„O'zapft is“ der Landtagswahlkampf nun auch in Bad Kissingen. Die Kreis-SPD begrüßte am 13. Januar ihren bayerischen Spitzenkandidaten Christian Ude im Tattersall. Knapp 400 Fans harren dort des scheinbar stets gut gelaunten Münchner Oberbürgermeisters. Ude trifft, wie auf der Wies'n, auch bei diesem „Anstich“ zielsicher – allerdings mit mehr als zwei „Schlägen“ auf den Zapfhahn. Er prangert die Missstände in der Finanzwirtschaft an und fordert die Unterstützung der Regionen. Udes CSU-Kritik ist nicht wirklich böse formuliert, seine humorigen Sticheleien schießt er jedoch ab wie Pfeile.
Der Wahlkampf-Terminkalender des SPD-Frontmanns ist vollgepfropft: Am 11. Januar war er in Lauf, am 12. Januar in Wilhermsdorf und in Bad Steben. Am 13. Januar stehen die Kissinger zeitlich vorn, später folgen Besuche in Würzburg und Karlstadt. Es scheint, als ob der SPD-Stratege jede Stadt abklappern will, um den Leuten zuzuraunen, was er auch in der Kurstadt sagt: „Verstehen Sie sich nicht als Zuschauer, es geht um Ihre Interessen, werden Sie Akteure!“
Denn am 15. September 2013 zählt jede Stimme. Das ist den Sozialdemokraten spätestens nach Bekanntwerden der jüngsten Umfrageergebnisse klar geworden. Infratest dimap sieht die SPD in Bayern derzeit bei höchstens 19 Prozent. Der Schock sitzt also tief. Jetzt gilt's erst recht die Ärmel hochzukrempeln. Und Ude tut's. In wohl gesetzten Worten geht er, fast wie ein Prediger, ans Werk, greift auch in Bad Kissingen geschickt die Themen heraus, die schlicht jeden Landesbürger zur Weißglut bringen: Wenn geldgierige Finanzjongleure in den Geschäftsbanken hohe Renditen machen, ohne greifbare Güter zu erwirtschaften; wenn europäische Staaten 1600 Milliarden Euro für Rettungsschirme ausgeben und hinterher, wenn sie selbst verschuldet sind, verspottet werden, dass sie nicht mit Geld umgehen können; und wenn jene Global Players dann fordern, dass man ihre Misswirtschaft mit Steuergeldern retten muss.
Die Kissinger quittieren es mit viel Applaus, dass dieser „Raubtier-Kapitalismus“ (Helmut Schmitt) eine Ende haben muss. Die SPD fordert die Finanz-Transaktionssteuer, damit Geschäftsbanken Rücklagen bilden. In die selbe Kerbe schlägt der Mann am Podium in ernsthafter Diktion, wenn er sagt, dass Reiche wieder ein Interesse daran haben müssen, die Armut in der Gesellschaft ausgleichen zu helfen. „Das Modell der sozialen Marktwirtschaft zu bewahren oder wieder herzustellen, das ist die sozialdemokratische Antwort.“
Dazu gehört nach Udes Ansicht auch, der „Prekarisierung“ auf dem Arbeitsmarkt Einhalt zu gebieten: Denn zur Zeit würden klar definierte Lohnskalen aufgeweicht, unbefristete Arbeitsverträge in temporäre Einsätze umgewandelt, Vollzeit- durch Teilzeitstellen ersetzt, sowie intensive Praktika kaum entlohnt.
Das Themenspektrum des Spitzenkandidaten ist breit: Es darf nicht nur Ballungszentren geben, sondern man muss auch ländliche Regionen stärken, damit die Jungen da bleiben. Und auch für die Kurorte muss die bayerische Regierung aktiv verhandeln: dass Reha-Maßnahmen und präventive Therapien bezahlt werden, wenn sie notwendig sind.
Weil Ude so charismatisch rüberkommt, fällt seine Häme gegen den politischen Gegner beim Publikum kaum ins Gewicht. Und so spöttelt er munter über die „Kehrtwendungen“ der CSU in Sachen Windkraft und in Bezug auf die Studiengebühren. „Wenn einer sagt, dass er in Bayern in den vergangenen Jahrzehnten benachteiligt wurde, kann das nur von der CSU gewesen sein.“