
Einmal im Jahr schaut Robert Hildmann nach, was der Biber an der Sinn so macht. Jedes Mal entdeckt der frühere Kurgärtner und Naturschützer Neues – von Fraßspuren an Gehölzen über Wechselpfade von einem Gewässer zum anderen bis hin zu Stellen mit dem Duftstoff „Bibergeil“. Sein Wissen teilte der Eckartser bei einer naturkundlichen Wanderung mit Interessenten. Eine Erkenntnis überraschte besonders.
Wilde Wasserwelt kontra Kur-Ambiente
Das Staatsbad Brückenau bietet zwei gegensätzliche Seiten: auf der einen die ab 1847 geschaffene königliche Kurarchitektur, auf der anderen – nur wenige Hundert Meter talabwärts Richtung Eckarts – die Architektur der Natur.
Eine wilde Wasserwelt an der Alten Sinn, durchzogen von sich windenden Fließen, getupft mit Teichen und unzähligen abgestorbenen, umgefallenen Bäumen. Aber vor allem: Reisigdämmen. Eine Landschaft, die zum Großteil der Biber geschaffen hat. Und die vor knapp drei Jahrzehnten so noch gar nicht vorhanden war.
Wasserwirtschaftsamt kauft Flächen an Alter Sinn
Das Wasserwirtschaftsamt hatte die heute ökologisch wertvollen Flächen 1996/97 erworben. Da waren sie noch von Viehhaltung geprägt. Erst zwei bis drei Jahre zuvor waren die ersten Biber wieder ins Sinntal eingewandert (in Bayern war der letzte Biber um 1850 ausgerottet ), zum Ärger vieler Anrainer des Wildbachs. Sie rissen die Dämme des fleißigen Baumeisters nieder. Aber an der Alten Sinn im Staatsbad – dort sollte er sich ausbreiten dürfen. Was er tat.
Robert Hildmann führte nach einer kurzen Einführung auf dem Parkplatz am Kursaalgebäude direkt in die Flussaue hinein. Ohne Gummistiefel kam da kein Teilnehmer des Streifzugs weit.
Biberburg für acht Bewohner
Erstes Ziel war eine Biberburg, wie sie im Buche steht. Aufgehäuft aus dünnen Stämmen, Ästen, Gestrüpp, wie es sich gehört mit einem Eingang unter der Wasseroberfläche. Dort drin, berichtete Hildmann, können Mutter und Vater Biber mit ein bis zwei Generationen Nachwuchs sicher und trocken hausen. Insgesamt bis zu acht Tiere.
Wobei der Druck auszuziehen, für die älteren Jungtiere gerade im Frühjahr drastisch wächst. Dann müssen sie sich auf die Suche nach einem eigenen, ein bis drei Kilometer langen Revier machen.
Was an der Sinn und ihren Nebenbächen nicht einfach ist. Denn dort kennt der Eckartser viele Reviere, die mit Bibern besetzt sind. Und alteingesessene Tiere verteidigen ihr Territorium leidenschaftlich.
Kein Biber unterhalb der Plattform
Da verwundert es, dass ein recht prominentes Revier seit Jahren unbesetzt zu sein scheint. Eines, wo viele Menschen hoffen, einen Blick auf den Nager erheischen zu können.
Die Biberplattform wurde 2016 errichtet, um dem geschützten Tier auf die Burg zu schauen. Doch seit fünf bis sechs Jahren hat Hildmann unterhalb keine Spuren mehr von ihm gefunden. Warum, das weiß er nicht.
Territorium bleibt nicht unbesetzt
Mit der Zeit haben sich Dämme zersetzt, wurden von Hochwasser weggespült. Die Fläche an der Plattform verlandet wieder. Dass sie auf Dauer biberfrei bleibt, da hat Hildmann keine Sorge. Dafür sei der Wohnungssuchdruck bei den Jungtieren zu groß. Baumaterial sei genügend nachgewachsen.
Auf dem Rückweg geht es entlang der Neuen Sinn, eines vergleichsweise monotonen Umleitungskanals samt Wehr entlang der Sinntalklinik, vom Menschen geschaffen 1976. Selbst dort finden sich Biberspuren. Während der Wanderung spricht Robert Hildmann Worte, die zum Nachdenken anregen. „Die Einstellung, die Natur Natur sein zu lassen, würde ich mir bei vielen Menschen wünschen.“
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