
Von Pat Christ
Bei Joachim Schmitt finden Grundeln, Garnelen und Anemonen kleine Oasen. Zehn Aquarien beherbergt der Büroangestellte in den Zimmern seiner Wohnung. Blickfang ist ein in blaues Licht getauchtes Becken, das durch seine Farbenpracht besticht. "Das ist ein Meerwasseraquarium", erklärt der Schriftführer der Aquarienfreunde Würzburg. Solche Aquarien sind selten. Was daran liegt, dass sie viel mehr Aufwand bedeuten als Becken, in denen sich Süßwasserfische tummeln.
Während es Schmitt im Büro mit Papier und PC zu tun hat, ist er in seiner Wohnung in Waldbrunn bei Würzburg von Lebendigkeit und Gewimmel umgeben. "Einen Fernseher brauche ich nicht mehr", lacht der Fischfreund. Viel spannender ist es, nach getaner Arbeit die Tiere und Pflanzen in den verschiedenen Becken zu beobachten. Die Schönheit, die Schmitt genießt, hat allerdings ihren Preis.
Gerade das Meerwasseraquarium macht viel Arbeit. Schmitt hat sich, um es zu betreiben, eine Osmoseanlage angeschafft. Das gefilterte Wasser wird mit verschiedenen Stoffen angereichert - bis es Meerwasser gleicht. Magnesium und Kalzium zum Beispiel sind für die Korallen unabdingbar.
Größter Ehrgeiz: Selber züchten
;"Echter" Aquarianer zu sein, hat eine ganz andere Qualität als sich lediglich zu Deko-Zwecken ein Becken ins Zimmer zu stellen. "Unsere Aquarien dienen nicht nur Schauzwecken", sagt Schmitt. So gern sich der 49-Jährige auch an seinen Fischen erfreut: Der größte Ehrgeiz besteht darin, selbst zu züchten. Unter Schmitts Obhut vermehren sich Welse, Garnelen , Schnecken und Krebse. Gerade die Welszucht ist anspruchsvoll: "Es kommt auf die richtige Wassertemperatur und die richtigen Wasserparameter an." Das Futter muss den Vorlieben der Fische entsprechen, überhaupt müssen sie sich rundum wohlfühlen. Sonst vermehren sie sich nicht.
Ein Aquarianer braucht eine Menge Wissen. Zum Beispiel darüber, welche Fische welche Rückzugsorte benötigen und wer mit wem in ein Becken gesteckt werden kann, ohne dass es zu Zoff kommt.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Aquarien , erklärt Schmitt. Die einen sind artspezifisch, die andere "Gesellschaftsbecken".
In einem seiner Gesellschaftsbecken vergnügen sich unter anderem zusammen mit Blauen Neons einige Welse der Gattung "L 183", erkenntlich am weißen Saum an den Flossen. Jede Welsart hat ihre Nummer. Es gibt den schwarzen "L129" mit einem weißen Wurmlinienmuster und den kleinen, robusten "L134".
Mehr als 20 Becken im Keller
30 Mitglieder gehören den Aquarienfreunden Würzburg derzeit an. Der älteste Fischfreund zählt 84 Jahre, das jüngste Mitglied ist zehn Jahre alt. So jung war auch Joachim Schmitt, als er sich für Aquarien zu begeistern begann. Wobei er erst vor acht Jahren so richtig in sein Hobby eingestiegen ist. Seither gestaltet er ein Aquarium nach dem anderen. "Wenn es nach mir ginge, hätte ich bestimmt mehr als zehn Becken." Doch die Wohnung setzt seiner Obsession Grenzen.
Auch Jürgen Dittrich aus Fladungen begann, sich als Kind für Fische zu begeistern: "Ich erinnere mich dunkel, dass ich mit etwa sechs Jahren bei Verwandten ein kleines Aquarium sah", erzählt der 55-Jährige. Forciert wurde die Faszination bei Besuchen im Zoofachgeschäft. Irgendwann hatte auch Dittrich seine ersten eigenen Fische , und die Leidenschaft für die Flossentiere nahm immer größere Dimensionen an: "Ich hatte jahrelang eine Welszuchtanlage mit mehr als 20 Becken im Keller."
Inzwischen betreibt der Vorsitzende der Aquarienfreunde Bad Neustadt an der Saale sein Hobby in etwas kleinerer Form. "Die Welszucht hat viel Zeit, viel Mühe und auch viel Geld gekostet." Es dauere einfach lange, bis die geschlüpften Welse so groß sind, dass man sie verkaufen kann. Verdienen wollte er zwar nichts, sagt der Autolackierer: "Doch Aufwand und Ertrag waren einfach nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis."
Fisch-Fachsimpeln im Verein
;Heute kümmert sich Dittrich um ein großes Wohnzimmeraquarium mit Welsen und Segelflossern namens "Altum-Skalare". Daneben engagiert sich der Fladunger für die Aquarienfreunde . 35 Mitglieder gehören dem Bad Neustadter Verein an. Einmal im Monat trifft man sich, um zu fachsimpeln.
An seiner Fischleidenschaft, erzählt Erich Schneider aus Gochsheim, war die kleine Schwester seiner damaligen Freundin schuld: "Sie kam eines Tages mit einem großen Glas an, darin schwammen einige sehr kleine Fischchen."
Es dauerte nicht lange, bis der heutige Vorstand des Schweinfurter Aquarienvereins weitere Fische dazu kaufte. Mit Lebendgebärenden fing er an: Guppys, Schwertträger und Black Mollys. Als er sich eingearbeitet hatte, wandte sich Schneider Schleierkampf-, Paradies- und Fadenfischen zu. Höhepunkt: südamerikanische Zwergbuntbarsche, die in der Haltung sehr anspruchsvoll sind.
Dem Schweinfurter Club gehören knapp 90 Mitglieder an, fast alles Männer. Der jüngste Aquarianer ist 13, der älteste 90 Jahre. Hilmar Güthlein vom Vorstand entdeckte als Kind Aquarien im Wartezimmer seines Zahnarztes: "Darin schwammen bunte, kleine Fische , es brummte leise und beruhigend." Als er Ausstellungen des Schweinfurter Aquarienvereins besuchte, nahm das Schicksal seinen Lauf: "Ich bin dem Verein sofort beigetreten."
Wenn er über sein Hobby erzählt, kommt Güthlein, der auch Geschäftsführer des Bezirks Nordbayern und Thüringen des Verbands Deutscher Vereine für Aquarien und Terrarienkunde (VDA) ist, ins Schwärmen. Ständig stehe man vor neuen Herausforderungen. Wie bei den Goldringelgrundellarven: "Die sind so klein, dass sie die ersten zwei Wochen nur mit Pantoffel- und Rädertierchen gefüttert werden können." Die züchtet er natürlich selbst: "Deshalb sieht es in meinem Fischkeller ab und an wie im Labor aus."
Experten für Wasserchemie und Filter
;Interessant sei, wie viel man durch die Aquaristik über Wasserchemie lerne, sagt Güthlein. Zudem sei man oft als Bastler gefordert: "Besonders wenn es darum geht, Becken mit Sondermaßen anzufertigen oder Filtersysteme zu bauen."
Peter Englisch stellte sich mit 18 sein erstes Aquarium ins Zimmer. Der Ingenieur aus Neustadt am Main, damals Azubi, hatte bei Verwandten ein dekoratives 240-Liter-Becken gesehen. Noch ahnungslos, habe er mit seinen ersten Fischen Fehlschläge einstecken müssen - und weder im Zoofachgeschäft noch in Büchern Antworten auf seine Fragen erhalten. Das war ein Grund, warum er dem Aquarienverein in Karlstadt beitrat, dem er jetzt vorsitzt. Heute ist Englisch Spezialist für offene, stark bepflanzte Aquarien . Diese Art, im Fachjargon "Paludarium" genannt, stellt Sumpfgebiete nach.
INFO:
Aquarien-Vereine
Verband
Franken Auch in unserer Region sind zahlreiche Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde im VDA organisiert,
beispielsweise in folgenden fränkischen Städten: Bamberg, Bad Neustadt, Bayreuth, Forchheim, Kulmbach, Mönchroden, Münchberg, Naila, Pegnitz, Schweinfurt, Selb und Wunsiedel-Marktredwitz.kup