Eigentlich sollte die 3b der Sinnberg Grundschule miterleben, wie ihre eigens behüteten Küken aus ihren Eiern schlüpfen. Das klappte wegen Corona nicht. Doch die engagierte Klassenlehrerin Ulla Wirsing machte das Beste daraus.
Für die Klasse drehte sich im März alles rund ums Ei. Sie beschäftigten sich mit den Vorfahren unseres Haushuhns. Und sie erforschten, wie Hühner zusammenleben und wie sie ihren Tagesablauf gestalten. Die Kinder sollten sich nicht einfach nur mit der Theorie befassen. Daher hat die Referendarin und Klassenlehrerin der 3b Ulla Wirsing sich etwas Besonderes ausgedacht: Sie brüteten befruchtete Eier selbst im Brutkasten aus. Das hatte sie vor einem Jahr schon mit einer Klasse gemacht.
"Ich liebe Tiere über alles und das Projekt ist auch ein bisschen ein Geschenk an mich, weil ich es einfach so faszinierend finde", sagt Klassenlehrerin Wirsing. Außerdem sei es ihr wichtig, den Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren beizubringen. So lasse es sie ihr Verhalten als Konsumenten überdenken. "Das Thema vereint einfach perfekt Theorie und Praxis und wird so für immer in den Köpfen der Kinder bleiben." Nachdem die Kinder erfuhren, was Hühner für eine artgerechte Haltung benötigen, fiel ihnen die Wahl der Haltungsform leicht. "Es ist gar nicht so einfach, an Aufzuchteier zu kommen", erzählt die Lehrerin. "Es ist nicht mehr gang und gäbe, dass selbst ausgebrütet wird. Die meisten kaufen einfach Küken." Über viele Ecken sei sie an Tobias Schubert gekommen, der Hobbyzüchter in Arnshausen ist. "Der kümmert sich aufopferungsvoll und voller Hingabe um seine ,Italiener', eine Hühnerart." Er stellte der Klasse 26 Eier samt Equipment zur Verfügung. "Das war neben einem Brutkasten eine Schierlampe, mit der die Kinder die Eier durchleuchten können. Damit verfolgten sie die Entwicklungsstadien der Küken. Sie beobachteten, wie erst Blutgefäße, später die Augen sichtbar wurden", erzählt Wirsing. Hobbyzüchter Schubert sei ab und zu gekommen, um sie zu unterstützen.
Noch vor dem Gong standen die Kinder jeden Morgen dicht gedrängt um den Brutapparat, um die Eier genau zu beäugen. Sie teilten sich die Aufgaben zum Ausbrüten der kleinen Piepser untereinander auf und hielten es in einem Dienstplan fest. Täglich hieß es: Temperatur kontrollieren, lüften, Luftfeuchtigkeit überprüfen, Wasser nachfüllen. Eier brauchen 21 Tage, bis sich darin ein Küken entwickelt hat. Die Kinder konnten kaum abwarten, bis diese Zeit vorbei war. Leider machten die Schulschließungen dem Vorhaben fast zwei Wochen vor Schlupf einen Strich durch die Rechnung. Ulla Wirsing wohnt als Referendarin in Würzburg. "Also ich bin jeden Tag nach Bad Kissingen gefahren, um die beschriebenen Aufgaben zu übernehmen", sagt sie. Da die Küken nicht alle auf einmal schlüpfen, gab es eine interessante Endphase: Sie ging von Mittwochabend um 21 Uhr bis Freitagvormittag. In der Zeit versuchte Wirsing, so lange wie möglich da zu sein. Helfen solle man den Küken beim Schlüpfen nicht. "Ich habe das Schlüpfen einzelner Küken mit Bildern und Videos genau dokumentiert. Ich hatte eine Kamera und ein Stativ aufgebaut." So konnte ihre Klasse dieses einzigartige Ereignis in dutzenden Mails miterleben. "Zwischenzeitlich habe ich DVDs auf meinem Laptop angeschaut, in der leeren Turnhalle Basketball gespielt und einen Stapel Arbeitsblätter korrigiert." Was auch nicht geklappt hat: "Der Plan war eigentlich, dass jeder ein Küken hat, und dem einen Namen geben kann. Jeder sollte es noch eine Woche haben dürfen", erzählt sie. Für die Küken ging es deswegen wieder direkt zurück zu Tobias Schubert. Und wer weiß, wenn die Schule wieder geöffnet ist, lässt sich vielleicht ein Wandertag zu den Küken organisieren.