zurück
Hammelburg
Daniela Mahler spricht über ihren Weg aus der AfD
Einblick hinter die Kulissen: Ex-AfD-Politikerin Daniela Mahler hat in Hammelburg über die innere Radikalisierung der Partei berichtet.
Daniela Mahler mit den Moderatoren Christian Schneider (links) und Reinhard Schaupp       -  Daniela Mahler (mitte) mit den Moderatoren Christian
Schneider (links) und Reinhard Schaupp (rechts). Mathias
„George“ Übel (im Hintergrund) umrahmte die Veranstaltung
mit ausgewählten Coverstücken.
Foto: Markus Heurung | Daniela Mahler (mitte) mit den Moderatoren Christian Schneider (links) und Reinhard Schaupp (rechts). Mathias „George“ Übel (im Hintergrund) umrahmte die Veranstaltung mit ausgewählten Coverstücken.
Markus Heurung
 |  aktualisiert: 05.10.2024 10:21 Uhr

Daniela Mahler , eine ehemalige Politikerin der Alternative für Deutschland ( AfD ) und aktuell Stadträtin in Schweinfurt, sprach in Hammelburg offen über ihre Zeit in der Partei und den schwierigen Weg, den sie nach ihrem Austritt zurückgelegt hat. In der von der Europa Union Unterfranken und Hammelburg sowie dem Aktionskreis Hammelburg organisierten Veranstaltung gewährte sie rund 100 Interessierten einen tiefen Einblick in die internen Abläufe der AfD und beschrieb, wie die Partei gezielt ihre Mitglieder bindet und deren Ansichten beeinflusst. Dabei ging Mahler auf die Entwicklung der Partei, die zunehmende Radikalisierung und den Einsatz manipulativer Taktiken ein, die die Meinungsbildung der Mitglieder systematisch steuern.

Über Pegida zur AfD gekommen

Mahler erzählte, dass sie ursprünglich ohne politische Ambitionen über Pegida zur AfD gekommen war. Schon früh sei sie mit Verschwörungstheorien in Berührung gekommen, die in der Partei weit verbreitet seien. Sie berichtete von einer Parallelwelt, die viele AfD-Mitglieder erleben: einerseits die öffentliche Berichterstattung und andererseits die „alternativen Nachrichten“, auf die sich die Partei stütze. Diese alternativen Informationsquellen stellten gezielt Fakten infrage und formten ein verzerrtes Weltbild . Gerade Menschen, die unzufrieden seien, würden von diesen vereinfachten und oft manipulativen Erklärungen angezogen.

Arbeit der AfD hautnah erlebt

Als stellvertretende Bezirksvorsitzende arbeitete Mahler auch im Bezirksbüro in Schweinfurt und erlebte die Arbeit der AfD hautnah. Sie schilderte, dass sie anfangs eine starke Gemeinschaft und ein intensives „Wir-Gefühl“ in der Partei erlebte. Parteitage, so Mahler, seien von lebhaften Diskussionen geprägt gewesen, bei denen sich die Mitglieder als „wahre Demokraten“ betrachteten. Mit der Zeit jedoch, insbesondere nach der Flüchtlingskrise und während der Corona-Pandemie, habe sich die Dynamik verändert. Extremere Ansichten gewannen an Einfluss und rechte Strömungen wurden zunehmend integriert.

Radikale Positionen immer stärker akzeptiert

Auf die Frage, ob es Nazis in der AfD gebe, erklärte Mahler, dass früher versucht wurde, rechtsextreme Mitglieder aus der Partei zu entfernen. Doch seit 2018, vor allem nach dem sogenannten „Trauermarsch“ in Chemnitz, sei dieser Ansatz weitgehend aufgegeben worden. Der sogenannte „Flügel“, eine rechtsextreme Strömung innerhalb der AfD , habe seitdem die Mehrheit gewonnen und radikale Positionen seien immer stärker akzeptiert worden.

AfD setzt auf soziale Medien und Influencer

Ein wiederkehrendes Thema in Mahlers Bericht war die gezielte Nutzung von sozialen Medien, um die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren. Plattformen wie TikTok und
Telegram seien für die Partei von besonderer Bedeutung, um junge Menschen anzusprechen und ihre Botschaften zu verbreiten. AfD-Abgeordnete setzten vermehrt auf Influencer
anstatt auf wissenschaftliche Mitarbeiter, um ihre Ideologie in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Die Partei nutze bewusst Emotionen wie Wut und Angst, um ihre Anhänger
emotional zu binden und ein Gefühl der Dringlichkeit und Bedrohung zu erzeugen.

Die Partei setze auf die Opferrolle

Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch die Frage gestellt, wie man der AfD begegnen solle. Mahler betonte, dass die Partei auf die Opferrolle setze und sich durch Angriffe von
außen in ihrem Weltbild bestärkt fühle. Eine Taktik, die funktionieren könnte, sei es, der AfD die Aufmerksamkeit zu entziehen, da sie von öffentlicher Empörung lebe. Sie äußerte außerdem ihre Bedenken über die russische Unterstützung der Partei, die ihrer Meinung nach in Form von Propaganda und gezielter Beeinflussung über soziale Netzwerke erfolge.

Medienkompetenz Jugendlicher stärken

Wichtig sei ihr deshalb die Stärkung der Medienkompetenz, insbesondere bei Jugendlichen. In einer Zeit, in der soziale Medien eine immer größere Rolle bei der Meinungsbildung spielen, müssen jungen Menschen lernen, Informationen kritisch zu hinterfragen und sich nicht von manipulativen Inhalten beeinflussen zu lassen.

Besonders eindrücklich beschrieb Mahler die Leere, die sie nach ihrem Austritt aus der Partei verspürte. Die Gemeinschaft, die sie in der AfD erlebt hatte, sei intensiv
gewesen, und es sei ihr schwergefallen, nach dem Austritt wieder Fuß zu fassen. Der emotionale und soziale Verlust, den sie erlebte, zeige, wie tief die Bindung innerhalb der
Partei sei. Dennoch betonte sie, dass sie keinen Weg zurück sehe, auch wenn schwache Momente unvermeidbar seien. Auf die Frage, ob sie sich eine politische Zukunft
vorstellen könne, sagte Mahler, dass sie zwar noch zögere, aber offen für eine neue politische Heimat sei, sich aber noch nicht entschieden habe, in welche Richtung es gehen
solle.

Emotionale Bindung an die Partei

Durchgehend sticht heraus, dass die AfD ihre Mitglieder durch emotionale Bindungen und gezielte Manipulation festhalte. Die Partei gebe ein starkes Gemeinschaftsgefühl
und zeichne gleichzeitig die Außenwelt als bedrohlich und feindselig. Diese Mechanismen sorgten dafür, dass viele Mitglieder trotz wachsender Radikalisierung in der Partei
verblieben. Mahler stellte fest, dass diese Art der emotionalen und ideologischen Kontrolle auch aus anderen Organisationen bekannt sei, die darauf ausgerichtet sind,
ihre Anhänger systematisch zu beeinflussen und zu steuern – ein Vorgehen, das dem von Sekten ähnele.

Autor Markus Heurung ist Mitglied des Aktionskreies Hammelburg - Gemeinsam stark für Demokratie.

Lesen Sie außerdem:

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Hammelburg
Alternative für Deutschland
Influencerinnen und Influencer
Mitglieder
Nationalsozialisten
Pegida
Propaganda
Soziale Netzwerke
Weltbild-Verlag
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top