Kaum war der Lockdown dieses Winters beendet und die Hoffnung da, dass er wohl der letzte war, kam der nächste Schlag für den Einzelhandel: Der Krieg in der Ukraine macht sich bemerkbar, der GfK-Konsumklima-Index ist mit -26,5 Punkten auf historischen Tiefstand . Das spürten auch Elke Back und Korinna Bott, die in der Ludwigsstraße den Geschenkeladen Bella Cosa besitzen.
"Die ersten Tage des Krieges waren der Wahnsinn. Abends lief es in den Nachrichten, und schon am nächsten Tag war es anders." Es wurde weniger gekauft, vor allem ihre Produkte, die ja nicht lebensnotwendig sind.
"Und jetzt gehen wir ein Wagnis ein: Wir machen gegenüber noch einen zweiten Laden auf - Glücksmomente." Das hatten sie schon vor dem Krieg geplant, waren dann vor der Entscheidung gestanden: durchziehen oder sein lassen? Sie zogen es durch.
Wie geht es dem Einzelhandel?
Ist eine gute Entwicklung realistisch? Wie geht es dem Einzelhandel? Ralf Ludewig, Bezirksvorsitzender des Handelsverbands, Vorsitzender des Stadtmarketing Pro Bad Kissingen und Besitzer des Modehauses Ludewig in der Kissinger Innenstadt , berichtet, die Kauflaune sei wieder besser geworden, als Masken- und Testpflicht fielen.
Durch den Krieg - die schrecklichen Bilder, die steigenden Preise und die Ungewissheit, was noch komme - wurde diese jedoch wieder gedrückt.
Etwa zehn bis 20 Prozent drunter
Zur besseren Veranschaulichung liefert er grobe Zahlen: "Während des Corona-Lockdowns waren es etwa 90 Prozent Umsatzrückgang, außerhalb dessen waren es 30 bis 40 Prozent. Jetzt, nachdem alles wegfiel, sind wir noch so bei zehn bis 20 Prozent Rückgang."
Er glaubt: "Wäre der Krieg nicht, hätten wir ins Plus gehen können." Denn derzeit holen die Leute Kommunionen, Hochzeiten, Abschlussbälle nach, brauchen daher schicke Klamotten oder Geschenke. Jedoch sieht er auch, dass die Pandemie noch für viele eine Rolle spielt: sie tragen freiwillig Masken, auch seien die Hotels der Stadt noch nicht ausgelastet.
An den Online-Handel verloren?
Angst, dass es sich viele mit dem Online-Handel bequem gemacht haben und gar nicht mehr kommen, hat er nicht. "Das ist schwierig einzuschätzen: Sicher sind einzelne dabei, aber die Masse ist es wohl nicht."
Interessant hier: Der Online-Händler Amazon hat im ersten Quartal dieses Jahres erstmals einen Rückgang seines Handelsgeschäfts zu verzeichnen.
Noch nicht über den Berg
Ludewigs Fazit: "Derzeit läuft es deutlich besser, aber durch die Ukraine wurde das deutlich eingebremst." Und auch in die weitere Zukunft blickend sagt er: "Wir sind noch nicht über den Berg, die jetzige Situation ist nicht zufriedenstellend." Kleine wie große Geschäfte jeglicher Art würden noch nicht fest auf den Beinen stehen, viele müssten steigende Kosten für die Ladenfläche oder Rohstoffe in Kauf nehmen, bei manchen seien außerdem Lieferketten gestört.
Rückzahlung für Überbrückungshilfen steht an
Zu all dem kommt: Bald fallen die Rückzahlungen für die Überbrückungshilfen 2020 an. Damals mussten die Kaufleute die Verdienstausfälle der kommenden Monate schätzen. Die Differenz zu den eingetretenen Ausfällen müssen sie zurückzahlen.
Ein Lösungsansatz ist für Ludewig auf jeden Fall die Aktion "Wir machen's uns schöner" in Bad Kissingen , mit der die Stadt durch Bänke oder schöne öffentliche Plätze attraktiver werden soll.
Zwei gute Nachrichten
Zwei gute Nachrichten gibt es zudem: Ein wenig Entspannung sieht der Kissinger Einzelhändler seit Beginn des Krieges bereits. Und: In einer Umfrage des Ifo-Institutes räumten im Januar noch 14,8 Prozent der Befragten im Einzelhandel existenzielle Sorgen ein, in der neuen Ausgaben der Umfrage waren es noch 6,9 Prozent.