Der Artikel im Überblick
Zu den Antworten von:
Dr. Reinhard Schaupp, Vorsitzender der Europa-Union Bayern in Unterfranken
Dirk Vogel (SPD), Oberbürgermeister Stadt Bad Kissingen
Ana Maria Benevides Werner, Vorsitzende des Integrationsbeirats der Stadt Bad Kissingen
Mario Götz (CSU), Bürgermeister Markt Oberthulba
Larissa Renninger (Bürger für Umwelt), Stadträtin in Bad Kissingen
Thomas Bold (CSU), Landrat Bad Kissingen
Jan Marberg (SPD), Bürgermeister Bad Brückenau
Dr. Reinhard Schaupp, Vorsitzender der Europa-Union Bayern in Unterfranken (Jahrgang 1955)
Was verbinden Sie mit dem Grundgesetz?
Ich muss an die vier Frauen und 61 Männer denken, die das Grundgesetz als Antwort auf die Nazidiktatur im Parlamentarischen Rat ausgearbeitet haben. Die Menschen waren nach dem Krieg stark davon geprägt, dass die Grundrechte sicherer vor Missbrauch geschützt sein müssen. Die Menschenwürde und die Menschenrechte erfahren eine stärkere verfassungsrechtliche Gewichtung, die föderale Staatsorganisation bedeuten mehr Dezentralisierung und Demokratisierung im Vergleich zu Weimar. Die Mütter und Väter waren geprägt von einem Misstrauen gegenüber dem Volk und verzichteten deshalb auf plebiszitäre Elemente. Es ist eine geglückte Verfassung in ziemlich glücklichen Zeiten.
Haben Sie einen Lieblingsartikel im Grundgesetz? Falls ja: Um welchen handelt es sich und warum?
Artikel 3 ist mir ganz wichtig: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Ist das Grundgesetz in Gefahr?
Es gibt Situationen, in denen das Grundgesetz in Gefahr geraten könnte. Es ist nicht komplett geschützt vor Missbrauch. Weltweit sind Populisten und Autokraten auf dem Vormarsch und sie bedienen sich der demokratischen Mittel, um beispielsweies die Pressefreiheit oder die Unabhängigkeit der Justiz auszuschalten. Ohne zivilgesellschaftliches Engagement ist diese Freiheit nicht gesichert. Auch die Rolle des Bundesverfassungsgerichts könnte durch Ergänzungen des Grundgesetzes vor missbräuchlichen Veränderungen stärker geschützt werden
Dirk Vogel (SPD), Oberbürgermeister Bad Kissingen (Jahrgang 1977)
Was verbinden Sie mit dem Grundgesetz?
Wohltuend klare Formulierungen, die einem in unterschiedlichen Stadien des schulischen, akademischen und beruflichen Lebens immer wieder begegnen.
Haben Sie einen Lieblingsartikel im Grundgesetz? Falls ja: Um welchen handelt es sich und warum?
Nein. Das Grundgesetz definiert und erläutert so viele grundlegende und gleichberechtigte Prinzipien des Zusammenlebens, wie der Demokratie, des Rechtsstaats oder der Meinungsfreiheit, die nicht allein, sondern nur zusammen und gleichberechtigt wirken können.
Ist das Grundgesetz heutzutage in Gefahr?
Gefahr ist mir zu viel, aber es steht unter Druck. Die Gesellschaft ist im Wandel und das geht am Recht nicht spurlos vorbei. Wenn ich mir allein ansehe, wie in manchen Diskussionen in den sozialen Medien grundlegende Prinzipien des Staats weder gekannt noch akzeptiert werden, wird es schwierig. Deswegen brauchen wir einen Staat, der auf der einen Seite die Grundlagen des Zusammenlebens schafft. Aber dann auch Grenzen aufzeigt, wenn jemand versucht diese zu beseitigen – das Grundgesetz bietet dafür einige Möglichkeiten. Man muss sie nur anwenden.
Ana Maria Benevides Werner, Vorsitzende des Integrationsbeirats der Stadt Bad Kissingen, doppelte Staatsangehörigkeit (Deutsch/Brasilianisch)
Was verbinden Sie mit dem Grundgesetz?
Mein erster Bezug ist Freiheit, Demokratie und Meinungsfreiheit. Und auch Respekt. Alle Menschen sind gleich, egal welche Weltanschauung oder Religion sie haben.
Haben Sie einen Lieblingsartikel im Grundgesetz? Falls ja: Um welchen handelt es sich und warum?
Ich finde die Freiheit der Religion und die Gleichheit von Frauen und Männer sehr wichtig. Gerade bei der sexuellen Orientierung haben wir sehr viele Probleme auch in Deutschland. Es wird nicht alles respektiert. Dabei bedeutet Demokratie, die Unterschiede zu respektieren.
Ist das Grundgesetz in Gefahr?
Das Grundgesetz ist auf jeden Fall in Gefahr. Rechte Gruppierungen sind eine Gefahr für die migrantische Bevölkerung. Das ist ein großes Problem, wenn wir nicht mehr sicher sind. Das Grundgesetz sollte man schützen, sonst ist unser schönes Deutschland nicht mehr so sicher für uns Migranten. Auch für die Presse wird es schwieriger. Und das ist eine große Gefahr für die Demokratie, wenn man anfängt, die Meinungsfreiheit zu begrenzen.
Mario Götz (CSU), Bürgermeister Markt Oberthulba (Jahrgang 1980)
Was verbinden Sie mit dem Grundgesetz?
„Das Grundgesetz ist die Grundlage unserer menschenwürdigen und freiheitlichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Der 75. Jahrestag zeigt, dass unser Grundgesetz mit seinen Grundrechten für alle Bürgerinnen und Bürger und die Staatsorganisation eine der stabilsten Verfassungen weltweit ist. Ich bin froh und dankbar, dass ich hier leben darf. „
Haben Sie einen Lieblingsartikel im Grundgesetz? Falls ja: Um welchen handelt es sich und warum?
„Das Gesetz als Ganzes ist eine sehr gute Basis für unser Staatswesen und unser Zusammenleben. Die Grundrechte der Artikel 1 bis 19 sind für mich die bedeutsamsten. Aus kommunalpolitischer Sicht ist der Artikel 28, die kommunale Selbstverwaltung, und damit verbunden das Subsidiaritätsprinzip, ein ganz wesentliches Element unserer Demokratie und damit der Selbstbestimmung der Kommunen. „
Ist das Grundgesetz in Gefahr?
„Trotz aller aktuellen Herausforderungen und Veränderungen in unserer Gesellschaft, bin ich der festen Überzeugung, dass unser Grundgesetz auch in Zukunft von einer sehr großen Mehrheit der Menschen in Deutschland mit Stolz und Dankbarkeit getragen wird."
Larissa Renninger (Bürger für Umwelt), Stadträtin in Bad Kissingen (Jahrgang 1992)
Was verbinden Sie mit dem Grundgesetz?
Mein erster Gedanke ist: Die Würde des Menschen ist unantastbar und dass die Grundrechte von Artikel 1 bis Artikel 20 unveränderbar sind. Hier ist wichtig, dass alle Macht vom Volk ausgeht. Alle weitere Gesetzgebung muss sich dem unterordnen, sonst wäre der Sinn der Grundrechte weg. Andernfalls könnte man sie mit anderen Gesetzen durch einfache Mehrheiten untergraben
Haben Sie einen Lieblingsartikel im Grundgesetz? Falls ja: Um welchen handelt es sich und warum?
Artikel 20: Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Gerade das Thema sozialer Staat sagt ganz viel aus und die Menschen profitieren direkt davon. Das ist auch ein Grund, warum ich in Elternzeit gehen kann.
Ist das Grundgesetz in Gefahr?
Das Grundgesetz ist nicht in Gefahr. Aber ich finde wichtig zu sagen: Im Grundgesetz steht es zwar nicht direkt geschrieben, aber man kann zwischen den Zeilen lesen, dass die Bürger die Pflicht haben, sich zu beteiligen. Diese Beteiligung könnte gerne noch mehr werden.
Thomas Bold(CSU), Landrat Bad Kissingen (1961)
Was verbinden Sie mit dem Grundgesetz?
Für mich persönlich ist das Grundgesetz die Garantie dafür, dass wir eine stabile Demokratie in Deutschland entwickeln konnten. Den Vätern des Grundgesetzes ist damit etwas richtig Gutes gelungen, obwohl es ja erstmal nur als Provisorium gedacht war. Aber oft sind Provisorien am besten. Darüber hinaus freut es mich besonders, dass sich hochrangige Politiker im April 1948 in Bad Brückenau getroffen haben – Stichwort: Ellwanger Kreis – um dort wesentliche Elemente des Grundgesetzes zu formulieren. Dort ist auch erstmals der Name „Bundesrepublik Deutschland“ gefallen.
Haben Sie einen Lieblingsartikel im Grundgesetz? Falls ja: Um welchen handelt es sich und warum?
Artikel 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Alles Weitere ordnet sich diesem Grundsatz unter, denn er ist die zentrale Aussage. Sie steht für mich persönlich im Mittelpunkt meines Handelns und muss auch Kern des politischen Handelns sein.
Ist das Grundgesetz in Gefahr?
Ich sehe das Grundgesetz nicht in Gefahr. Es ist eine der besten Verfassungen weltweit. Jede einzelne Person muss sich im Klaren sein, dass die Demokratie verteidigt werden muss und von Beteiligung lebt. Es gibt ein Bewusstsein in unserem Land, dass die Demokratie einen hohen Stellenwert hat. Und es ist gut, dass die Menschen sich seit Anfang des Jahres für die Demokratie positionieren. Das zeigt, dass unsere Demokratie lebhaft und wehrhaft ist.
Jan Marberg (SPD), Bürgermeister Bad Brückenau (Jahrgang 1988)
Was verbinden Sie mit dem Grundgesetz?
Wir sind in Bad Brückenau stolz darauf, unseren Teil zur Entstehung des Grundgesetzes beigetragen zu haben. Es gehört zur Geschichte unserer Verfassung, dass der Ellwanger Kreis am 13. April 1948 in Bad Brückenau getagt hat. Hier wurden viele Verfassungsfragen diskutiert, die dann teilweise in den Gesetzestext eingeflossen sind.
Haben Sie einen Lieblingsartikel im Grundgesetz? Falls ja: Um welchen handelt es sich und warum?
Dabei müssen zwei Artikel definitiv hervorgehoben werden: Artikel 1 zur Würde des Menschen und Artikel 20: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Die Gewaltenteilung, dien zudem in Artikel 20 zur Sprache kommt, hat Vorbildcharakter auch für andere Länder.
Ist das Grundgesetz in Gefahr?
Das Gesetz an sich nicht in Gefahr. Aber es gibt Versuche von Rechts, Interpretationen salonfähig zu machen, um die Grundrechte für Menschen mit anderer Herkunft oder sexueller Orientierung einzuschränken. Hier werden Sprache und Gesetzesinterpretationen schleichend vergiftet und als neue Normalität gesetzt. Dabei ist klar: Die Würde des Menschen gilt für alle Menschen im Land. Sie gilt nicht nur für Deutsche.
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