"Bisher habe ich hier jeden Quadratmeter Rasen gekannt. Jetzt kenne ich jeden Quadratzentimeter", sagt er. Dabei kniet er mit allen Vieren auf dem Rasen und streicht mit der Handfläche sanft über die Gräser. 28 Millimeter sind sie groß, jedes von ihnen. Das gehört zum Reglement der Fußball-Organisation FIFA. Dafür hat die Stadt Bad Brückenau einen Spindelmäher gemietet. Mit dem kann man die Halme millimetergenau abschneiden. "Wir müssen jeden zweiten Tag mähen", sagt Berger. Und setzt hinzu: "Die Chance, einen Rasen auf einem so hohen Niveau zu pflegen, kriegt man selten." Er weiß, wovon er redet. Bereits seit 24 Jahren ist er als Hausmeister des Schul- und Sportzentrums für den Rasen zuständig. So genau wie derzeit ist er bei seiner Arbeit noch nie beobachtet worden.
Sand, Humus und Styropor
Schon wie der Untergrund auszusehen hat, ist genau festgelegt. 80 Prozent Sand, dazu Humus und kleine Styropor-Bällchen, um das Gemisch aufzulockern. 58 Tonnen Sand sind unter den wachsamen Augen von Berger ausgebracht worden. Zwei Grassorten machen den Rasen fit für's Fußball-Training. Das Deutsche Weidelgras soll einen festen Grashalm-Bestand sichern, die Wiesenrispe, die mehr in die Breite geht, darüber ein gleichmäßiges Grün. Viele andere Gräsersorten werden gezupft, größere Gänseblümchen-Flecken ausgestochen und durch Fertigrasen ersetzt. Um den Platz in Form zu bringen, hat Berger vorher andere Stadien inspiziert. "Ich kann nicht anders. Wenn ich irgendwo bin, dann schau ich mir immer zuerst den Rasen an", erzählt er. Dazu gab's Tipps von den Rasenprofis der FIFA und dem kroatischen Rasen-Spezialist. Da ging es vor allem darum, wie man am besten mäht.
Jetzt werden die Ballfangzäune und Tore aufgestellt, dann werden auf die 8000 Quadratmeter große Gesamtfläche die vorgeschriebenen Markierungen gemalt. "Wenn die Kroaten verlieren, liegt es auf jeden Fall nicht am Rasen. Der ist tip-top", sagt Karl-Heinz Weismantel vom städtischen Bauamt. Anders herum gilt das nicht. Wenn die Kroaten gar Weltmeister werden, dann könnte laut Berger der ausgezeichnete Trainingsrasen in Bad Brückenau ein Grund dafür sein.
Normalität nach der WM
Die Tage des Rasens sind allerdings bereits gezählt. "Auf Dauer wäre es für uns zu teuer, ihn auf diesem hohen Niveau zu halten", so Berger. "Außerdem wird er normalerweise ausschließlich von Schulklassen genutzt." Wenn die kroatische Nationalmannschaft abgereist ist, kehrt wieder Normalität auf dem Rasen ein.
Dann wird nicht mehr alle zwei Tage gemäht. Statt des teuren Spindelmähers fährt wieder der normale Mäher. Die Gänseblümchen werden dann auch nicht mehr ausgestochen und durch Fertigrasen ersetzt. Die Erinnerung aber bleibt. Denn so schnell wird Helmut Berger nicht vergessen, dass er einen Sommer lang einen Trainingsrasen für die Fußball-Weltmeisterschaft betreuen durfte. Und vielleicht verzeiht ihm seine Frau darüber dann auch, dass er den Hochzeitstag vergessen hat.