
Das Textilkaufhaus Ortloff, das heuer seinen 130. Geburtstag feiert, ist wohl das einzige seiner Art, das in der Saalestadt noch existiert und sich zudem im Familienbesitz befindet. Das ganz seltene Ereignis feierte Besitzerin Gitti Reidelbach und ihr Team mit einer Jubiläumswoche mit Rabattkampagne von 13 Prozent - für jedes Jahrzehnt ein Prozent weniger auf den Einkauf.
Die Chronik schreibt das Jahr 1884, als die Gründerin Maria Hohmann das Weiß- und Wollwarengeschäft in der Kissinger Straße eröffnete. Zwar nicht am heutigen Ort, doch in unmittelbarer Nähe gegenüber im so genannten „Löhmerhaus“. Von der Besitzerin an ihre Tochter Franziska vererbt, wanderte das Geschäft auf die andere Straßenseite in größere Räume und dem Sitz, das es heute noch hat.
Hüte waren gefragt
Hier konnte das Angebot expandieren. Vor allem waren es Hüte, die den Verkauf forcierten, denn seinerzeit hieß es: „Wer was auf sich hält, trägt einen Hut“. „Putzwerk“ (Damenhüte) war der Lehrberuf der Tochter der Besitzerin, Maria Seufert, die 1928 ihre Gesellenprüfung ablegte. Maria führte gemeinsam mit ihrer Schwester Else Reidelbach das Geschäft durch die Wirren der Kriegsjahre.
Witwen retteten das Unternehmen
Die schweren Zeiten waren jedoch mit dem Kriegsende nicht vorbei. Mit vier Kindern auf sich alleine gestellt, retteten die beiden Witwen das Unternehmen, bis 1951 Michael Reidelbach in die Familie einheiratete. In den frühen 50er Jahren wurde das Haus komplett umgebaut und aufgestockt. Das gesamte Sortiment, einschließlich der Hüte, konnte in zwei Etagen und auf 450 Quadratmeter Fläche präsentiert werden. Doch dies war nicht die letzte Veränderung, denn 1993 gingen die Besitzer, Gitti und ihr Vater Michael Reidelbach, einen weiteren, großen Umbau an. Die Inneneinrichtung wurde innerhalb eines halben Jahres erneuert und durch den Zukauf des Nachbarhauses vergrößerte sich die Verkaufsfläche um 120 Quadratmeter.
Persönliche Beratung ist gefragt
Das Erfolgsrezept, familiärer Zusammenhalt gepaart mit einem ausgeprägten Teamgeist sowie ein breitgefächertes Sortiment vor Ort, ist auch heute noch Garant und Grundlage für Beliebtheit und Akzeptanz des Textilien-Fachhauses. Gitti Reidelbach, einer der ersten Mitglieder im Verein Wirtschaft und Stadtmarketing (VWS), verzichtet auf Internet-Verkauf. Ihr erfahrenes Personal steht den Kundinnen und Kunden teils jahrzehntelang zur Verfügung. Beständigkeit und persönliche Beratung sind immer noch gefragt.
Dazu kommen Werbekampagnen wie die beliebten Haus-Modenschauen mit aktuellen Kollektionen. Zum Jubiläum gratulierte auch VWS-Vorsitzender Sebastian Hose mit einem Lob. Am 3. Dezember gibt es bei Ortloff noch einmal 13 Prozent auf alles.
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In der Kissinger Straße 23 (alte Hausnr. 326) wohnte im frühen 20. Jh. der jüdische Lederhändler Simon Oppenheimer mit seiner Frau Babette, geb. Mondschein.
Simon Oppenheimer wurde 1852 in Westheim geboren. Um 1878 liess er sich in Hammelburg am Marktplatz 4 (heute 14) nieder.
Simon und Babette Oppenheimer hatten drei Kinder: Adolf (geb. 1878), Selma (geb. 1880) und Arthur (geb. 1886). Beide Söhne waren Schüler und Absolventen der Königl. Lateinschule in Hammelburg.
Am 13.01.1898 verlieh der Stadtrat dem 19-jährigen Adolf Oppenheimer das Bürgerrecht in Hammelburg. Nach 1907 zogen die Eltern in das Haus 326 (Kissinger Strasse 23).
Quelle: Stadtarchiv Hammelburg, Stöckner Karl, Fundmaterialien von einstmaligen jüdischen Bürgern Hammelburgs, Seite 52, 59,88.
Adolf Oppenheimer, der Apotheker in Wiesbaden war, wurde 1938 im Alter von 49 Jahren im KZ Buchenwald ermordet (Quelle: Bundesarchiv Berlin).