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Bad Kissingen
Open-Air in Aschach: Schlager trifft Rigoletto
Warum das Open-Air-Konzert der Blechbläser mit Sopranistin im Schloss Aschach ein perfekter Einstieg in die Welt klassischer Musik ist.
Sua Jo und das Blechbläserquintett des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin bezauberten in Aschach.       -  Sua Jo und das Blechbläserquintett des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin bezauberten in Aschach.
Foto: Werner Vogel | Sua Jo und das Blechbläserquintett des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin bezauberten in Aschach.
Werner P. Vogel
 |  aktualisiert: 26.08.2024 13:05 Uhr

AschachNur ein paar Schritte vom Saaleufer entfernt lockt der Kissinger Sommer zum klangvollen Spaziergang hinauf ins Schloss Aschach, zu „An den Ufern des Tiber“ wie das Konzertprogramm überschrieben ist. „La Dolce Vita“ also im Schlosspark. Ohne Frackzwang, große Robe braucht’s auch nicht, in der Pause mit einem Secco promenieren und tolle Musik genießen. So gewinnt man auch ein jüngeres Publikum für die Klassik.

Und wenn das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin für drei Konzerte schon mal hier ist, verpflichtet deren ehemaliger Orchesterchef Alexander Steinbeis auch das Blechbläserquintett des DSO für das Open-Air-Konzert . Ein Volltreffer, denn da paart sich Leidenschaft für Musik mit dem Mut, ausgetretene Pfade zu ver- und sich auf Neues einzulassen.

Hochprofessionelles Mix

Hochprofessionell gestalten sie einen Mix aus Klassik, Schlager und moderner Musik zu nachhaltigem Erlebnis und haben mit Bernhard Plagg einen Moderator, der diesen Mix auch noch launig anpreist.

Der Trompeter erinnert dabei an Bob Ross , Hornist der Münchner Philharmoniker und schlitzohriger Dirigent von „Blechschaden“, den Bad Kissingen schon öfter erlebte. Nur schlägt Plagg eine feinere Klinge als der Schotte, sind seine Einlassungen hintergründiger, wenn er zum Beispiel sein Ensemble als „Kammerorchester ohne störende Streicher“ vorstellt.

Ein warmes Fundament

Und so beginnen die zwei Trompeten, Horn, Posaune und Tuba mit Monteverdi und man vermisst tatsächlich die Streicher nicht, der Toccata gibt die Tuba von Johannes Lipp ein warmes Fundament. Ein erstes Ausrufezeichen und dann haben die Berliner ja auch noch eine „ihrer“ Sopranistinnen mitgebracht. Die bezaubernde Koreanerin Sua Jo, die unter anderem in der „Zauberflöte“, „La Bohème“ und „Rheingold“ in Berlin und weltweit auf der Bühne steht.

Weltbekannte Arien und schräge Töne

Sie hat frühe Musik aus dem 17. Jahrhundert mitgebracht und singt beseelt, „Su le sponde del Tebro“ von Alessandro Scarlatti so mühelos, als fielen die Töne ganz leicht von oben herab. Ganz eindringlich weiß die aparte Sängerin auch die Partie der Almirena zu gestalten, die um ihren Kreuzritter Rinaldo aus der gleichnamigen Händel Oper bangt. Mit dieser Partie hat sie zuletzt in London geglänzt.

Tomaso Albinonis „Concerto San Marco“ klingt auch in der Bläserformation eindrucksvoll. Besonders der dunkle Charakter des Grave im ersten Satz klingt zurückgenommen, ganz innig. Die sizilianische Vesper kommt dann flott und schmissig daher und nach der Pause überzeugen auch die gewollt schrägen Töne des 2003 verstorbenen Luciano Berio.

Dialog zwischen Sängerin und Bläsern

Klang ist angesagt, Melodie eher weniger, aber das tut keinen Abbruch, weil gegen Ende zu erleben ist, wie hauchzart zwei Trompeten klingen können und wer hätte gedacht, dass Lehars „Meine Lippen, die küssen so heiß“ zum Dialog zwischen Sängerin und den Bläsern wird. Mit funkelnden Augen verlangt Sua Jo, das Tempo nach dem feurigen Tarantella-Zwischenspiel nicht zu übertreiben, und lächelt wieder, wenn sie die heißen Küsse dem Geliebten dann doch innig und mit Schmelz aufdrücken kann.

Welthit zum Mitsummen

„Volare“, den Welthit von Domenico Modugno, den alle, von Louis Armstrong über Frank Sinatra bis Peter Alexander gesungen haben und den jeder mitsummen kann, singt Sua Jo ganz leicht und holt sich rauschenden Beifall ab. Und dann versprechen die Bläser, sich nochmals richtig ins Zeug zu legen, um „unsere Gilda“ aus Rigoletto auch ohne Streicher, dafür mit Jazz-, Rag- und Soul-Einlagen „wie auf Händen zu tragen“. Die weltbekannte Verdi-Arie wird in dieser mitreißenden Fassung des 2003 verstorbenen Luther Henderson dann zum Höhepunkt des Abends. Sua Jo streitet, klagt an, fleht, verzweifelt mit großer Intensität. 


Vor der Zugabe legt Bernhard Plagg seine Trompete zur Seite und dankt den Organisatoren des Kissinger Sommers im Namen der Künstler für den Willen, die Kultur zu unterstützen, und verabschiedet sich von dem „wunderbaren Festival an diesem wunderbaren Ort“ mit „Time to say Goodbye“ und das berührt fast so wie damals bei Henry Maskes letztem Kampf.

 

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