2500 Euro weniger städtischer Zuschuss. Schon in diesem Jahr. Für Pavol Tkac, Geschäftsführer des Bayerischen Kammerorchesters (BKO), kommt das angesichts knapper Bad Brückenauer Kassen „gar nicht so überraschend. Trotzdem ist man im ersten Moment konsterniert, wenn so ein Beschluss zur Realität wird“. Die Lücke zu schließen wird nicht einfach.
17.500 Euro erhielt das BKO, das seinen Sitz im Staatsbad hat, bisher pro Jahr als freiwillige Förderung von der Stadt. Mit Beschluss von deren Haushalt am 22. Juni sind es nur noch 15.000 Euro , was auch an den Sparbemühungen zugunsten der neuen Therme Sinnflut liegt.
Orchester-Manager fürchtet "tückische Kürzung"
Die Kürzung um 2500 Euro klingt überschaubar. Pavol Tkac berichtet, dass Menschen, die dem Orchester nahestehen, meist gelassen reagierten, nach dem Motto: „Das werdet ihr doch verkraften können; das wird euch nicht so wehtun.“
Doch der Geschäftsführer bezeichnet das Schrumpfen des Zuschusses um knapp 15 Prozent als „tückisch“. „Die größte und für die meisten Lokalpolitiker leider verborgene Gefahr ist die komplementäre Finanzierung.“
Stellenwert des Orchesters droht zu sinken
Viele wüssten nicht, dass auf den Zuschuss der Kommune andere öffentliche Geldgeber – Landkreis, Bezirk und Freistaat – aufbauen. Vor allem das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst könnte sich mit gutem Recht fragen, warum es dem BKO ein Zigfaches des städtischen Förderbetrags überweisen soll, wenn sein Stellenwert in Bad Brückenau – gemessen an der Höhe des städtischen Zuschusses – sinke. „Die Signalwirkung ist also eindeutig negativ und könnte erhebliche Folgen haben.“
Einsparungen im operativen Geschäft
Probleme bereitet Tkac auch, dass die Kürzung mitten im laufenden Haushaltsjahr erfolgt. Die Lücke sei kurzfristig nur mit Einsparungen im operativen Geschäft, so durch reduzierte Werbemaßnahmen, oder mit der vom Ministerium zu genehmigenden Rücklage schließbar.
Die Idee, über mehr Konzerte Geld zu generieren, verfängt nicht. Der 50-Jährige erklärt die Logik dahinter: Wie die meisten Orchester sei das BKO ein Zuschussbetrieb. Salopp gesagt, fahre ein solches Ensemble am günstigsten, wenn es gar keine Konzerte gebe. Je mehr Auftritte es absolviere, desto größer seien das Defizit und folglich der Zuschussbedarf.
Erhöhung der Eintrittspreise
„Wir müssen daher andere Wege suchen, um die Finanzierung zu sichern, zumal wir noch mehr Konzerte personaltechnisch gar nicht stemmen könnten.“ Dazu gehöre die Erhöhung der Eintrittspreise für die Jahreszeitenkonzerte, mit der man ab Januar 2023 auf die allgemeinen Preissteigerungen reagiert habe.
Bei der Akquise von Gastspielen versucht der gebürtige Slowake, neue „Märkte“ zu erschließen und das BKO in renommierteren Konzertreihen und bei namhafteren Festivals zu platzieren. So ließen sich höhere Gastspielhonorare erzielen. Die dafür nötige hohe Qualität biete das Orchester zweifelsfrei.
Freundeskreis hilft sehr
Neben den eigenen Einnahmen spielt für Pavol Tkac der „Freundeskreis für das BKO“ eine wichtige Rolle. Zum einen rekrutiere sich aus dessen Reihen das Gros des Publikums; zum anderen unterstützten seine 240 Mitglieder das BKO finanziell. „In diesem Haushaltsjahr werden wir davon tatsächlich stärker Gebrauch machen müssen.“
Was private Sponsoren angeht, stellt sich der Geschäftsführer auf langwierige Gespräche für 2024 ein. Tkac würde es als Erfolg werten, „wenn wir die Unterstützung in bisherigem Umfang halten könnten“.
Immer sparsam mit Ressourcen gewesen
Inwiefern kann das BKO intern sparen? Müssen wegen des sinkenden städtischen Zuschusses gar Mitarbeiter gehen? Pavol Tkac: „Die internen Prozesse beim BKO waren schon immer auf maximale Effizienz ausgerichtet.“ In 17 Dienstjahren habe er nie etwas anderes als einen sparsamen Umgang mit Ressourcen erlebt.
In der Geschäftsstelle müsse man seit Jahren mit 2,75 Planstellen auskommen. „Einen Einschnitt an dieser Stelle kann ich mir nicht vorstellen.“ Zumal eigentlich angesichts steigender Bürokratie und anderer Herausforderungen, zum Beispiel in Richtung professioneller Social-Media-Auftritte, dringend aufgestockt werden müsste.
Vorteil: nicht angestellte Musiker
„Wer in einem Kulturbetrieb arbeitet, zählt in der Regel keine Überstunden, kennt kein freies Wochenende, brennt für die Sache und arbeitet engagiert weiter auch dann, wenn das alles auf Kosten der Gesundheit und der Familie geht und als Selbstausbeutung bezeichnet werden kann“, so Tkac.
Ein Vorteil für das BKO sei, dass seine Musiker nicht fest angestellt sind, sondern nur projektweise beschäftigt werden. Bei der Programmplanung würden Management und künstlerischer Leiter alle Faktoren mitbedenken, die sich auf Kosten auswirken: Größe der Besetzungen, Anzahl und Disposition der Proben, Logistik und Ähnliches.
Tagessätze für Künstler werden 2024 erhöht
Künstlerische und finanzielle Aspekte würden ausbalanciert, so dass die Bläser nicht befürchten müssen, dass das BKO aus Spargründen nur reine Streicherprogramme spielt. Tkac kündigt gar an, ab 2024 die Tagessätze für die Musiker zu erhöhen, „um aus unternehmerischer Sicht die Qualität zu sichern und auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben“.
Der Geschäftsführer zeigt die wirtschaftliche Bedeutung des BKO für lokale Hotels, Restaurants, Einzelhändler und Taxifirmen. „Um die 600 Übernachtungen pro Jahr sind kein Pappenstiel.“
Gestiegener Kostendruck
Dennoch: Auch beim Orchester mache sich der allgemein gestiegene Kostendruck bemerkbar. „Bei weiteren Kürzungen müssten wir im schlimmsten Fall in den nächsten Jahren unser Portfolio reduzieren. Eine andere Lösung sehe ich nicht.“
Sollte es dazu kommen, würde der 50-Jährige gern die Angebote mit sozialer Dimension am Leben erhalten, so die Konzerte im Pflegeheim Schloss Römershag und die für Schulen – obwohl Letztere schwierig zu finanzieren seien.
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Als Firmeninhaber ist man desöfteren doch mal auf der Suche nach regionalen Spendenmöglichkeiten, das über den Sport- oder Andersverein hinausgeht.