Der Perückenstrauch neben dem Wandelgang, hinterm Café „Carpe Diem“ im Kurpark – er blüht seit vielen Jahrzehnten im Juni und Juli. Und er wird das noch lange tun. Davon sind Holger Börner und Michael Jacob, die Leiter der Kurgärtnerei im Staatsbad, überzeugt. Sie glauben, dass der Perückenstrauch dem Klimawandel noch viele Jahrzehnte trotzen kann. Doch wie steht es um den Rest der 40 Hektar umfassenden Parkanlage?
Das für den Kurpark entscheidende Jahr liegt schon einige Jahre zurück. Der 2003er-Sommer ist vielen Menschen als besonders heiß und trocken in Erinnerung geblieben. Der Auftakt zu mehreren solcher Jahresmitten, die in immer kürzeren Abständen auftraten.
2003 waren alle Wiesen im Staatsbad braun
„Hier waren alle Wiesen braun. Wir sind mit dem Gießen nicht nachgekommen“, erinnert sich Kurdirektorin Andrea Schallenkammer an 2003. Mit dem damaligen Chef der Kurgärtnerei Robert Hildmann machte sie sich intensiv Gedanken, wie das Problem zu lösen sei. Man holte die Landesanstalt für Gartenbau Veitshöchheim ins Boot.
Herauskam die Idee einer Bewässerungsanlage. Die sollte die natürlichen Oberflächenquellen im Wald oberhalb der Kuranlagen nutzen.
Wasserleitungen vor allem für Kernbereich des Kurparks
Gesagt, getan. 2007 war Baubeginn für den ersten Abschnitt. Heute versorgen die Leitungen den fünf bis sechs Hektar großen Kernbereich des Kurparks , vor allem den mit Kastanien bestandenen Mittelweg zwischen Fürstenhof und Bellevue. Ausläufer führen laut Börner zum Staudenbeet , zur König-Ludwig-Eiche, zur Sinnpromenade; der Richtung Stadt gelegene Landschaftspark erhält keine zusätzliche Bewässerung.
Sparsamer Einsatz des Wassers
Wer ganz genau in die Beete im Mittelgang schaut, kann die dezent verlegten Bewässerungsschläuche entdecken. Sie funktionieren nach einem aus dem Weinbau bekannten Prinzip: Die Leitungen weisen alle 30 Zentimeter Löcher auf, aus denen das Wasser auf den Boden tropft.
Die Vorteile laut Börner: Das Nass gelangt direkt an die Wurzeln der Gewächse und hält die Erde feucht und locker. Das und die dichte Bepflanzung hält die Verdunstungsverluste in Grenzen.
Bewässerung läuft meist nachts und morgens
Apropos Verdunstung: Die Bewässerung läuft frühmorgens und abends beziehungsweise nachts jeweils eine halbe Stunde; dreieinhalb Liter gelangen so pro Loch am Tag in den Boden.
Die Rasenbewässerung spielt sich ähnlich und wie beim Fußballfeld ab. Rasensprengerköpfe heben sich aus dem Boden und benetzen das Grün sparsam. „Wir setzten das Nass gezielt so ein, dass der Rasen seine grüne Farbe behält, aber keinen Zuwachs bekommt“, sagt Börner. Gemäht werde nur alle zwei Wochen.
Verbrauch hält sich in Grenzen
Nachts läuft auch kein Kurgast Gefahr, bespritzt zu werden. Früh aufstehen müssen die Kurgärtner deswegen aber nicht: die Anlage computergesteuert.
Holger Börner ist stolz, dass am Tag nur rund 100 Kubikmeter Wasser genutzt werden – und dass es kein Trinkwasser ist. „Unser Ziel ist, nicht alles aufzubrauchen. Als weiteres Ziel streben wir 45 Prozent der Menge an.“
Klimaresistente Säuleneichen gepflanzt
Zu Hildmanns Zeiten – und auch unter dessen Vorgänger Franz Schüller – wurden weitere Entscheidungen getroffen, die den Kurpark jetzt widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen. So wurden in den Jahren 2008 bis 2010 am Kursaalgebäude robuste Säuleneichen gepflanzt. Auch die Feuchtigkeit liebenden Sumpfeichen entlang des Wegs südlich der Sinn im Landschaftspark entwickeln sich prächtig.
Als für Trockenheit und Krankheiten anfällig erwiesen haben sich hingegen die Kastanien im Mittelgang zwischen Fürstenhof und Bellevue. Hildmann stellte auf widerstandsfähigere, rotblühende Sorten um.
Pracht des Kurparks noch nicht gefährdet
„Wir profitieren davon, dass hier früh reagiert wurde“, sagt Michael Jacob, mit Börner seit 2019 in der Kurgärtnerei beschäftigt und von Hildmann eingelernt.
Auch wenn das Wetter in unseren Breiten extremer wird, lange sommerliche Trockenphasen sich zunehmend mit wochenlangem Dauerregen abwechseln: Die Pracht des Kurparks sehen die Gärtner (noch) nicht in Gefahr.
Starkregen und große Überschwemmungen blieben bisher aus
Bisher blieb das obere Sinntal – anders als Nachbartäler im Hessischen oder in Main-Spessart – von Starkregen und große Überschwemmungen verschont. Wahrscheinlich spielt der Dreistelz-Berg als Regenscheide eine schützende Rolle.
Doch beide Gärtner sind sensibilisiert, fürchten vor allem noch mehr Hitze und Sonneneinstrahlung. Irgendwann, so Jacob, schaffen die Pflanzen den Wassersog aus dem Boden nicht mehr, schmoren wie in einem Backofen, trotz Bewässerung.
Idee: eigene Sämlinge aus Kurparkbäumen ziehen
„Mit Sicherheit muss man auch auf die Bäume achten“, sagt er. Man dürfe nicht nur die historische Achse, also den Kernpark, erhalten, sondern die Landschaft drumherum. Ziel sei, jedes Jahr einen guten jungen Klimabaum zu pflanzen.
Eine Idee wäre, verstärkt eigene Sämlinge aus Kurparkbäumen zu ziehen – mit der ihnen eigenen Widerstandsfähigkeit. Das wäre neben dem Alltagsgeschäft aufwendig. Andererseits: In den Park muss investiert werden – für seine Zukunft.
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