Zeit zum Grübeln hat Verwaltungsleiter Robert Adam nicht. Es gibt viel zu tun, jetzt, wo Gewissheit herrscht. Wo alle im Haus wissen, dass das Seniorenheim Sinntal bald schließt.
Am Dienstag flatterte den Mitarbeitern die Kündigung ins Haus, auch bei Adam. Für ihn und die Kollegen heißt es: Gespräche mit anderen Einrichtungen und Hausärzten führen, scheidenden Bewohnern beim Packen helfen, Abschlussrechnungen schreiben und weitergeben.
Starker Partner zog sich überraschend zurück
Das Ende des Seniorenheims Sinntal in der Ernst-Putz-Straße – es kam nicht überraschend. Noch 2022 hatte David Brückel, Geschäftsführer der Seniorenheim Brückel GmbH & Co. KG, große Hoffnung gehegt, dass es mit einem starken Partner weitergeht. Doch die Gesellschaft aus dem Raum Hamburg zog sich überraschend zurück. Mit drastischen Folgen für den wirtschaftlich angeschlagenen Bad Brückenauer Pflegebetrieb.
Das Familienunternehmen musste Zahlungsunfähigkeit anmelden; zum 1. März 2023 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Zuvor hatte die Agentur für Arbeit von Dezember bis Februar die Nettolöhne der Beschäftigten gezahlt.
Kein Erfolg trotz intensiver Bemühungen
Als Insolvenzverwalter wurde damals der Würzburger Anwalt Matthias Reinel bestellt. Dieser bestätigt nun auf Anfrage offiziell, dass im Pflegeheim Sinntal „der Geschäftsbetrieb eingestellt werden muss, weil es keine Fortführungslösung gibt“. Und das trotz intensiver Bemühungen zusammen mit Geschäftsführung und Heimaufsicht beim Landratsamt, die sehr offen gegenüber potenziellen Investoren gewesen seien.
Doch die Pflegebranche stehe mit dem Rücken zur Wand, begründet Reinel, warum die Suche nach einem Investor erfolglos blieb. Es gebe auf dem Pflegemarkt ein großes Angebot an Unternehmen, in die man sein Geld stecken könne. Zudem bestand im Pflegeheim „Instandhaltungsrückstand“.
Kein konkreter Schlusstermin gesetzt
Dem Betrieb des Seniorenheims Sinntal hat der Insolvenzverwalter „keinen konkreten Einstellungstermin“ gesetzt. Reinel spricht von einer „ausreichenden, aber sehr engen Zeitspanne, um andere gute Plätze für die Bewohner zu finden“. Es gehe um „wenige Tage oder Wochen“.
Laut Robert Adam leben noch 19 Pflegebedürftige in dem 56-Betten-Haus. Schon durch Corona war die durchschnittliche Belegung auf 25 bis 26 Bewohner geschrumpft worden, plus die rund fünf Kurzzeitpflegen. In der nächsten Woche ziehen neun Bewohner aus.
Schwierig, für Bewohner etwas Passendes zu finden
Für die verbleibenden suche man Plätze; auch die Angehörigen kümmerten sich. Für einige sei es aber schwierig, etwas Passendes zu finden. In anderen Pflegeheimen existierten oft Wartelisten.
Die Mitarbeiter haben am Dienstag ihre Kündigung erhalten, so der Verwaltungsleiter. Je nach Länge der Betriebszugehörigkeit beträgt die Kündigungsfrist ein bis drei Monate. Die Löhne bis zum Ausscheiden zahlt die Betreibergesellschaft. Und das auch, wenn der Betrieb im Heim vorher beendet wird.
„Sinntal“-Mitarbeiter kommen gut unter
Noch sind nach Robert Adams Angaben alle Mitarbeiter an Bord. Er glaubt, dass insbesondere die im Pflegebereich und in der Hauswirtschaft gute Chancen auf eine schnelle neue Anstellung besitzen. Einige Mitarbeiter würden auch nur auf 520-Euro-Basis schaffen; andere stünden wenige Jahre vor der Rente. Adam möchte sich bei allen Mitarbeitern bedanken, dass sie das „Sinntal“ auch durch schwierige Zeiten getragen haben.
Gebäude gehört zur Insolvenzmasse
Was davon und von der Seniorenheim Brückel GmbH & Co. KG übrig bleibt, ist die sogenannte Insolvenzmasse . Aus dieser werden nach Insolvenzrecht die Ansprüche der Gläubiger bedient.
Insbesondere der Verkauf des Gebäudes könnte dafür Geld einbringen. Dessen Veräußerung wäre laut Reinel auch passiert, wenn der Pflegebetrieb hätte weitergeführt werden können. Dass ein solcher noch einmal ins Haus einzieht, glaubt der Anwalt persönlich nicht.
Die Höhe der offenen Forderungen an die Betreibergesellschaft kann Reinel im Moment nicht beziffern. Das hänge auch von den Ansprüchen ab, die Gläubiger anmelden. Darunter dürfte auch das Insolvenzgeld fallen, das die Agentur für Arbeit den Beschäftigten von Dezember bis Februar gezahlt hat.
Was passiert mit dem „Taschengeld“?
Wirrungen gibt es derzeit um das „Taschengeld“. Das sind Beträge, die einige Bewohner monatlich von Sozialhilfeträgern wie dem Bezirk Unterfranken erhalten. Sie dienen dazu, Dienstleistungen wie Fußpflege und Friseur für sie zu bezahlen, aber auch Getränke, Naschereien und Pflegeprodukte an einem hausinternen Kiosk zu kaufen.
Das Problem laut Robert Adam : Diese Summen laufen für einige Bewohner seit Jahren auf dem Geschäftskonto der Brückel-Gesellschaft ein, auch weil trotz Aufforderung keine eigenen Konten angelegt wurden.
Insolvenzverwalter: „keine Bereicherung“ am Taschengeld
Da das Geschäftskonto nun in der Insolvenzmasse aufgeht, kommen Bewohner und deren Angehörige nicht an das Geld heran. Sie müssen sich in die Schlange der Gläubiger einreihen.
Insolvenzanwalt Reinel bestätigt, dass die Situation „nicht in böser Absicht“ entstanden sei, „keine Bereicherung“ vorliege. Niemand habe sich an den Taschengeldern schadlos halten wollen.
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