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BAD KISSINGEN
Das Ende einer Ära
Mitte der 1960-er Jahre zu Gast bei den Dehnhardts in Bad Kissingen: Im Bild (von links) Dr. Helmut Göbig, Bundespräsident Heinrich Lübke, eine Freundin der Familie, Marina Dehnhardt, Wilhelmine Lübke und Hans-Georg Dehnhardt.
Foto: Fotoarchiv: Thomas Künzl | Mitte der 1960-er Jahre zu Gast bei den Dehnhardts in Bad Kissingen: Im Bild (von links) Dr. Helmut Göbig, Bundespräsident Heinrich Lübke, eine Freundin der Familie, Marina Dehnhardt, Wilhelmine Lübke und Hans-Georg ...
Von SIEGFRIED FARKAS und SIGISMUND VON DOBSCHÜTZ
 |  aktualisiert: 07.09.2014 18:01 Uhr

Wenn Bad Kissingen beim Rakoczy-Fest seine Zeit als Weltbad feiert, dann tut es das, als sei der Glanz jener Epoche durch den Ersten Weltkrieg untergegangen. Dabei ist die Periode, als der Glanz der Stadt die Reichen und Mächtigen dieser Welt anlockte, erst seit dem 3. September 2014 definitiv vorbei, dem Tag als Marina Dehnhardt starb.

Kennen Sie Münchhausen? Den Ufa-Film über den so genannten Lügenbaron? In der Rahmenhandlung dieses aufwändig schillernden Films erzählt Hans Albers in der Rolle des Barons nicht nur seine fantastischen Geschichten. Er berichtet auch, wie er die ewige Jugend erlangte und gibt sie am Ende zurück.

Zu seinen Gesprächspartnern in der Rahmenhandlung gehört Sophie von Riedesel, gespielt von der damals noch nicht ganz 30 Jahre alten Marina von Ditmar, wie Marina Dehnhardt damals hieß. Der 1943 erschienene Film war der heute bekannteste der am 30. Oktober 1914 in St. Petersburg geborenen Schauspielerin und er war auch einer ihrer letzten.

Marina von Ditmar begann seinerzeit zunächst am Theater und spielte unter anderem an der Volksbühne Berlin (1937 bis 1939). Mitte der 1930er Jahre begann sie gleichzeitig bei der Deka-Film (der späteren Ufa) ihre Karriere als Filmschauspielerin mit damals bekannten Streifen wie „Die Czárdásfürstin“ (1934) mit Hans Söhnker, „Der eingebildete Kranke“ (1935) an der Seite von Fritz Odemar und „Stadt Anatol“ (1936) mit Brigitte Horney.

Beliebter Filmstar

In der Bremer Zeitung war im August 1934 nach der Premiere der „Czárdásfürstin“ über sie zu lesen: „Sie trug den Löwenanteil des Szenenbeifalls. Marina von Ditmar, voller Kinoromantik mit einem gesegneten Mundwerk, anständig und offen.“ Durch weitere Rollen in zur Zeit des Nationalsozialismus bekannten Filmen, wie „Legion Condor“ (1939) mit Paul Hartmann, „Stukas“ (1941) mit Carl Raddatz und, wie bereits erwähnt, als Sophie von Riedesel in „Münchhausen“ (1943) an der Seite von Hans Albers wurde sie zu einem beliebten Filmstar des Deutschen Reichs.

Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte Ditmar bis etwa 1952 nur noch in wenigen Filmen, beendete ihre Karriere schließlich und zog sich völlig ins Privatleben zurück. Sie heiratete den Bad Kissinger Chefarzt und Sanatoriumsbesitzer Hans-Georg Dehnhardt (1913–2001). Dessen Sohn ist übrigens der Dokumentarfilmer Sebastian Dehnhardt.

In Bad Kissingen zog Marina Dehnhardt es vor, ihre Neigung zur großen Weiten des Films, der Politik und des Adels vor allem als gute Gastgeberin zu beweisen. Mit ihrem Mann zusammen siedelte sie sich in Bad Kissingen an und empfing hier Gäste, wie Bundespräsident Heinrich Lübke und seine Frau Wilhelmine. Internationale Wirkung erzielte das Paar, als König Bhumibol Adulyadej und Königin Sirikit von Thailand die Lübkes 1960 bei Dehnhardts besuchten.

Das Präsidenten- und das Königspaar waren durchaus nicht die einzigen illustren Gäste der Stadt, die wegen des Chefarzts der Rhönklinik und Besitzers des Kurländer Hauses sowie der ehemaligen Schauspielerin, die sich ihrer Klasse durchaus bewusst war, den Weg in das zunehmend von der Sozialkur geprägte Kissingen fanden. Besonders eng war die Verbindung des 2001 gestorbenen Hans-Georg Dehnhardt und seiner Frau zu Mario Adorf. Der Schauspieler verbrachte manch muntere Stunde auf der Terrasse des Dehnhardt'schen Hauses am Stationsberg. Auch Uschi Glas zählte zu den Freunden der Familie.

Aus baltischem Adel

Ihr Alter war für Marina Dehnhardt kein Thema. Zumindest nicht nach außen. Das lag nicht nur an ihrer ausgeprägten Vitalität. Als sie 75 wurde, durfte die Würdigung in der Main-Post nur einen allgemeinen Hinweis auf einen runden Geburtstag enthalten. Vielleicht wäre sie auch wegen des bereits geplanten Interviews zum 100. zurückhaltend gewesen.

Ganz hat die Schauspielerin und Gastgeberin aus altem baltischem Adel die stolze Zahl nicht erreicht. Sie ist am vergangenen Mittwoch im Alter von 99 Jahren gestorben. Für sie ging ein langes und erfülltes Leben zu Ende – und für Bad Kissingen eine ganze Ära.

Die Aussegnung ist am Dienstag, 9. September, um 13.30 Uhr auf dem Parkfriedhof.

Künstler-Postkarte von Marina Dehnhardt, die damals noch Marina von Ditmar hieß.
Foto: Privat | Künstler-Postkarte von Marina Dehnhardt, die damals noch Marina von Ditmar hieß.
 
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