
Ein Rettungsschirm soll die Folgen der Corona-Pandemie für Krankenhäuser und Kliniken abfedern. Am 28. März stimmte der Bundesrat dem sogenannten Krankenhausentlastungsgesetz zu. Allerdings regt sich Kritik an dem rund acht Milliarden Euro schweren Vorhaben des Gesundheitsministers Jens Spahn . Die kommt auch aus dem Landkreis Bad Kissingen. Zuviel Bürokratie und zu wenig Geld für die Kliniken sind zwei Aspekte.
"Durch die Pandemie wird definitiv finanzieller Schaden auf die Kliniken zukommen", meint Sabine Hein, die Verwaltungsdirektorin der Capio Franz-von-Prümmer Klinik in Bad Brückenau. Nach Vorgabe des Gesundheitsministeriums müssen Krankenhäuser alle planbaren Operationen verschieben. In der Prümmer-Klinik sind das beispielsweise endoprothetische Eingriffe am Knie. Einzig Notfalleingriffe fänden noch statt. Wie hoch der finanzielle Schaden sei, lasse sich laut Hein nicht beziffern. Sie schließt sich Aussagen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und der Deutschen Krankenhausgesellschaft an: "Das kann Kliniken in Knie zwingen."
Probleme bergen etwa die Intensivplätze. Laut Spahn soll es für jeden neuen Intensivplatz 50 000 Euro geben. Dem stehen allerdings pro Platz Kosten von 85 000 Euro entgegen. Laut dem Livechat Bibliomed mit Jens Spahn am 27. März sind die zugesagten 50 000 Euro als Zuschuss für einen Intensivplatz zu sehen. Er setzt darauf, dass die Länder die darüber liegenden Kosten tragen. In Bayern ist das bereits der Fall. Skepsis kommt vor allem bei der Personalfrage auf, denn es sollen unter anderem Pflegekräfte aktiviert werden, die seit längerem nicht mehr am Patienten gearbeitet haben: "Im Bereich der Pflege hat sich einiges geändert, viele, die reaktiviert werden sollen, sind nicht mehr up-to-date." Erschwerend käme noch die notwendige Einarbeitung hinzu.
Die deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht ebenfalls noch Nachbesserungsbedarf an Spahns Gesetz. In einer Pressemitteilung spricht der Verein diesbezüglich die komplexen Verwaltungs- und Abrechnungsprozesse an. Es sei fraglich, ob diese in der Krise durchgängig funktionieren würden. Positiv bewertet die DKG dagegen den stattgefundenen Bürokratieabbau im Bereich der Pflegekostenfinanzierung. Bislang mussten Kliniken bei den Kassen nachweisen, wie lange das Personal einen Patienten betreut hat. Je nach Ergebnis zahlten Krankenhäuser einen Teil des Geldes zurück, oder erhielten weiteres Geld von der Krankenkasse. Mit dem neuen Gesetz gibt es für die Kliniken eine Pauschale in Höhe von 185 Euro. Bislang lag diese bei 146 Euro. Hein: "Das ist gut, weil die spitze Abrechnung wegfällt."
Unklar ist für sie bislang, ob die Ausfallpauschalen für nicht stattgefundene Operationen ausreichen. Von der Zahl pro Tag vollstationär behandelter Patienten im Vorjahr muss eine Klinik laut dem Gesetzesentwurf die Zahl der Patienten abziehen, die heuer am gleichen Tag behandelt wurden. Ist das Ergebnis größer als Null, muss es mit der Summe von 560 Euro multipliziert werden. Haben die Ärzte der Prümmer-Klinik am 28. März 2019 beispielsweise 20 Patienten vollstationär behandelt während am 28. März 2020 nur zehn Patienten aufschlugen, gibt es für letztgenannten Tag eine Ausfallpauschale für die zehn Patienten von 5600 Euro für das Krankenhaus. "Es muss gerechnet werden, ob die Ausgleichszahlungen ausreichen. Das muss krankenhausindividuell stattfinden, dazu erarbeiten die Krankenhausgesellschaften derzeit Berechnungsschemata", teilt Hein mit.
Auch andere Aspekte sorgen bei Hein für Bedenken: "Wir haben am Standort noch eine geriatrische Rehabilitation und ein medizinisches Versorgungszentrum - das sind Facharztpraxen mit Sprechstunden", sagt sie. Das Coronavirus führt hier ebenfalls zu Einbußen. Denn die Sprechstunden besuchen nur noch die Patienten , die dringlich behandelt werden müssen. Selbiges gilt für die beiden Therapieeinrichtungen im Ergo- und Physiobereich an der Prümmer-Klinik.
Besser als Spahns Ansatz findet Hein den Vorschlag der Deutschen Krankenhausgesellschaft: "Es gibt den Vorschlag, sich am Vorjahr zu orientieren und zu schauen: Was hatten wir an Erlösen? Dieselbe Summe sollte pauschal für April bis Dezember ausgezahlt werden." Ein weiterer Vorteil laut ihr: "Das würde viel Bürokratie wegnehmen."
Ob die derzeitige Situation auch eine Chance bietet, lasse sich noch nicht sagen. Die Prümmer-Klinik in Bad Brückenau habe - wie jedes andere kleine Krankenhaus im ländlichen Raum - zu kämpfen. "Es kommt darauf an, welche Konsequenzen die Politik daraus zieht." Die Pandemie verdeutliche zudem, dass "die Plätze, von denen man meinte, sie wären überflüssig, eben nicht zu viel sind: Jede Klinik hat ihre Daseinsberechtigung". Hein hofft daher: "Wünschenswert wäre es, wenn sich die Politiker pro Krankenhaus einsetzen."