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Oerlenbach
Der lange Weg zu innerer Einkehr und Glücksgefühl
Seit 150 Jahren gibt es die Oerlenbacher Retzbach Wallfahrt. In diesem Jahr sind 254 Gläubige aus den Landkreisen Bad Kissingen und Schweinfurt mitgegangen.
Rund 100 Kilometer legten die Wallfahrer aus der Region um Oerlenbach und dem Oberen Werntal in zwei Tagen bei ihrer Fußwallfahrt zur Wallfahrtskirche 'Maria im grünen Tal' in Retzbach zurück. Foto: Peter Klopf       -  Rund 100 Kilometer legten die Wallfahrer aus der Region um Oerlenbach und dem Oberen Werntal in zwei Tagen bei ihrer Fußwallfahrt zur Wallfahrtskirche 'Maria im grünen Tal' in Retzbach zurück. Foto: Peter Klopf
| Rund 100 Kilometer legten die Wallfahrer aus der Region um Oerlenbach und dem Oberen Werntal in zwei Tagen bei ihrer Fußwallfahrt zur Wallfahrtskirche "Maria im grünen Tal" in Retzbach zurück. Foto: Peter Klopf
Peter Klopf
 |  aktualisiert: 18.08.2022 17:25 Uhr

"Bei einer Wallfahrt brechen Menschen von zu Hause auf, sind miteinander unterwegs zu einem gemeinsamen Ziel und spüren dabei die Wegbegleitung Gottes", sagt Wallfahrtsführer Otmar Lutz. Seit 150 Jahren gibt es die Oerlenbacher Retzbach Wallfahrt. 43 Mal war Lutz schon nach Retzbach gelaufen. Jedes Mal als Musiker , die letzten beiden Male übernahm er zusätzlich das Amt des Wallfahrtsführers, übernommen von seinem Vorgänger Otmar Seidl, dessen Stellvertreter er davor war. Als am Sonntag der Wallfahrtszug glücklich wieder in der Oerlenbacher St. Burkard-Kirche ankam, hatten die 254 Teilnehmer rund 100 Kilometer in zwei Tagen bewältigt.

Was ist das Interessante an so einer Wallfahrt? "Das gemeinsame Erleben. Man tut etwas für die Seele und hat am Ende ein tolles Glücksgefühl", sagt der Reiterswiesener Wallfahrer Bernhard Kiesel, der bereits 24 Mal dabei war. Auch Otmar Lutz kann aufatmen, dass alles reibungslos geklappt hat. "Nach der Wallfahrt ist vor der Wallfahrt", sagt er. Schon einen Tag später wird mit dem Organisationsteam besprochen, was weniger gut gelaufen ist, was verbessert werden muss, damit die Wallfahrt im nächsten Jahr wieder ein gefühlsmäßiges Erlebnis wird.

Nach dem Start, kurz nach Mitternacht, am Samstag, mit 100 Pilgern aus Oerlenbach , Rannungen und Reiterswiesen, gesellten sich unterwegs weitere Wallfahrer aus Poppenhausen, Kützberg , Kronungen und Brebersdorf hinzu, so dass der Zug auf 254 Wallfahrer anwuchs. 254 Wallfahrer sind eine organisatorische Herausforderung für Lutz und seinen 20-köpfigen Helferstab. Man benötigt fünf Vorbeter, die Besatzung von fünf Begleitfahrzeugen inklusive Sani und Traktorgespann, für den Transport von Gepäck, Getränken, Instrumenten und Personal für die Verkehrsabsicherung. In der Nacht muss für die kurze Hinwegstrecke auf der B 19 von der Einmündung nach Hain bis Poppenhausen ein Feuerwehrauto mit Blaulicht den Zug absichern und andere Verkehrsteilnehmer warnen. Rund 200 Meter ist der Wallfahrtszug lang. Zwei Sicherungsposten jeweils 100 Meter vor und nach dem Zug, sowie zwei seitliche Posten, die dafür sorgen, dass der Zug immer rechts auf der Straßenseite bleibt, sind nötig. Zehn Helfer haben sich nach der Wallfahrt Urlaub genommen, um die geliehenen Begleitfahrzeuge wieder abzurüsten und an ihre Besitzer zu übergeben.

Wichtiges Instrument der Wallfahrt ist die Musikkapelle. Circa 30 Musiker aus rund 15 Ortschaften sorgen für die musikalische Begleitung der Sänger. Die musikalische Leitung der Kapelle hat Sohn Tobias Lutz. Bereits vor der Wallfahrt werden die Wallfahrtslieder geprobt, damit die Harmonie stimmt. Ein langjähriger Musiker ist auch Oerlenbachs Bürgermeister Franz Kuhn .

Wichtig ist auch der Träger des Wallfahrtsbildes. Wilhelm Hemmerich macht das schon seit Jahren. Ehefrau Monika Lutz ist für die Auswahl der Lieder und meditativen Texte zuständig, dass jede Wallfahrt unter einem anderem Leitmotiv steht. "Das Emotionale, die Kameradschaft und das Gefühl, über sich selbst hinauszuwachsen sowie die Hochstimmung nach seiner persönlichen Leistung. Man merkt, dass Jeder, der mitläuft, die gleichen physischen Probleme hat. Die Anstrengungen schweißen zusammen. Nicht vergessen darf man die Empfindung, wenn Menschen die Straßen des Zuges säumen, sozusagen Spalier stehen und einem zuwinken", sagt Wallfahrtsleiter, Otmar Lutz. Bei den entsprechenden Behörden müssen vorab Genehmigungen für die Wallfahrtsstrecke und die Steuerbefreiung für das Traktorgespann eingeholt werden. Sehr erfreut, war der Wallfahrtsführer, dass viele junge Menschen von 12 bis 35 Jahren sich mit auf den Weg machten. Über 80 Jahre sei der älteste Teilnehmer gewesen. Dass auch die durchquerten Gemeinden an der Wallfahrt interessiert seien, zeigten die Beispiele von den Pfarrgemeinderäten aus Schwebenried und Brebersdorf sowie der Feuerwehr in Kronungen , welche die Pilger versorgten.

Ein spezielles Eintopf-Team der Oerlenbacher Wallfahrer, unter der Leitung von Marina Seidel, versorgte alle in Binsfeld aus der Feldküche. Auch das müsse organisiert werden. Eine der schwierigsten Aufgaben sei die Zuteilung der Übernachtungsmöglichkeiten auf der Retzbacher Benediktushöhe (97 Betten) und in Privatquartieren (Rest). Bereits im Januar würden Wallfahrer ihre Wünsche für die Übernachtung äußern. Dass Wallfahren süchtig macht, zeigten auch die Geehrten, die bei dem Wallfahrtsgottesdienst ausgezeichnet wurden. Für 40-malige Teilnahme wurden mit dem Ehrenkreuz belohnt: Edgar Hoch (Hammelburg), Margit Braunschwieg ( Oerlenbach ), Lydia Manger ( Kronungen )und Renate Brand (Ebenhausen). 25 Mal waren Werner Schmidt (Reichenbach), Karin Karch, Marco Braunschweig ( Oerlenbach ), Karl Kraus , Gerlinde Kaiser ( Kützberg ) und Bernhard Wilm (Altenfelder Hof) zu Fuß unterwegs. Zum Wallfahrtsgottesdienst in Retzbach waren 45 weitere Wallfahrer mit dem Auto angereist. Den Rückweg "per Pedes" traten am Sonntagmorgen 168 Wallfahrer ab Retzbach und 21 in Schwebenried an, um am Abend den Ausgangpunkt Oerlenbach zu erreichen. Den Abschluss des Wallfahrtjubiläums "150 Jahre Retzbach Wallfahrt" bildet am 27. Oktober ein Dankgottesdienst in der Pfarrkirche St. Burkhard, mit dem früheren Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann und dem ehemaligen Wallfahrtspfarrer Gerold Postler.

 
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