
Als 16-Jähriger hatte Ernst Tauber schon den Tod vor Augen. Am Freitag, 9. November, feiert der gebürtige Sudetendeutsche an Bord eines Kreuzfahrtschiffes seinen 90. Geburtstag. Dazwischen liegen fast fünf Jahrzehnte als Volksschullehrer und 25 Jahre als Pensionär. "Mit meinem Leben bin ich im Großen und Ganzen zufrieden. Ich habe immer gemacht, was notwendig war und was mir Freude gemacht hat."
Geboren wurde Tauber am 9. November 1928 im kleinen Dorf Trauschkowitz (heute Droužkovice, Tschechien). Sein Vater war Vorarbeiter im Eisenwerk, seine Mutter hatte einen Lebensmittelladen. Sie war es, die ihren Ältesten drängte, sich zum Lehrer ausbilden zu lassen, als die deutsche Verwaltung im Kriegsjahr 1942 unter den Jugendlichen geeignete Kandidaten suchte. Folgsam begann der erst 14-Jährige die Ausbildung. Bald wurde Tauber zum Militär eingezogen, kam als Offiziersbewerber aber nicht mehr zum Fronteinsatz. Doch ein Erlebnis der Nachkriegstage bewegt ihn noch heute: Sieben SS-Männer waren von Tschechen ermordet und in ein Massengrab geworfen worden. Tauber wurde ins Grab befohlen, um die darin durcheinander liegenden Leichen zu ordnen. "Als ich zwischen den Toten stand, dachte ich, jetzt erschießen sie mich auch." Ein Jahr nach Kriegsende wurde der 18-Jährige mit Mutter und Bruder wie alle Sudetendeutschen aus seiner Heimat vertrieben. Seit 1947 lebte die Familie in Bamberg, wo Tauber nach weiterer Ausbildung 1949 die erste und 1952 seine zweite Lehrerprüfung ablegte.
Fünf Jahrzehnte Lehrer
Gern erinnert sich Tauber an eine seiner ersten Lehramtsstellen. Als Leiter der einklassigen Dorfschule in Dorgendorf hatte er alle acht Jahrgänge in nur einem Raum zu unterrichten. "Damals wurde Bruno Altrichter als Erstklässler bei mir eingeschult, heute ist er Bürgermeister von Bad Neustadt."
1965 kam Tauber an die Volksschule Bad Brückenau, wo er zusätzlich als Seminarleiter Lehramtsanwärter auszubilden hatte. Anfangs hatte er sich diese Aufgabe nicht zugetraut. "Es war mir unangenehm, die Kandidaten zu bewerten." Doch bei einer Beurteilung war Tauber sicher: "Günter Hahn hat es sogar zum Schulamtsleiter geschafft." Nach zwölfjähriger Dienstzeit in Bad Brückenau kam Tauber zuletzt 1977 an die Anton-Kliegl-Schule, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1993 auch Seminarrektor war.
Fast fünf Jahrzehnte übte Tauber den Beruf des Lehrers aus, doch rückblickend wäre er viel lieber Förster geworden. "Schon als Jugendlicher interessierte ich mich für die Natur." Noch heute ist er Mitglied im Rhönklub und im Bund Naturschutz.
Was er selbst in der Jugend verpasste, schaffte aber eine Tochter: "Sie hat Biologie studiert." Auf sie und seine beiden anderen Kinder ist er besonders stolz: "Alle drei wurden Akademiker."
Stadtführer und Reiseleiter
Von Ruhestand kann bei Ernst Tauber kaum die Rede sein: Bis 2015 arbeitete er fast 25 Jahre als Stadtführer und Reiseleiter für Busgruppen. Für seine neue Heimat Franken und dessen Geschichte hatte sich der Heimatvertriebene schon immer interessiert. Noch heute macht er mit zwei jüngeren Freunden jeden Dienstag seine wöchentliche Fahrradtour, manchmal sogar über mehrere Tage durch Deutschland, einmal sogar bis Dänemark. "Nur bei schlechtem Wetter wandern wir zusammen."
Früher hat Tauber viel Sport getrieben, und noch heute bewegt er sich ständig an frischer Luft. Von Krankheiten blieb er verschont. Der 90-Jährige ist mit seinem Leben zufrieden und hat nur einen Wunsch: "Das Leben genießen."