
Ein bisschen Veränderung wagte der Bad Brückenauer Stadtrat dann doch. Laut der neuen Satzung müssen berufliche Gäste der Kurstadt ab dem neuen Jahr Beitrag zahlen, wenn auch ermäßigten. Bisher bleiben sie gebührenfrei. Bis es soweit war, wurde hart gerungen.
Stark abgemilderter zweiter Entwurf
Verglichen mit dem Vorschlag des damaligen Kämmerers vom Frühjahr war die jetzt diskutierte Version der Kurbeitragssatzung stark abgemildert. Markus Popp hatte eine Erhöhung des Tagessatzes auf 3,50 Euro für Gäste ab dem vollendeten 16. Lebensjahr vorgeschlagen; Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 sowie Gehandicapte, deren Behinderungsgrad 80 Prozent oder höher beträgt, sollten drei Euro bezahlen.
Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, Azubis und Praktikanten sowie zu 100 Prozent Schwerbehinderte wären beitragsfrei geblieben. Beruflich Reisende, bisher gar nicht in der Satzung erfasst, sollten einbezogen werden.
Drastische Erhöhung des Kurbeitrags im Frühjahr umstritten
Popps Modell sollte vor allem die Einnahmen für die leere Stadtkasse erhöhen, doch in der Stadtratssitzung vom 15. Februar stieß es auf Widerstand. Dies vor allem, weil einige Räte die geplante Beitragserhöhung nicht mit den nach Schließung der Therme Sinnflut gesunkenen Leistungen in Einklang bringen konnten (wir berichteten). Der Beschluss zur Satzung wurde vertagt.
Im November-Stadtrat spielte der Entwurf vom Frühjahr eigentlich keine Rolle. Es sollte nur um redaktionelle Anpassungen der seit zehn Jahren gültigen Satzung gehen. Dies vor allem deswegen, weil die Bundesregierung die Meldepflicht für Übernachtungsgäste mit deutscher Staatsangehörigkeit abschafft, eine explizite Festschreibung in der Kurbeitragssatzung diese Pflicht aber erhalten kann.
Beiträge bleiben weitgehend gleich, bis auf eine Ausnahme
Laut dem Entwurf sollen die Beiträge für Vollzahler (ab 18 Jahren) wie bisher bei 2,50 Euro liegen und bei 1,40 Euro für Ermäßigte (Schwerbehinderte mit Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent, Tagungs- und Seminargäste). Beitragsfrei bleiben demnach unter anderem Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren sowie Begleitpersonen von Schwerbehinderten. Die von Popp vorgeschlagene generelle Erhöhung des Kurbeitrags (siehe oben) ist damit vom Tisch.
Eine Änderung sollte es aber geben: Aus Sicht der Verwaltung müssten berufliche Übernachtungen denen von Seminarteilnahmen angepasst werden. Erstere sind bisher beitragsfrei, während für letztere der ermäßigte Satz von 1,40 Euro fällig wird.
Einnahmen von knapp 10.000 Euro
Für die Stadt wäre die Einbeziehung der beruflich Reisenden eine willkommene Einnahmequelle. Rund 7.000 dieser Übernachtungen gab es nach Angaben von Kämmerer Andreas Braun 2023; bei 1,40 Euro Beitrag pro Nacht ergäbe das ein Plus von knapp 10.000 Euro.
Stadtrat Claudio Kleinhans (PWG) befürchtete aber, dass dann der ein oder andere Arbeitgeber seine Mitarbeiter dann lieber in Oberleichtersbach oder anderen umliegenden Orten unterbringen wird.
Antrag zur "Transitregelung" scheitert
Für Britta Heim, Leiterin der städtischen Tourist-Information, die wesentlich an der Ausarbeitung der Beitragssatzung mitgewirkt hat, ist es eine politische Entscheidung des Stadtrates. "Wollen Sie die Einnahmen oder nicht", fragte sie im Gremium. Kämmerer Braun ergänzte, dass den Kurbeitrag ja die Arbeitgeber bezahlen. Er bezweifelte, dass sie ihre Leute nicht mehr nach Bad Brückenau schicken.
David Fronczek (SPD) stellt den Antrag, eine "Transitregelung" für Geschäftsreisende zumindest für die ersten 24 Stunden in der Satzung festzuschreiben. Das hätte bedeutet, dass diese für die erste Nacht ihres Aufenthaltes keinen Betrag zahlen müssen. Der Antrag wurde abgelehnt, die Satzung an sich einstimmig beschlossen.
Begleitpersonen von Schülern beitragsfrei
Übrigens gelten Begleitpersonen von Schülern, die auf dem Volkersberg nächtigen, weiter nicht als beitragspflichtig. Meist sind es ja Lehrer.
Den Aufenthalt ihrer Gäste in der Kurstadt melden Beherbergungsbetriebe künftig nicht mehr über Papierformulare, sondern verpflichtend über ein Online-Service-System.
Gasthaus Breitenbach: Inhaber Herdt "schwerst enttäuscht"
Steffen Herdt vom Gasthaus Breitenbach in Römershag ist "schwerst enttäuscht" von der Entscheidung des Stadtrats. Durch die neue Regelung ergebe sich "ein echter Wettbewerbsnachteil gegenüber Oberleichtersbach und Speicherz".
Der Hauptteil der Gäste im Gasthaus sei auf der Durchreise und nur für eine Nacht da. Oft kämen sie spät an und würden gleich nach dem Frühstück weiterfahren. "Diese Gäste haben vom Kurbeitrag überhaupt nichts."
Zusätzlicher Aufwand durch Online-Meldesystem
Herdt moniert, dass die Bad Brückenauer Gastgeber nicht vorher gefragt wurden. Wenn bei ihm die Gäste wegblieben, würde der Stadt auch Gewerbesteuer fehlen.
Zusätzlich kritisiert der Römershager das Online-Meldesystem - weil es für ihn mehr Bürokratie bedeutet. Nun müsse er für jeden einzelnen Gast Name, Geburtsdatum, Adresse und andere Daten zweimal eingeben - zuerst bei sich und dann bei der Stadt. "Das ist nicht durchdacht", sagt Herdt und fordert eine Vereinfachung des Meldeprozederes.