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Bad Neustadt an der Saale
Der Freiherr macht die Salzburg auf
Was tun, wenn das Elternhaus eine riesige Antiquität ist? Karl Ludwig Freiherr zu Guttenberg hat entschieden: Wir machen die Salzburg auf - für Bürger und Bürgerinnen, Künstler und Touristen. Was seine Eltern dazu sagen?
Karl Ludwig Freiherr zu Guttenberg auf  dem Weg in den Rosengarten. Den pflegt seine Mutter Ines - und der soll weiterhin privat bleiben. Foto: Susanne Will       -  Karl Ludwig Freiherr zu Guttenberg auf  dem Weg in den Rosengarten. Den pflegt seine Mutter Ines - und der soll weiterhin privat bleiben. Foto: Susanne Will
| Karl Ludwig Freiherr zu Guttenberg auf dem Weg in den Rosengarten. Den pflegt seine Mutter Ines - und der soll weiterhin privat bleiben. Foto: Susanne Will
Susanne Will
 |  aktualisiert: 26.08.2022 16:37 Uhr

Der Freiherr trägt Jeans und eine schwere Bürde. Wie sichert man das Überleben eines rund 870 Jahre alten Elternhauses? Noch dazu, wenn es sich um die Salzburg hoch über Bad Neustadt handelt? Die Lösung ist simpel, aber auch anstrengend: Karl Ludwig Freiherr von Guttenberg (53) macht die Burgtore auf. Für Touristen, Musikliebhaber und Brautpaare.

Schutz für die Bürger

Adel verpflichtet - auch dazu, verantwortungsvoll mit dem Erbe umzugehen. Das Erbe, das ist die Salzburg. Eine in ihrem guten Zustand sehr seltene Ganerbenburg. Gan ist Althochdeutsch und heißt "gemeinsam". Also das Gegenteil zur Trutzburg, aus deren Scharten geschossen wurde. Um 1000 herum spielte Kaiser Otto der 3. eine größere Rolle, als er den fruchtbaren Salzgau, in dessen Wäldern schon Merovinger, Karolinger und eben Ottonen jagten, an die Kirche von Würzburg verschenkte. Um 1150 ließ der damalige Fürstbischof die Salzburg als Verwaltungssitz errichten.

In der Burg wohnten einst mehrere Familien. So ein bisschen kann man sich das vorstellen wie eine Reihenhaussiedlung auf allerhöchstem Niveau: Hier ein Amtmann des Bischofs Holztür an Holztor mit weiteren fünf Familien, die sich um die Verwaltung der fürstbischöflichen land- und forstwirtschaftlichen Besitztümer sowie die wasserwirtschaftlichen Nutzungsrechte einschließlich der Salzquellen am Fuße des Berges kümmerten. Die Quellen, die bis heute sprudeln und Neustadt das "Bad" verliehen.

Luxus: Kamin und Klo

Hinter den bis zu zwei Meter dicken Mauern ist noch heute so etwas wie Luxus in der damaligen Zeit erkennbar: Hier die Umrisse eines riesigen Kamins, damit es im Winter auch kuschlig war, dort der Eingang zum Eiskeller, der gewährleistete, dass die Familien im Sommer kühlendes Eis aus der Rhön zur Verfügung hatten. Und dahinten die Überreste einer Toilette, dessen gemauerter Schacht einfach nach draußen führte. Immerhin!, den Luxus hatten die Neuschter damals nicht.

Noch heute Familiensitz

Einen Hektar misst die Burg , elf Gebäude haben ein Dach, die anderen sind Bergfriede und Wohntürme in unterschiedlichen Erhaltungszuständen. Unter dem größten Dach lebt noch heute die Familie von Guttenberg. Karl Ludwig ist mit seinem Bruder Zeno zwischen Preziosen in den Burgmauern aufgewachsen und hat sein Schlagzeug heute in einem der repräsentativen Räume des Jagdhauses aufgebaut. Dass die Burg so gut dasteht, ist vor allem Karl Ludwigs Vater Johannes und seiner Frau Ines zuzuschreiben. Die weltlichen Jobs sichern das Leben auf der Burg ? "Ja", sagt Karl zu Guttenberg, im normalen Leben Journalist und bis vor kurzem Chef vom Dienst bei der "Bild" in Berlin. Jetzt pendelt er zwischen Hauptstadt und Burg , sein neues Leben ist voll mit der neuen Aufgabe, die Burg der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Ja-Wort unter freiem Himmel

Und dazu macht er die Burgtore weit auf. Fünf Orte gibt es seit Mai auf der Burg , wo sich Menschen das Ja-Wort geben können. Es böte sich an, die Hochzeitsgesellschaften im Garten mit einem Buffet vom "O sole mio" zu verköstigen, einem italienischen Restaurant, dessen Chef Franco Petraglia Pächter eines der Burg-Gemäuer ist. Bis auf einen Trauort stehen die Brautleute unter freiem Himmel, im Winter wäre das eher eine kalte Angelegenheit. Deshalb wird auch das kleine Landwirtschaftshaus zwischen Burg und Italiener künftig dazu genutzt. Beheizt wird es mit Gas, das Familienhaus mit einem Blockheizkraftwerk.

Kiosk mit regionalen Produkten

"Doch es geht nicht nur um Hochzeitspaare. So viele Menschen laufen zur Burg , Touristen staunen über die Bauten - aber viele bedauern, dass man tagsüber keinen Kaffee trinken kann." Das wird sich ändern: Im Landwirtschaftshaus wird bald ein Kiosk (in dem dann auch regionale Produkte verkauft werden) einziehen, in dem von elf bis 17 Uhr die Gäste verköstigt werden. Für diese Aufgabe sucht der Freiherr übrigens noch eine(n) Angestellte(n).

Rückzugsmöglichkeiten für die Familie

War es schwierig, die Familie davon zu überzeugen, das Heim öffentlich zu machen? "Meiner Mutter fiel es leichter, da Sie letztes Jahr den Garten selbst schon für Führungen geöffnet hat. Bei meinem Vater brauchte es etwas mehr Überzeugungsarbeit.", sagt Karl Ludwig von Guttenberg. Doch schließlich habe man sich geeinigt - mit der Bedingung, dass der innere Hof und der Rosengarten privater Rückzugsort der Familie bleiben.

Erstes großes Open air

Bei den Trauungen und dem Kiosk soll es nicht bleiben. Karl Ludwig von Guttenberg denkt größer und bereitet sich aufs erste große Festival auf der Burg vor. Vom 15. bis 17. Juli gibt es deshalb die Premiere mit einem Ukraine Benefiz Open Air: Die Gipsy Kings, das Ensemble Blechschaden, Myr, der Kharkiv Lonely Herats Choir, die Wellküren, das Anja Minakova Trio und Andreas Rebers werden an drei Tagen auf der Bühne stehen. Das Konzert von deutschen und ukrainischen Künstlern wird gefördert durch den Kulturfonds Kunst der Bayerischen Staatsregierung, ukrainische Flüchtlinge erhalten ermäßigte Preise auf die Tickets (Hotline: 09771/68760200).

"Rund 1000 Zuschauer haben Platz", erklärt Karl Ludwig von Guttenberg. Eigentlich wollte er sich aus den Planungen heraushalten. Doch wie es eben so ist: Jetzt hilft er dem Veranstalter, zeichnet Bestuhlungspläne, arbeitet mit am Sicherheitskonzept und kümmert sich um Parkplätze für die Open Air-Gäste. Die können ihre Wagen dort abstellen, wo früher Ritter ihre Turniere ausgetragen haben. Sich vorzustellen, wie das früher ausgesehen haben muss, ist nach der Führung durchs Gemäuer wirklich die leichteste Übung.

 
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