Münnerstadt
Das wird man wohl noch sagen können!
Anlässlich der Luther-Ausstellung in Münnerstadt haben die Litera(n)ten die Luther-Lebensjahre abgetastet und Verhältnisse unserer Tage wiedergefunden.
Es gibt Länder, da sind solche Veranstaltungen verboten. Sie heißen Erdoganien, Putistan oder Iranien. Ob Trumpstonien bald dazu stößt wird sich weisen. Auf jeden Fall werden dort Strömungen, die der Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse dienen sollen, mit größtem Argwohn betrachtet. Religionspolizei und Geheimdienste sind hellwach, wenn sich Menschen in Kellern versammeln, um sich an den Irritationen von Macht und Religion zu ergötzen.
Die Litera(n)ten, wie sich das Vorlesetrio Bärbel Fürst, Bernd Sieg und Jens Müller-Rastede nennt, tastet die Revolution - die keine sein sollte - der Luther- Lebensjahre des frühen 16. Jahrhunderts ab und findet sich mitten in politisch-sozialen und vor allem religionsgeschwängerten Verhältnissen unserer Tage wieder. Hat sich wirklich nichts geändert? Gehen die Generationen seit jeher einen Schritt vorwärts und zwei zurück, oder spüren wir Zuversicht, weil es zwei Schritte vorwärts und nur einer rückwärtig ist?
Die intensiven Stunden der Lesung anlässlich der Luther-Ausstellung in Münnerstadt gaben im voll besetzten Kultur-Restaurant Deutschherrnkeller natürlich keine Antwort, schon gar keine Anleitung. Sie vermittelten aber ein Gefühl, auf der richtigen Seite zu sitzen.
"Wenn du geredet hättest, Desdemona" von der großen Schriftstellerin Christine Brückner (1921- 1966) beschreibt ungehaltene Tischreden auch von Katharina von Bora, der Ehefrau Luthers. Darin spießt Käthe mit sarkastischer Offenheit die Rolle, die ihr Ehemann, Prediger, Wissenschaftler, Direktor und Revoluzzer in der Familie einnimmt, auf: ein Machtmensch, der schon Familienvater sein möchte, doch die Niederungen eines täglichen Lebenskampfes gerne seiner Frau überlässt, die andererseits zwar die Seelenverwandtschaft mit ihrem "Morgenstern" Martinus genießt, ihn aber daran erinnert, dass in ihrer WG täglich 40 bis 50 Mäuler zu stopfen seien. Da bleibt es nicht aus, dass das Glaubensbekenntnis mitunter eigensinnig interpretiert wird: "... meinen täglichen guten Willen gib mir heute!"
Sabine Häring und Detlev Beck, die "Liedertanten", fanden deftige und humorige alte Volksweisen als Ergänzung zum Gesprochenen.
Erasmus von Rotterdam (1466-1536) war ein niederländischer Humanist, Theologe, Priester, Augustiner-Chorherr, Philologe und verfasste viele Bücher. Bärbel Fürst, bei den Litera(n)ten für die Texte zuständig, fand in einer der Schriften einen bösartige Dialog zwischen dem verstorbenen Papst Julius II. und Petrus. Interessanterweise wurde der Text 1513, dem Todesjahr des Papstes, der den Ehrentitel "Der Schreckliche" trug, veröffentlicht, also vier Jahre vor Luthers Thesenanschlag in Wittenberg. Erasmus von Rotterdam prangerte schon damals das feudale und unmoralische System des Vatikans an. Im Dialog über den verwehrten Einlass des Papstes in den Himmel durch Petrus prallen die Gegensätze von Staatskirche und individueller Glaubensstärke aufeinander. Müller-Rastede als Julius II und Sieg als Petrus gaben ein spannendes Bild von Macht, Demütigung und unbeugsamem Willen ab. Eine treffende Theatereinlage der drei, weil Profi Müller-Rastede gekonnt spielte und Sieg sich in der stoischen Rolle des Petrus selbst wieder gefunden hatte.
Als zweiten Schwerpunkt lasen die Litera(n)ten Szenen aus dem Schaupiel: "Martin Luther & Thomas Münzer oder die Einführung der Buchhaltung" vor. Die Akteure waren in der Hauptsache einmal der im 16. Jahrhundert reichste Mann der Welt, Jakob Fugger, sowie Markgraf von Brandenburg, der gerne Bischof von Mainz werden möchte, oder der Kurfürst Friedrich, der in seinem Sachsen gerne selbst Kasse mit dem Ablass machen möchte. Ablass-Verkaufsprofi Tetzel soll gefälligst in anderen Regionen des geografischen Länderfleckenteppichs die Kohle für Papst und Fürsten reinholen. Dabei stellt sich die Frage, wie man sich des Mönches Martin Luther entledigen könne. Jakob Fugger sind solche strategischen Spiele ziemlich egal, er verdient immer. An jeder Inthronisierung von A- bis C-Klassen-Adeligen, bei Kriegen an beiden Kontrahenten, an der Kreditlinie, welche die Päpste in Anspruch nehmen. Wie in der Globalisierung beherrscht die Wirtschaft die Politik. Und wenn es unbeherrscht wird, gibt's Krieg. Das wird man wohl noch sagen dürfen!
Bärbel Fürst, Jens-Müller Rastede und Bernd Sieg, die Litera(n)ten, haben es getan und mit den Liedertanten Sabine Häring und Detlev Beck dem Ganzen die Krone aufgesetzt: Sie singen das Freiheitslied der Revolution von 1848, und das Publikum stimmt bei allen fünf Strophen voller Dankbarkeit mit ein. "Die Gedanken sind frei!"
Die Litera(n)ten, wie sich das Vorlesetrio Bärbel Fürst, Bernd Sieg und Jens Müller-Rastede nennt, tastet die Revolution - die keine sein sollte - der Luther- Lebensjahre des frühen 16. Jahrhunderts ab und findet sich mitten in politisch-sozialen und vor allem religionsgeschwängerten Verhältnissen unserer Tage wieder. Hat sich wirklich nichts geändert? Gehen die Generationen seit jeher einen Schritt vorwärts und zwei zurück, oder spüren wir Zuversicht, weil es zwei Schritte vorwärts und nur einer rückwärtig ist?
Die intensiven Stunden der Lesung anlässlich der Luther-Ausstellung in Münnerstadt gaben im voll besetzten Kultur-Restaurant Deutschherrnkeller natürlich keine Antwort, schon gar keine Anleitung. Sie vermittelten aber ein Gefühl, auf der richtigen Seite zu sitzen.
"Wenn du geredet hättest, Desdemona" von der großen Schriftstellerin Christine Brückner (1921- 1966) beschreibt ungehaltene Tischreden auch von Katharina von Bora, der Ehefrau Luthers. Darin spießt Käthe mit sarkastischer Offenheit die Rolle, die ihr Ehemann, Prediger, Wissenschaftler, Direktor und Revoluzzer in der Familie einnimmt, auf: ein Machtmensch, der schon Familienvater sein möchte, doch die Niederungen eines täglichen Lebenskampfes gerne seiner Frau überlässt, die andererseits zwar die Seelenverwandtschaft mit ihrem "Morgenstern" Martinus genießt, ihn aber daran erinnert, dass in ihrer WG täglich 40 bis 50 Mäuler zu stopfen seien. Da bleibt es nicht aus, dass das Glaubensbekenntnis mitunter eigensinnig interpretiert wird: "... meinen täglichen guten Willen gib mir heute!"
Sabine Häring und Detlev Beck, die "Liedertanten", fanden deftige und humorige alte Volksweisen als Ergänzung zum Gesprochenen.
Erasmus von Rotterdam (1466-1536) war ein niederländischer Humanist, Theologe, Priester, Augustiner-Chorherr, Philologe und verfasste viele Bücher. Bärbel Fürst, bei den Litera(n)ten für die Texte zuständig, fand in einer der Schriften einen bösartige Dialog zwischen dem verstorbenen Papst Julius II. und Petrus. Interessanterweise wurde der Text 1513, dem Todesjahr des Papstes, der den Ehrentitel "Der Schreckliche" trug, veröffentlicht, also vier Jahre vor Luthers Thesenanschlag in Wittenberg. Erasmus von Rotterdam prangerte schon damals das feudale und unmoralische System des Vatikans an. Im Dialog über den verwehrten Einlass des Papstes in den Himmel durch Petrus prallen die Gegensätze von Staatskirche und individueller Glaubensstärke aufeinander. Müller-Rastede als Julius II und Sieg als Petrus gaben ein spannendes Bild von Macht, Demütigung und unbeugsamem Willen ab. Eine treffende Theatereinlage der drei, weil Profi Müller-Rastede gekonnt spielte und Sieg sich in der stoischen Rolle des Petrus selbst wieder gefunden hatte.
Als zweiten Schwerpunkt lasen die Litera(n)ten Szenen aus dem Schaupiel: "Martin Luther & Thomas Münzer oder die Einführung der Buchhaltung" vor. Die Akteure waren in der Hauptsache einmal der im 16. Jahrhundert reichste Mann der Welt, Jakob Fugger, sowie Markgraf von Brandenburg, der gerne Bischof von Mainz werden möchte, oder der Kurfürst Friedrich, der in seinem Sachsen gerne selbst Kasse mit dem Ablass machen möchte. Ablass-Verkaufsprofi Tetzel soll gefälligst in anderen Regionen des geografischen Länderfleckenteppichs die Kohle für Papst und Fürsten reinholen. Dabei stellt sich die Frage, wie man sich des Mönches Martin Luther entledigen könne. Jakob Fugger sind solche strategischen Spiele ziemlich egal, er verdient immer. An jeder Inthronisierung von A- bis C-Klassen-Adeligen, bei Kriegen an beiden Kontrahenten, an der Kreditlinie, welche die Päpste in Anspruch nehmen. Wie in der Globalisierung beherrscht die Wirtschaft die Politik. Und wenn es unbeherrscht wird, gibt's Krieg. Das wird man wohl noch sagen dürfen!
Bärbel Fürst, Jens-Müller Rastede und Bernd Sieg, die Litera(n)ten, haben es getan und mit den Liedertanten Sabine Häring und Detlev Beck dem Ganzen die Krone aufgesetzt: Sie singen das Freiheitslied der Revolution von 1848, und das Publikum stimmt bei allen fünf Strophen voller Dankbarkeit mit ein. "Die Gedanken sind frei!"
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