
Allmählich nähert sich das Heimatspiel „Die Schutzfrau von Münnerstadt “ dem großen Jubiläum. In vier Jahren wird das fränkische Spiel um die wundersame Errettung Münnerstadts vor den Schweden 100 Jahre alt werden. In all dieser Zeit gab es natürlich Höhen und Tiefen.
1927 uraufgeführt, stellten die Verantwortlichen der Heimatspielgemeinde den Spielbetrieb nach Machtergreifung der Nationalsozialisten freiwillig ein, obwohl das Spiel von den neuen Machthabern als unbedenklich eingestuft worden war. Nach dem Krieg ging es weiter, bei der Jahreshauptversammlung im Januar 1973 allerdings ging es ums Ganze. Die Saison zuvor war sehr schlecht gelaufen. Das wirkte sich sehr negativ auf den Kassenstand aus.
Sein oder Nichtsein
„Noch nie musste sich die Heimatspielgemeinde mit so vielen Problemen beschäftigen. Dabei geht es um das Sein und Nichtsein des fränkischen Heimatspiels“, hieß es damals in einem Bericht über die Versammlung. Der Vorsitzende der Heimatspielgemeinde, Alfred Neumann , stellte dabei fest, dass von drei geplanten Aufführungen im Sommer zuvor lediglich die zweite zum Schutzengelfest von Erfolg gekrönt war. Die erste litt unter der schlechten Witterung, die dritte fiel – kaum begonnen – buchstäblich ins Wasser.
Dementsprechend sahen die Einnahmen aus. „Bedenkt man, dass ein Heimatspieltag, selbst wenn die Aufführung einmal ausfallen muss, rund 1700 DM Kosten verursacht, kann man verstehen, dass das Heimatspiel mit einem finanziellen Rückgrat steht und fällt“, hieß es damals. Die Ausgaben betrugen das Doppelte der Einnahmen.
Zuschuss rettete vor roten Zahlen
Nur den Rücklagen und einem Bundeszuschuss in Höhe von 2500 DM war es zu verdanken, dass die Bilanz nicht in den roten Zahlen abschloss. Das Geld reichte gerade noch aus, um die nächste Saison zu bewerben. Aber das Finanzielle war nur die eine negative Seite.
„Noch schwerwiegender ist, dass viele Münnerstädter nicht bereit sind, beim Heimatspiel mitzuwirken“, war damals zu lesen. Laut Alfred Neumann fehlte es nicht nur der Jugend an Verständnis, sondern auch den Erwachsenen. Gerade bei der Schnittergruppe, die beim Spiel den größten Effekt ausübe, wirke sich das Fehlen einiger Paare und älterer Jugendlichen aus.
Gewichtiges Wort
Zur Diskussion stand damals auch, ob die bei der Aufführung 1972 erstmals wieder eingeführte zweite Marienerscheinung bleiben soll. Darüber sollte ein eigens gebildetes Gremium entscheiden. Einige Jahre zuvor war Bundespräsident Heinrich Lübke zu Gast gewesen und hatte leichte Kritik geäußert. Er hielt die zweite Marienerscheinung für etwas unglaubhaft – und prompt wurde die Szene von den Verantwortlichen gestrichen. Das Gremium kam später zu dem Schluss, es bei der zweiten Erscheinung zu belassen. So ist es bis heute geblieben.
Mit 1335 Besuchern hatte das Heimatspiel einen Tiefstand erreicht. In zehn Jahren sei es tot, wenn es nicht den Gegebenheiten angepasst werde, erklärte der damalige Dramaturg, Veit W. Jerger. Ähnlich sah es Bruno Eckert, der damals den Michel Stapf spielte. Er hatte schriftliche Vorschläge verfasst, wie das Heimatspiel transparenter werden könnte. „Er stellt die Überlegung an ob man neben dem Spiel dem Bürger noch ein Schaubedürfnis bieten könne, ähnlich wie es bei dem Spiel zur 1200-Jahrfeier war“, hieß es damals. Kurz darauf übernahm Bruno Eckert selbst den Vorsitz der Heimatspielgemeinde und führte sie 45 Jahre lang.
Mehr Besucher locken
Kassier Max Klemm stellte 1973 die Frage, wie es nach der negativen Zahlenbilanz des Spieljahres weitergehen solle. Ein weiteres Verlustjahr könne sich die Heimatspielgemeinde nicht mehr leisten. Man sollte versuchen, den Bundeszuschuss zu erhöhen und mehr Besucher nach Münnerstadt zu locken.
Obwohl es nicht gut stand um die Finanzen, sollten die Heimatspieler doch einen kleinen Dank erhalten. Für einen Ausflug reichte das Geld nicht aus, so einigte man sich auf einem gemütlichen Abend im Deutschherrnkeller.
Vorschlag begeistert aufgenommen
Der damalige Bürgermeister Ferdinand Betzer regte unter anderem an, ob es nicht sinnvoll wäre zur Kulturwoche die Solisten zu einer weiteren Theateraufführung zusammenzuführen, die dann mit eigenen Kräften ein Stück als kulturellen Beitrag der Stadt leisten. Dieser Vorschlag wurde von den Solisten positiv aufgefasst, die sich spontan bereiterklärten, vielleicht im nächsten Jahr mit einem heiteren Spiel aufzutreten.
Alfred Neumann nannte abschließend den mit Problemen angefüllten Abend als eine heilsame Unruhe. Man müsse sich für das Heimatspiel wieder begeistern lassen und es erhalten und weitertragen.
In der darauffolgenden Saison spielte das Wetter dann übrigens voll mit, aller drei Aufführungen fanden statt. Damit hatte sich das finanzielle Problem erst einmal wieder erledigt. Bis heute gibt es im Sommer drei Aufführungen des Heimatspiels.
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