Für Michael „Michel“ Mathes war es eine außergewöhnliche Rallye Fränkisches Weinland. Und das, obwohl der 30-Jährige bereits zum sechsten Mal daran teilnahm, quasi vor der Haustür. Aber zum ersten Mal saß der Diebacher im Cockpit eines Elektro-Autos . Konkret: in einem Opel Corsa-e Rally. Ein besonderes Erlebnis, daran lässt Mathes keinen Zweifel: „Das war eine Erfahrung, die ich auf keinen Fall missen will. Der Unterschied zum Verbrenner war größer als erwartet, das Fahren macht aber viel Spaß. Vor allem vom Kurven-Speed durch den niedrigen Schwerpunkt des Akkus war ich positiv überrascht.“
Michel Mathes in Aktion
Der Nachteil: Durch den schweren Akku bringt ein E-Auto mehr Gewicht auf die Waage, weshalb der Pilot früher aufs Bremspedal treten muss. Zudem musste in der Rennpause nach halber Strecke in Bad Kissingen an einer Schnelllade-Station Energie „getankt“ werden aufgrund der überschaubaren Reichweite.
Gewöhnungsbedürftig ist zudem der Umstand, dass ein E-Auto nur über einen Gang verfügt. „Das war schon eine Umstellung, aber nach wenigen Kilometern hatte ich den Dreh raus, in welchen Kurven ich wie schnell fahren kann. Beim Beschleunigen aus engen langsamen Kurven hat das E-Auto jedenfalls das deutlich bessere Drehmoment im Vergleich zum Verbrenner“, weiß Mathes.
Auch ein E-Auto lässt sich sportlich bewegen
Erst eineinhalb Wochen vor der Weinland-Rallye stand fest, als einer von zwei Teilnehmern im außerhalb der Wertung fahrenden Elektro-Auto starten zu können, nicht zuletzt dank Sponsoring-Zusagen. Besitzer des E-Corsa ist nämlich die in Plauen ansässige Firma „Schmack Motorsport.
„Wir wollten aus Vereinssicht zeigen, dass es realisierbar ist, ein Elektro-Auto auch bei einer herkömmlichen Rallye an den Start zu bringen, auch wenn der Zusatzaufwand aufgrund der Sicherheits-Auflagen nicht ohne ist. Und um zu zeigen, dass man ein E-Auto sehr wohl sportlich bewegen kann“, sagt Michel Mathes, der im AMSC Hammelburg für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und dem Motorsport auch beruflich verbunden ist mit der in Gräfendorf ansässigen Firma PROTRACK als Arbeitgeber.
Mit dem 136 PS starken Motor fuhr Mathes Spitzengeschwindigkeiten von etwa 150 km/h, die zum Beispiel auf der reinen Asphaltstrecke auf Höhe des Windrads zwischen Sulzthal und Wasserlosen erreicht wurden. Der Gesamtsieger erreichte hier knapp 200 km/h, hatte aber deutlich mehr Pferdestärken unter der Haube angesichts der Obergrenze von 350 PS. Durch ein extra Sound-Modul bekamen die Motorsport-Fans auch von den beiden E-Fahrzeugen einen satten Klang auf die Ohren.
Letztmals als Beifahrer von Michel Mathes fungierte der in Feuerthal lebende und aus Hammelburg stammende Julius Emmert, der den Diebacher mit dem Roadbook auf den Knien und verbalen Ansagen sicher durch die Wertungsprüfungen navigierte.
„Wir haben beide in Hammelburg Abitur gemacht. Das war bei unserer Heim-Rallye ein schöner Abschluss und ich bin ihm zu großem Dank verpflichtet. Rallye-Sport ist immer auch Teamsport. Und ein guter Beifahrer macht 50 Prozent vom Erfolg aus“, würdigte der Diebacher seinen Kumpel. Für ihren Sieg im DMSB-Rallye-Cup im Jahr 2021 war das Duo seinerzeit sogar zur Sport-Mannschaft des Jahres in Hammelburg ausgezeichnet worden.
Der Gesamtsieg ging bei idealen äußeren Bedingungen an Lars Stütz mit Beifahrerin Theresa Feil vom RC Pommes im BMW M3, die vier der sechs Wertungsprüfungen mit einer Gesamtlänge von 35 Kilometern als Zeitschnellste absolviert hatten. „Das ist ein sehr junges Team, das die vielen alten Hasen abgehängt hat“, sagt AMSC-Sprecher Patrick Roider.
Zwei Teilsiege gingen an die zweitplatzierten Rudolf Reindl/Michael Ehrle im Mitsubishi EVO. Den dritten Gesamtplatz belegten Fritz Köhler/Petra Hägele (RC Pommes) in einem weiteren BMW M3. Im Feld der Geschlagenen landete Lokalmatador Sven Hochwimmer (Trimberg) mit Beifahrer Fabian Feustel im Opel Astra GSI. Gerhard Hochwimmer musste aufgrund technischer Probleme seinen Start absagen.
Replika von Rallye-Legende Walter Röhrl
Die Retro-Wertung für Fahrzeuge, die mindestens 20 Jahre alt sind, gewannen Andreas Zuhnemer/Max Buchert im Renault R5 GT Turbo. Das Duo vom MSC Rodenstein kam bis auf 64 Hundertstel an die vorgegebene Sollzeit heran: Maßarbeit.
Für die Traditionalisten der Motorsport-Szene ist diese Klasse ein Augenschmaus. Vor allem der Audi Sport Quattro S1 oder der Opel Ascona 400, jeweils vom DMI Racing Team um Teamchef Walter Münch, sind echte Filetstücke als Replika von Rallye-Legende Walter Röhrl , also Nachbauten bis ins kleinste Detail.
90 Anmeldungen gab es insgesamt, sechs Personen mussten kurzfristig absagen. „Von den Sportkommissaren bekamen wir viel Lob für die sehr gut organisierte und problemlos verlaufene Veranstaltung, die unfall- und verletzungsfrei verlief. Es gab aus dem Fahrerfeld auch keine sportlichen Probleme oder Einsprüche. Viele wollen wiederkommen“, freute sich Patrick Roider.
Um die 250 Helferinnen und Helfer, auch aus benachbarten Vereinen wie dem MSC Sulzthal, der die Wertungsprüfung vor Ort selbst organisierte, hatte der AMSC Hammelburg am bewährten Rallye-Zentrum an der Schwedenberghalle in Elfershausen sowie an den Strecken aufgeboten.
„Ohne diese tolle Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren, vom Roten Kreuz und von den vielen Streckenposten wäre eine Veranstaltung dieser Größenordnung nicht stemmbar. Unser Dank gilt zudem allen Genehmigungsbehörden, den Bürgermeistern sowie Stadt- und Gemeinderäten und nicht zuletzt den Anwohnern für ihr Verständnis“, sagt Patrick Roider.
Hier haben wir eine Bildergalerie der Veranstaltung