Eigentlich ist Benedikt Stelzner Koch. 15 Jahre lang hat er in etlichen Sterne-Hotels die Kunst verfeinert, aus natürlichen Lebensmitteln durch Kochen, Braten oder Dämpfen raffiniert arrangierte, wohlschmeckende Tafel-Freuden zu bereiten. Doch damit ist jetzt Schluss. Denn nun will der 30-Jährige seiner zweiten großen Leidenschaft nachgehen, die ebenfalls Raffinesse voraussetzt und filigranes Arbeiten erfordert – es ist die Kunst, den Lack edler Automobile hochklassig zu versiegeln. In Bad Brückenau eröffnete der pfiffige Neueinsteiger jetzt eine Autopflege-Werkstatt. Sein oberstes Ziel: Jeden Lack mit allen Mitteln so richtig zum Glänzen zu bringen.
Stelzner machte seine Kochlehre im Dorint-Hotel in Bad Brückenau, bevor er ins Schlosshotel nach Kronberg bei Frankfurt wechselte. Schon dort erkochte er sich mit seinem Küchenteam für den Restaurantführer Gault Millau 14 von 20 möglichen Punkten. Das Steigenberger Hotel in Bad Homburg, das Arabella Sheraton in Offenbach, das Marriott Hotel in Frankfurt und das Maritim Park Hotel in Mannheim waren weitere erlesene Stationen seines Berufslebens. Nicht zu vergessen mehrere Gastkoch-Aufenthalte bei den alljährlich stattfindenden Bayreuther Festspielen, wo sich neben Politikern auch Stars und Sternchen tummeln.
Doch schon frühzeitig betrieb der engagierte Koch in seiner Freizeit ein Hobby, das ihm Ausgleich zur Arbeit verschaffte. Die Liebe zur Lackpflege fing wohl schon mit seinem ersten Auto an, glaubt Stelzner. „Das war nämlich schwarz und man sah jeden Schmutzpartikel darauf.“ Irgendwann hat ihn das genervt. Er machte sich in Internetforen bei den Spezialisten schlau: Welchen Pflegeschaum brauche ich? Wie muss ich den Lack vorbehandeln? Wie kann ich die beste Versiegelung erreichen? Fragen, auf die er bald Antworten hatte. „Und irgendwann habe ich dann das erste hochpreisige Autowachs gekauft.“
Zunächst ein paar Aufträge
Daraufhin eignete er sich von Händlern, Firmen und in speziellen Internetforen allerhand Fachwissen an. Später kam eins zum andern. Freunde fragten ihn immer öfter um Rat. Er arbeitete die ersten Wagen in der heimischen Garage auf. Irgendwann hatte ein Oldtimer-Händler mal ein paar Aufträge für ihn. „In Frankfurt habe ich im Hotel gekocht und am Wochenende kam ich dann immer nach Zeitlofs und habe Autos poliert“, sagt Stelzner.
Sein Know-how sprach sich herum. „Die Ersten kamen mit ihren Polos und Corsas zu mir und wollten eine Langzeitversiegelung.“ 2015 meldete Stelzner schließlich ein Nebengewerbe an. Sein Name ging offensichtlich durch die Fachwelt. Denn im darauffolgenden Jahr kamen dann schon die Wagen der Luxusklasse dazu. „Da hatte ich dann plötzlich mal einen Porsche und dann einen Ferrari vor mir stehen“, sagt Stelzner. Und irgendwann war dann auch ein Lamborghini dabei.
Auch Kunden von weither
Die Besitzer dieser exklusiven modernen Karossen kamen nicht mehr nur aus Bad Kissingen, Würzburg und Fulda, sondern auch schon mal von weiter her. Jüngst brachte Stelzner erst einen Golf GTI aus Nordfriesland auf Hochglanz. Dass er sich unter Autoliebhabern allmählich einen Namen macht, hat auch mit seinen regelmäßigen Aktivitäten im Internet zu tun. Denn einmal pro Woche lädt er zwei Videos auf Facebook und Instagram hoch. „Da erklär ich halt an einem Beispiel, wie das Auto professionell versiegelt wird, so dass nicht nur das Wasser, sondern auch der Vogelkot und das Salz im Winter abperlen.“
Nun hat sich Stelzner mit einer Autopflege in Bad Brückenau selbstständig gemacht, denn schon vor drei Jahren hatte es ihn, inzwischen verheiratet, wieder aus Mannheim in heimische Gefilde gezogen. Sein Betrieb ist, wie die Werkstätten der Autofirmen, mit einem Lichttunnel ausgestattet, den er eigens für seine handwerklichen Bedürfnisse konstruieren ließ. Da macht es dann richtig Spaß, zum Beispiel eine hochwertige Glaskeramik-Beschichtung aufzuarbeiten – ein aufwändiges Unterfangen, für das man ein paar Stunden einplanen muss.
Kontakt zu interessanten Kunden
„Aber in meinem Betrieb geht es nicht nur um Luxusklassewagen. Jeder Kunde, der zu uns kommt, wird bedient“, macht Stelzner klar. Aber er hat auch schon zahlreiche Luxusautos gepflegt und ist immer wieder erstaunt über die unterschiedlichsten Menschentypen, mit denen man so in Kontakt kommt. Einmal bestellte ihn ein Kunde zu sich nach Hause, weil er einen „Oldtimer“ habe, der eine Lackpflege bräuchte, erzählt der 30-Jährige.
Als Stelzner dort ankam, fiel er fast in Ohnmacht, als er in der Garage des Mannes einen Ferrari 250 GTO erblickte, der nach Angaben des Besitzers rund 46 Millionen Euro wert ist. Mit diesem Flitzer wurden einst Rennen in der GT-Klasse gefahren. Das charakteristische Fahrzeug mit halbrunden Lufteinlässen gilt als einer der schönsten Ferraris. Alle 36 gebauten Exemplare des Sportwagens (Bauzeit 1962 bis 1964) sind bis heute erhalten und zählen mit zu den wertvollsten Automobilen.
