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HAUSEN/WÜRZBURG
Der jüngste Kardinal als Reformer
In Bad Bocklet: Kardinal Julius Döpfner 1974 mit seinen Großneffen Georg und Michael im Kurgarten.
Foto: Privat | In Bad Bocklet: Kardinal Julius Döpfner 1974 mit seinen Großneffen Georg und Michael im Kurgarten.
Von unseren dpa-Korrespondenten BERNWARD LOHEIDE und PAUL WINTERER
 |  aktualisiert: 25.08.2013 17:21 Uhr

Zusammen mit einem evangelischen Dekan eine Zuckerfabrik in Ochsenfurt einweihen? Für den katholischen Bischof Julius Döpfner kam das 1953 noch nicht in Frage. Am 28. Juni dieses Jahres kam es deshalb zum Eklat. Doch Döpfner lernte aus seinen Fehlern und wurde zum Reformer. Am 26. August 2013 wäre der gebürtige Hausener 100 Jahre alt geworden.

Mit 35 Jahren war er der jüngste katholische Bischof Europas, mit 45 der jüngste Kardinal weltweit. Als offizieller Moderator des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz erneuerte Döpfner die Kirche. Sein plötzlicher Tod mit nur 62 Jahren machte aber manche Pläne zunichte.

Die Königsteiner Erklärung

Döpfner wird noch heute in der Kirche vermisst, vor allem von Reformkatholiken. „So einer wie er fehlt uns jetzt ungemein“, sagt der Münchner Jesuit Wolfgang Seibel (85). „Döpfner war sehr traditionsbewusst, aber er hat gewusst, dass mit den bisherigen Methoden nicht weiter zu kommen ist. Er hätte zu verhindern versucht, dass die Rundumerneuerung der Kirche nach dem Konzil abgebremst wurde.“

In den 1960er und 1970er Jahren stand Döpfner an der Spitze der Bewegung, mit der die Kirche sich öffnete, die Religionsfreiheit anerkannte und die Liturgie reformierte. Als Präsident der Gemeinsamen Synode der deutschen Bistümer in Würzburg sorgte er dafür, dass die Reformbeschlüsse des Konzils umgesetzt wurden. Und er war maßgeblich an der Königsteiner Erklärung beteiligt, mit der die Bistümer sich vom päpstlichen Verbot der Antibabypille absetzten und die Gewissensfreiheit des Einzelnen betonten.

Den protestantischen Kirchen stand Döpfner als Würzburger Bischof sehr skeptisch gegenüber. Doch als Bischof von Berlin (1957-1961) und als Erzbischof von München und Freising (1961-1976) entwickelte er sich immer mehr zu einem Freund des ökumenischen Dialogs. Das wie keine andere Diözese unter der deutschen Teilung leidende Bistum Berlin war Döpfner ans Herz gewachsen.

Als er nicht mehr in den durch die Mauer getrennten Ostteil der Stadt fahren durfte, hielt er Kontakt zu den dort lebenden Katholiken über den Rundfunk. In mehreren vom Sender Freies Berlin (SFB) ausgestrahlten Ansprachen machte er den ostdeutschen Katholiken Mut. Als Münchner Erzbischof wurde Döpfner Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Das Amt übte er von 1965 bis zu seinem Tod am 24. Juli 1976 aus. Eine zusätzliche zeitliche Belastung war die Arbeit als Konzils-Moderator in Rom. „All dies schränkte seine Präsenz im Erzbistum zu seinem Leidwesen ein“, erinnert sich sein damaliger Sprecher Winfried Röhmel. In den nachkonziliaren Jahren gab es erhebliche Spannungen zwischen Reformern und Bewahrern. Vielen gingen die Beschlüsse des Konzils zu weit, andere wollten die katholische Kirche noch weiter voranbringen.

„Die Kontroversen machten Döpfner zu schaffen“, sagt sein einstiger Sprecher, „aber alle seine Entscheidungen standen stets auf dem Boden des Konzils“. So sei Döpfner die Mitwirkung der Laien, etwa des Diözesanrates, ein echtes Anliegen gewesen. An den zahlreichen Anekdoten über den unkonventionellen Führungsstil des charismatischen Kirchenmannes will sich Röhmel nicht beteiligen. So weiß er nichts von angeblich unangemeldeten sonntäglichen Gottesdienstbesuchen Döpfners in Landpfarreien.

Denkmal für den Kirchenmann

„Aber er suchte die Herausforderung anstrengender Bergtouren. Er war ein leidenschaftlicher Bergsteiger.“ Röhmel hat Döpfner als kantigen Vorgesetzten in Erinnerung. „Man musste in gewisser Weise robust sein, um das zu ertragen.“ Der Kardinal begegnete Journalisten mit einer gehörigen Portion Skepsis, was die Arbeit seines Sprechers nicht leichter machte. „Wenn ihm eine Überschrift zu einem Artikel über ihn nicht passte, rief er bei mir an und machte mich zur Schnecke.“ Dabei seien oft nicht einmal die Autoren der Beiträge für die Überschriften zuständig gewesen und schon gar nicht er als sein Sprecher, sagt Röhmel.

Die Erzdiözese setzte dem Oberhirten in Freising ein Denkmal. Das kirchliche Bildungszentrum auf dem Domberg trägt seinen Namen und in München erinnert eine Kardinal-Döpfner-Straße an den großen Kirchenmann des 20. Jahrhunderts.

Der „Ochsenfurter Zwischenfall“: Am 28. Juni 1953 kam es anlässlich der bevorstehenden Einweihung einer Zuckerfabrik (im Bild) zu einem Zwischenfall. Es hatte Streit gegeben, ob ein evangelischer Dekan an der Feier teilnehmen sollte. Döpfners Kutsche wurde daraufhin auf dem Weg zur Einweihung von evangelischen Reitern blockiert. Sie überzogen den katholischen Oberhirten mit lauten Schmährufen.
Foto: EPD | Der „Ochsenfurter Zwischenfall“: Am 28. Juni 1953 kam es anlässlich der bevorstehenden Einweihung einer Zuckerfabrik (im Bild) zu einem Zwischenfall.
 
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