenten des Stadtrats. Nicht zu vergessen: Münnerstadts Kulturmanager Dr.Nicolas Zenzen, Reiseleiter, Organisator und derjenige, der den Stein ins Rollen gebracht hat. Auf geht es nach Nürnberg.
Schon einmal hatte es die Idee gegeben, das Heimatspiel als immaterielles Kulturerbe anzumelden, sagt Nicolas Zenzen. Eine Bewerbung ist damals nicht erfolgt. Dann hat die Vorsitzende der Heimatspielgemeinde, Claudia Kind, ihn wegen des Kulturerbes angesprochen. Und Nicolas Zenzen sagte zu, sie zu unterstützen.
Beides zusammen
Der Kulturmanager war es gewesen, der auf die Idee kam, Heimatspiel und Schwedenprozession zusammen anzumelden. Beides geht auf den 30-jährigen Krieg zurück. Während das Heimatspiel 1927 uraufgeführt wurde, ist die Schwedenprozession viel älter. 1842 hat Ludwig Beckstein in seinem Buch Sagen- Schatz des Frankenlandes die Prozession schon als Tradition bezeichnet.
Zusammen mit der Pfarrei St. Maria Magdalena und der Heimatspielgemeinde hat Nicolas Zenzen als Vertreter der Stadt die Bewerbung erarbeitet und dann eingereicht. Es sei schon eine Menge Arbeit gewesen. Dann kam die Zusage. "Ich habe mich sehr gefreut darüber, das war schon ein langwieriger Prozess", sagt Nicolas Zenzen. Das Immaterielle Kulturerbe geht auf ein Unesco-Übereinkommen aus dem Jahr 2003 zurück, dem Deutschland im Jahr 2013 beigetreten ist.
Kaiserburg Nürnberg, 18.30 Uhr: Das Ziel ist erreicht. Im Hof werden Kontakte zu den anderen Ausgezeichneten geknüpft, besonders zu den Akteuren vom Friedensfest in Meeder nahe Coburg.
Zeit für letzte Absprachen mit Traudi Siferlinger vom Bayerischen Rundfunk , die die Veranstaltung moderiert. Politprominenz trifft ein, Finanz- und Heimatminister Albert Füracker , Landtagsabgeordnete, Bezirkstagsabgeordnete, Landräte. Ein wenig enttäuscht sind die Münnerstädter, dass niemand aus dem Landkreis Bad Kissingen gekommen ist. Die stellvertretende Bezirkstagspräsidenten Eva Maria Linsenbreder hat sich das aber nicht nehmen lassen.
Rittersaal der Kaiserburg, 19 Uhr: Es wird ernst. Traudi Siferlinger leitet ein, die Blaskapelle Zirndorf spielt ein erstes Stück. Dann ist der Minister an der Reihe. Albert Füracker findet launige Worte, langweilige Reden hören sich anders an. Oft ist das Wort "Heimat" zu hören. Der Heimatminister spricht. Wenn es sich an den Zeitplan gehalten hat, müsste es jetzt 19.18 Uhr sein, sagt der Minister am Ende seiner Rede. Es ist 19.19 Uhr.
Die Hintergründe
Professor Dr. Daniel Drascek, Vorsitzender des Expertengremiums, erläutert die Hintergründe des Immateriellen Kulturerbes und die Bewertungskriterien für die Aufnahme.
Dann erhalten die Akteure um den Betrieb der Mainfähren in Franken ihre Auszeichnung, anschließend die Organisatoren des Friedensfestes in Meeder. Die Stimmung ist gut.
Daniel Drascek beleuchtet die Historie von Heimatspiel und Schwedenprozession, dann kommen die Darsteller auf die Bühne. Die Stimmung wird noch besser. Franz Wüst, alias Oberbürgermeister Hans Vait, braucht bei seinem Prolog geschätzte fünf Sekunden, dann hängt ihm der ganze Saal an den Lippen.
Nicolas Zenzen stellt das Stück und die Darsteller vor. Appolone (Gabriele Knoch) und ihre Tochter Ottilia ( Janine Kunze ) sind dabei, Paul Geßner (Wolfgang Joa) und Stadtpfarrer Andreas Blatt (Andreas Trägner). Nicht fehlen dürfen Kasper von der Rhön (Rainer Kirch) und die Stadtknechte (Ewald Baumeister und Dominik Lieb). Als Nicoloas Zenzen von der Liebschaft zwischen Appolone und Michel Stapf erzählt, hebt Dominik Lieb die Hand, und will damit sagen: den spiele ich auch. Die Gäste im Rittersaal haben ihren Spaß. Dann wird die Schlusszene aufgeführt und Nicolas Zenzen lädt alle nach Münnerstadt ein.
Seit 60 Jahren dabei
Ob wirklich jeder mitmachen kann, will Traudi Siferlinger von Nicolas Zenzen wissen. Ganze Familien wirken mit, sagt er, Franz Wüst beispielsweise schon seit 60 Jahren. Und macht er noch 20 Jahre weiter mit. "Natürlich", lautet die Antwort. Es geht launig auf der Bühne zu.
Stadtpfarrer Pater Markus berichtet von der Schwedenprozession zu den drei Stadttoren , die nicht nur ein Dank für die Errettung vor den Schweden ist. Am Dicken Turm werden den Senioren und die Jugend ins Gebet eingeschlossen, weil in der Nähe das Jugendhaus und die Altenheime sind. Am Oberen Tor werden die evangelische Kirchengemeinde und die Aussiedler mit einbezogen, am Jörgentor nahe dem Friedhof gilt die Andacht auch den Verstorbenen . 400 bis 500 Gläubige laufen mit bei der Prozession.
Der Applaus für die Gruppe aus Münnerstadt ist besonders laut, mit Urkunde von Albert Füracker geht es schließlich zurück. In Münnerstadt laufen bereits die Vorbereitung für das Heimatspiel und die Schwedenprozession. Wie seit vielen Jahren, nur dass Beides jetzt Immaterielles Kulturerbe ist.