Es ist wohl der höchste Arbeitsplatz , den man in Münnerstadt haben kann: Otto Wilm und Jürgen Behr führen am Turm der Stadtpfarrkirche dringende Sicherungsarbeiten durch. Ein Autokran hat sie in einem Korb in die Höhe gezogen. Von dort aus überprüfen sie die Schindeln am Turm und bessern aus, wo es nötig ist. Für die beiden Dachdecker ist das Routinearbeit. Ihr Arbeitgeber , die Firma Beck in Haard , hat sich unter anderem auf Dachdeckerarbeiten an Kirchtürmen spezialisiert. "Wir sind ein eingespieltes Team," sagen sie. Angst hat Otto Wilm bei seinen luftigen Einsätzen nicht. Respekt schon. Der sei auch nötig. Leichtsinnig dürfe man bei dieser Arbeit nicht werden, weiß er.
Es habe Hinweise gegeben, dass nicht mehr alle Schindeln fest sind, erklärt Reiner Straub vom städtischen Bauamt.Deshalb wurde die Haarder Firma beauftragt, den Turm zu kontrollieren und wo nötig Reparaturen auszuführen. "Mit der Maßnahme sind wir auf der sicheren Seite", meint Straub. Mit rund 4000 Euro kalkuliert die Stadt den Reparatureinsatz. Die Baulast für den Kirchturm liegt in den Händen der Stadt. Das ist kein Einzelfall. Denn der Kirchturm erfüllt neben liturgischen Zwecken auch weltliche, zum Beispiel denStundenschlag oder Alarmierung . Für neun weitere Kirchtürme hat die Stadt deshalb die Baulast, erklärt Reiner Straub.
Rund 60 Meter soll der Kirchturm hoch sein, so eine Information aus dem Internet. Bis in diese Höhe hinaus muss der Kran die Arbeiter hieven. Der schwierigste Teil war aber nach Auffassung der Beteiligten nicht die Reparatur in schwindelnder Höhe selbst, sondern das Aufstellen das Autokrans. Für Josef Weber , Chef des Bad Königshofer Kranverleihs Weber, war es Millimeterarbeit sein Fahrzeug so zu rangieren, dass es zwischen Kirchplatz und Kirche passte und manövrierfähig war.
Im Korb gesichert
An den Kran befestigt wurde der Spezialkorb, von dem aus die Dachdecker arbeiten. An seinen Kanten hat der Korb Räder. Dank dieser kann Josef Weber die beiden Fachleute hoch oben im Korb unmittelbar an den Kirchturm heran manövrieren, ohne Gefahr zu laufen, hart gegen das Dach zu stoßen. Vom Korb aus erledigen sie ihre Reparaturarbeiten . Die Männer selbst tragen bei der Arbeit einen Hosenträgergurt, erläutert Jürgen Behr. Mit diesem haken sie sich in das Gestell des Korbes ein. Mit ihrem Kranführer viele Meter unter ihnen stehen sie in ständigem Kontakt. Sicherheit sei oberstes Gebot, sagen alle Beteiligten.
Otto Wilm und Jürgen Behr klopfen zuerst die Turmschindeln ab. Dabei lässt sich feststellen, ob eine Schindel noch richtig sitzt. Hat sie sich gelockert, wird sie mit einem Tropfen Silikon wieder befestigt. Wo nötig, wurden auch neue Schindeln eingesetzt.
Bei ihrer Fahrt in luftigen Höhen inspizierten die Männer auch gleich die restliche Dachlandschaft der Stadtpfarrkirche mit. Das geschulte Auge von Otto Wilm hat dabei entdeckt, dass auch an anderen Stellen der Kirche einige Ziegeln kaputt sind oder fehlen. Aber das ist dann r irgendwann einmal eine neue Baustelle. Denn für den Rest der Dach- und Turmflächen ist die Kirchenstiftung verantwortlich.
Grandiose Blicke
Und zwischen der Arbeit bleibt immer wieder einmal Zeit, für einen Blick über die Münnerstädter Altstadt hinweg. Die Aussicht ist beeindruckend, stellt auch Otto Wilm fest, der schon viele Städte und Dörfer von oben gesehen hat. Interessant findet der Dachdecker , wie viele begrünte Hofflächen es mitten in der Altstadt gibt.
Der Chef der Haarder Dachdeckerfirma, Ewald Beck, ist überzeugt, dass mit den jetzt erfolgten Arbeiten das Kirchturmdach wieder für mindestens 20 Jahre Ruhe hat - solange kein Sturm in den Turm hineinbläst, macht er die Einschränkung.
Becks Firma hat bereits vor rund 40 Jahren die Neueindeckung des Münnerstädter Kirchturms durchgeführt. Die Schindeln aus Schiefer sind langlebig. Ein so eingedecktes Dach halte in der Regel 100 Jahre und mehr, meint Ewald Beck.