
Kerstin Kolosser klingt immer noch begeistert: „Die Stimmung, sie war fantastisch.“ Die Pflegedienstleiterin des Pflegeheims Schloss Römershag spricht von dem Konzert , das am Tag nach Dreikönig in der hauseigenen Kirche stattfand. Das Besondere daran: Es beruht auf einer außergewöhnlichen Kooperation.
Als im Frühjahr 2020 die Corona-Pandemie Deutschland erreichte, da schlossen sich auch für das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau (BKO) viele Pforten: keine Auftritte, keine Zuhörer mehr.
Kaum Auftritte für Musiker während Corona
Für die freiberuflichen Musiker des Ensembles war das doppelt tragisch: Sie konnten quasi ihren Beruf quasi nicht mehr ausführen. Aber auch die Außenwirkung fehlte.
Orchestermanager Pavol Tkac suchte nach Lösungen – aus drei Gründen. „Wir wollten zeigen, dass Corona uns nicht komplett weggefegt hat. Zudem war es für viele Freiberufler eine der wenigen Möglichkeiten, etwas dazuzuverdienen.“
Zum Dritten ging es um die Rechtfertigung der öffentlichen Förderung. Das Bayerische Kammerorchester erhält vom Bezirk Unterfranken Zuschüsse; beim Pflegeheim fungiert der Bezirk sogar als Träger.
Außenkonzerte vor Kliniken und Kurstift
Bei Heimleiter Roberto Ranelli stieß Tkac auf offene Ohren. Weil diesen ähnliche Probleme plagten. „In Corona-Zeiten haben wir ohne Helfer von außen alle Aktivitäten wie Fasching und Weihnachtsfeiern reduzieren müssen.“
Ranelli kam mit Tkac ins Gespräch. Es gab Anknüpfungspunkte. Der Pflegeheimleiter stammt aus Werneck, wo das Kammerorchester vor seinem Umzug ins Staatsbad Brückenau früher ansässig war.Und im Schloss Römershag fanden früher schon über die Yehudi-Menuhin-Stiftung organisierte Konzerte statt.
Erster Auftritt im Sommer 2020
Man fand zusammen und im Sommer 2020 spielte das BKO mit drei Musikern sein erstes Konzert im Pflegeheim Römershag . Es war das Zeitfenster zwischen Ende des ersten Corona-Lockdowns und dem Eintreten des zweiten. Damals beglückten die Musiker auch die Patienten beziehungsweise Bewohner von Hartwald- und Sinntalklinik sowie Kurstift – aber von draußen. Eine soziale Aktion für die quasi Eingeschlossenen.
Es dauerte dann mehr als zwei Jahre, bis die Musiker zurückkehrten – und zwar kurz nach ihrem Herbstkonzert im September 2022.
Musiker bleiben einen Vormittag länger
Dass das so ist, hat Methode. Denn so müssen die vier bis fünf Bläser und Streicher, die das Programm in der Schlosskirche bestreiten, nicht erst anreisen, sondern sind wegen des weit größeren Jahreszeitenkonzertes bereits da. „So bleiben die Musiker eben einen Vormittag länger“, sagt Pavol Tkac.
Der Auftritt in der Schlosskirche dauert auch nur eine halbe bis Dreiviertelstunde. Mehr ginge auch bei den Bewohnern des Pflegeheims nicht. Länger reicht ihre Konzentration nicht.
Bewohner bleiben ruhig sitzen
Doch Kerstin Kolosser findet es gerade gut, „dass unsere Bewohner, die sonst eher unruhig sind, eine Dreiviertelstunde sitzen bleiben“. So war es auch am Samstag, einen Tag nach dem Dreikönigskonzert des BKO. Dessen Musiker spielten Stücke von Josef Haydn und Ludwig van Beethoven ; 40 bis 50 Menschen lauschten ihnen.
Maskentragen weiter Pflicht
Die Hälfte davon waren Bewohner, der Rest Auswärtige, vor allem von der katholischen Kirchengemeinde. Denn das kleine Konzert war erstmals nach außen offen – auch wenn Corona-Bestimmungen wie das Maskentragen weiter galten. Ohne Zugabe durften die Musiker nicht gehen.
Roberto Ranelli jedenfalls weiß zu schätzen, „dass Musiker aus ganz Deutschland hier spielen. Das ist keine Selbstverständlichkeit.“
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