Architekt Roland Nörpel fiel in einer der jüngsten Stadtratssitzungen gleich mit der Tür ins Haus: „Die Fahrt heute nach Hammelburg ist mir nicht besonders leicht gefallen“, sagte er und ging auf die Kostensteigerung beim Bürgerhaus-Neubau ein: Im Jahr 2017 hatte sein Büro noch mit 7,2 Millionen Euro kalkuliert, im Jahr 2022 kündigte er eine erste Steigerung auf 8,2 Millionen Euro an. Nach einem erneuten Kassensturz kurz vor der Vergabe der letzten Gewerke steht nun fest: Der Neubau wird mindestens 9,28 Millionen Euro kosten, 29 Prozent mehr als geplant.
Nörpel führte eine ganze Reihe von Gründen an: So seien die Preise im Bereich der Baukonstruktion „zum Teil explodiert“.
"Demokratie kostet eben Geld"
Er verwies darauf, dass der offizielle Baupreisindex während der Bauphase von 106 auf 162 gestiegen sei. Die Verzögerungen durch den Bürgerentscheid und die Corona-Pandemie seien so nicht vorhersehbar gewesen.
Eine Ausschreibung noch vor der Pandemie hätte sicher Geld gespart. „Demokratie kostet eben Geld“, kommentierte Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) die Verzögerungen.
Kosten mehr als vervierfacht
Besonders krasses Beispiel: Der Betonwerkstein für die Fensterumrandungen war mit 77.000 Euro veranschlagt, vergeben wurden die rötlichen Rahmen, die an die Sandstein-Gewände des benachbarten Rathauses erinnern sollen, für 353.000 Euro .
„Wir haben 2017 noch nicht gewusst, wie wir die Fassaden-Bauteile ausführen“, begründete Nörpel die Unwägbarkeit. Von Naturstein bis Aluminium sei damals noch alles im Rennen gewesen.
Über 100 Prozent mehr Kosten
Die Sanierung des alten Betons im Keller kostete statt geplanter 79.000 Euro am Ende rund 184.000 Euro . Trotzdem verteidigte der Architekt die Entscheidung: „Der Abriss des Untergeschosses wäre ein Riesenaufwand gewesen, vor allem wegen der benachbarten Gewölbekeller.“
Bei den Fenstern gab es eine Kostensteigerung von 448.000 auf 609.000 Euro .
Zum Teil seien Mehrkosten aber auch auf Planänderungen zurückzuführen: Über dem Sitzungssaal waren ursprünglich Einzelbüros geplant, nun entsteht ein großzügig gestalteter Arbeitsplatz mit abgetrennten Kabinen.
Dort und in der Bibliothek hätten Berechnungen zudem ergeben, dass schallisolierende Decken mit Hanfmatten angebracht werden müssen. Alleine das Material koste 10.000 Euro , der Nachtrag belaufe sich auf 42.000 Euro .
Insgesamt verteuerte sich der Bereich Trockenbau von 151.000 auf 586.000 Euro . Die Glastrennwände für rund 68.000 Euro seien zusätzlich neu dazu gekommen.
Handwerker versetzte die Stadt
„Die Elektrofirma hat uns sieben Monate Bauzeit gekostet“, ging Nörpel auf ein weiteres Problem ein: Weil der Handwerker nicht kam, musste neu ausgeschrieben werden.
Der Auftrag ging mit Verzögerung für 756.000 statt für 483.000 Euro raus. Nörpel schloss nicht aus, dass diese Kostensteigerung vielleicht noch eingeklagt werden kann, aber: „So ein Verfahren kann schon mal zehn Jahre dauern.“ Zudem sei der Ausgang fraglich.
Auch bei der Innenausstattung rechnet Nörpel mit einer Steigerung von den veranschlagten 226.000 auf 381.000 Euro . Alleine die Regale fürs Archiv im Keller würden 70.000 Euro kosten.
Arbeiten für rund 1,27 Millionen Euro müssten noch vergeben und abgerechnet werden. „Das ist das Restrisiko“, sagte Nörpel auf Nachfrage aus dem Stadtrat.
Stühle müssen stapelbar sein
„Wir müssen das jetzt zähneknirschend abnicken“, sagte CBB-Stadtrat Reimar Glückler und suchte nach Einsparpotential. Konkret fragte er, ob das massive Eiche-Mobiliar aus dem aktuellen Sitzungssaal im Roten Schloss nicht übernommen werden könne.
Dazu verwies Stadtbaumeister Detlef Mohr jedoch darauf, dass der neue Saal multifunktional genutzt werden soll und die Stühle deshalb stapelbar sein müssten.
Zum Sparen ist es jetzt zu spät
„Zum Sparen ist es jetzt zu spät“, sagte CBB-Stadtrat und Bauunternehmer Alexander Stolz . Er hätte sich aber eine viel frühere Information zur Kostensteigerung gewünscht. „Bei Rohbau und Dach haben wir gute Preise bekommen“, betonte Architekt Nörpel.
Auch die Nachfrage, ob besonders teure Vergaben vielleicht sogar hätten aufgehoben werden müssen, verneinte Nörpel: „Wir mussten sehen, dass wir überhaupt Unternehmer bekommen.“
Stadt unter Zeitdruck
Auch Bürgermeister Warmuth verwies darauf, dass die Stadt unter Zeitdruck steht, weil die Regierung von Unterfranken das Rote Schloss für das Naturerlebniszentrum umbauen wolle.
Immerhin habe die Regierung eine „wohlwollende Prüfung“ zugesagt, auch die Mehrkosten zu fördern. „Ich hoffe, dass das die letzte Hiobsbotschaft zum Bürgerhaus war“, schloss Warmuth den Tagesordnungspunkt ab.
Diese "Bauverzögerung" ist nicht die Ursache für die Kostenexplosion bei den Gesamtkosten von geplant 7,2 Mio. Euro (2019) auf jetzt 9,3 Mio. Euro (2023).
Hauptursache für die enorme Kostensteigerung sind und waren die monatelangen Stillstände auf der Baustelle: der Rohbau stand einen Winter lang ohne Fenster da, dann der siebenmonatige Ausfall bei der Elektroinstallation. Diese Verzögerungen bei einzelnen Gewerken haben die Gesamtkosten sukzessive explodieren lassen.
Die Baustelle schleppte sich 4 Jahre lang nach Abriss des Bestandsgebäudes und dem Hochziehen des Rohbaus nur noch von Stillstand zu Stillstand. Bei der Vergabe der Gewerke hat der Stadtrat gravierende Fehlentscheidungen getroffen.
Es steht die Frage im Raum, warum nicht ein Generalunternehmer beauftragt wurde mit Fristsetzung bei der Bauausführung.
Die Vergabe muss von dieser EU weiten Ausschreibepflicht zurück auf die regionale Ebene gefahren werden.
Bis das kapiert wird, fließt noch viel Geld ab.
Dennoch habe ich Hoffnung, den einige Kommunen schreiben mittlerweile beschränkt aus und können die Heuschrecken teilweise eliminieren.
Öffentliche Ausschreibungen bearbeite ich seit 4 Jahren nicht mehr, reine Zeitverschwendung. Fragt mal in die Handwerkerrunde, wer genau so denkt.
Dann erklärt sich, warum keine Abgaben mehr kommen. Der Aufwand rechnet sich einfach nicht.