Als vor mehr als 20 Jahren der Eiserne Vorhang fiel, wusste Bad Kissingen zunächst nicht, was es davon halten sollte, dass jetzt plötzlich Orte mit ähnlich glanzvoller Vergangenheit wie Deutschlands bekanntester Kurort selbst, am Markt teilhaben konnten. Als Konkurrenten haben sich Karlsbad, Marienbad oder Franzensbad aber nicht erwiesen. Sie sind sogar Verbündete geworden.
Zusammen mit Kissingen, Bath (England), Spa (Belgien), Vichy (Frankreich), Montecatini Therme (Italien), Baden-Baden und Wiesbaden sowie dem ebenfalls tschechischen Luhaèovice wollen die ehemaligen Weltbäder in einer seriellen transnationalen Bewerbung als Great Spas of Europe auf die Unesco-Liste des Weltkulturerbes kommen. Dass es Sinn hat, gemeinsam an diesem Strang zu ziehen, davon überzeugte sich jetzt eine Delegation von Stadträten und Stadtverwaltung im böhmischen Bäderdreieck.
Für sich alleine fiele es Kissingen nach Einschätzung von OB Kay Blankenburg und Kulturreferent Peter Weidisch sehr schwer, auf die Liste zu kommen. Dafür gebe es im Grunde schon in Bayern zu viele Bewerber. Mit übergreifenden Themen, wie dem der bedeutenden Badeorte des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts, sei die Chance aber größer.
Im konkreten Falle laufe die gemeinsame Bewerbung aller beteiligten Städte zudem über das tschechische Ticket. Dass Bad Kissingen dabei sein solle, habe Karlsbads Oberbürgermeister Petr Kulhánek, der Sprecher der tschechischen Bäder, nach einem Besuch in Unterfranken bereits einmal erklärt. Im Interview mit der Main-Post betonte er das jetzt erneut.
Am Ende der Infofahrt der Kissinger stellte Blankenburg nicht nur fest, dass der Umgang unter den beteiligten Orten einer auf Augenhöhe sei. Auch inhaltlich gebe es viele Gemeinsamkeiten. Ganz wichtig sei jeweils der starke Bezug zur eigenen Vergangenheit und zu den ortsgebundenen Heilmitteln. Ein bisschen könnten die Kissinger etwa beim Umgang mit Heilwasser und Salz von den Tschechen sogar lernen. Als Kissingens Besonderheit bei der Bewerbung beschrieb Blankenburg die hervorragende Architektur, die zumeist noch für den ursprünglichen Zweck genutzt werde.
In weiteren Schritten will Blankenburg das Bewerbungsprojekt mit umfassender Information über Kissingens Chancen in den Stadtrat tragen. Danach werde ein Kostenplan erstellt und schließlich entschieden, ob die Stadt den sicherlich nötigen Aufwand tragen soll. Nächstes Jahr sollen zudem die Bürgermeister der beteiligten Städte in Kissingen zusammenkommen.