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MÜNNERSTADT
Das zweite Leben der Monika Grim
Dicke Krankenakte: Monika Grim blättert in ihren Unterlagen.
Foto: Thomas Malz | Dicke Krankenakte: Monika Grim blättert in ihren Unterlagen.
Von Thomas Malz
 |  aktualisiert: 08.11.2013 20:32 Uhr

Monika Grim nimmt es mit Humor: „Ich habe schön öfter da oben angeklopft, die wollten mich noch nicht.“ Schon mehrfach ist sie dem Tod buchstäblich von der Schippe gesprungen, das erste Mal vor zehn Jahren, als ihre Leber derart kaputt war, dass sie eine neue brauchte. „Wenn nicht in der Nacht die neue Leber gekommen wäre, wäre ich gestorben“, sagt sie. Seither feiert sie zwei Geburtstage im Jahr. Das neue Organ ist inzwischen auch von Zirrhose (Zersetzung) befallen.

Doch Monika Grim hat ihre Lebenslust nicht verloren. „Ich freue mich jeden Tag, wenn ich aufstehen kann.“ Bis Ende des letzten Schuljahres war sie Lehrerin am Münnerstädter Schönborn-Gymnasium. „Ich hätte noch zwei Jahre länger gemacht, aber die wollten mich nicht mehr“, sagt die 65-Jährige. Dabei werde doch immer von der Rente mit 67 gesprochen.

„Ich hätte noch zwei Jahre länger gemacht, aber die wollten mich nicht mehr.“
Monika Grim, ehemalige Lehrerin

Bereits 1971 hatten Ärzte bei ihr Morbus Wilson diagnostiziert, eine rezessive genetische Kupferspeicherkrankheit, durch die Leberzirrhose ausgelöst wird. 30 Jahre später erfuhr sie in der damaligen Heinz-Kalk- Klinik in Bad Kissingen, dass sie auch Hepatitis C hat.

Weil sie Wasser in Beinen und Bauch hatte, ging sie im Mai 2003 erneut in die Klinik. Einen Tag zuvor hatte sie noch die Abiturprüfungen am Gymnasium abgenommen. „Ich dachte, die holen das Wasser mit einer Spritze raus“, erinnert sie sich. Doch die Diagnose war niederschmetternd: Die Leber völlig kaputt, ohne Transplantation würde sie sterben. Am 15. Juni 2003 bekam sie ihre zweite Chance.

Auf der Intensivstation der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf ist sie aufgewacht. Später lag sie im Gang, weil das Zimmer noch nicht fertig war. Ein Mann hat ihr Pralinen geschenkt, kann sie sich erinnern. „Die durfte ich doch gar nicht essen.“ Trotzdem fand sie das richtig nett.

Dann kamen die Rückschläge. Monika Grim wurde von einem heftigen Zittern befallen, die Sprache versagte. „Ich habe alles verstanden, was um mich herum gesagt wurde, konnte aber nichts erwidern.“ Man brachte ihr ein Buchstabenblatt. Doch bei dem heftigen Zittern konnte sie auch nicht auf die Buchstaben zeigen. „Das war grausam.“

Dann wurde es allmählich besser. Monika Grim ist heute noch einem MTA dankbar, der ihr ein Buch gekauft hat. Das Lesen klappte zwar gut, durch das Zittern konnte sie aber die Seiten nicht umblättern. Eine Schwester sagte ihr dann, sie bräuchte sie nur zu rufen, wenn Monika Grim umblättern will. „Sie wusste nicht, wie schnell ich lese, ich konnte doch nicht ständig klingeln.“

Nach der Reha in Bad Neustadt versuchten Ärzte zwei Jahre lang, die Hepatitis C in den Griff zu bekommen, zwei Mal und zwei Mal vergeblich. Das Unvermeidliche: Die neue Leber zersetzt sich erneut.

Damit das Organ nicht abgestoßen wird, muss Monika Grim Medikamente nehmen, die das Immunsystem schwächen. Darauf führt sie eine Salmonellen-Erkrankung zurück, in deren Verlauf sie wieder einmal am Himmelspförtchen klopfte. Aber auch diesmal wollte man sie noch nicht. Ebenso nicht zu Pfingsten dieses Jahres. Da bekam sie eine Gürtelrose, kurz danach wurden innere Blutungen festgestellt. Es war ganz knapp. Den Blutverdünner Marcumar kann sie nun nicht mehr nehmen. Das müsste sie aber, denn ohne könnte sie an einer Thrombose sterben. „Ich habe die Wahl zwischen Teufel und Belzebub“, scherzt sie.

Die Leberzirrhose schreitet langsam voran. Das weiß sie. Dass sie nicht mehr unter Wasser im Bauch leidet, schreibt Monika Grim einem homöopathischen Medikament aus der Mariendistel zu. Eine zweite Transplantation lehnt sie ab. „Es stehen so viele auf der Liste, die sollen ihre Chance haben. Ich habe meine gehabt“, sagt sie. Die Hepatitis C würde bei ihr ohnehin auch das nächste Organ zerstören.

Und wie lange kann man mit einer in Zersetzung befindlichen Leber leben? Monika Grim gibt zu. „Ich habe den Arzt noch nicht gefragt, ich will es gar nicht wissen.“ Genau könne das auch ein Mediziner nicht sagen.

Monika Grim schläft gerne lange. Und sie versucht, jeden Tag etwas zu unternehmen. „Ich freue mich meines Lebens, dass ich noch da bin und Anderen vielleicht auch noch eine kleine Freude machen kann. Jetzt will sie sich wieder im Juliusspital nützlich machen, wo sie vor Jahren den Bibelkreis gegründet hat. Die lebenslustige Frau fotografiert und kocht gerne, mag Malen und Gesellschaftsspiele. Letzteres aber nicht an dem Computer, den sie sich kürzlich gekauft hat. „Sonst geht die ganze Nacht drauf.“ Dass die gebürtige Münchnerin sich einmal in Münnerstadt so wohl fühlen wird, hätte sie nicht gedacht. Das liegt aber vielleicht auch ein bisschen an dem Haus, das sie selbst geplant hat, mit Blick auf den Heidelstein und den Kreuzberg.

Monika Grim

Lebensweg: Monika Grimm wurde am 5. Mai 1948 in München geboren, wo sie auch ihre Kindheit und Schulzeit verbrachte und 1968 das Abitur ablegte. Nach einem Jahr in der Schweiz studierte sie in München und legte 1978 das Erste Staatsexamen für das Lehramt am Gymnasium in katholischer Religionslehre und Deutsch ab. Zwei Jahre später folgte das zweite Staatsexamen in Regensburg. Von 1980 bis 1991 war sie an einer Gesamtschule in Marktoberdorf im Allgäu tätig, legte dann zwei Jahre Pause ein, die sie in Brüssel verbrachte und kam 1993 ans Münnerstädter Schönborn-Gymnasium. Von 1981 bis 1991 war Monika Grim verheiratet.

Krankheiten: 1971 diagnostizierten Ärzte Morbus Wilson. Die Kupferspeicherkrankheit löst Leberzirrhose aus. Am 6. Juli 2001 erfuhr sie, dass sie sich mit Hepatitis C infiziert hat. Vom 5. Juni bis 31. Juli 2003 lag Monika Grim in der Uni-Klinik Hamburg-Eppendorf, wo sie am 15. Juni eine neue Leber erhielt. Wegen einer Salmonellen-Erkrankung musste sie drei Jahre später noch einmal für längere Zeit ins Krankenhaus. Jubiläen: Monika Grim ist heuer 65 Jahre alt geworden, kam vor 20 Jahren nach Münnerstadt und war 20 Jahre am Gymnasium. Außerdem ist sie seit 15 Jahren Rhönklub-Mitglied und hatte vor zehn Jahren ihre Lebertransplantation.

Vereinstätigkeit: Sie ist seit 15 Jahren im Rhönklub-Zweigverein Münnerstadt aktiv, seit geraumer Zeit im Vorstand als Kulturwartin. Außerdem ist sie Mitglied bei den Museumsfreunden und der Kolpingsfamilie. Seit 1996 ist Monika Grim Präsidentin des Partnerschaftskomitees Stenay – Münnerstadt.

 
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