
Auch wenn das Weihnachtsfest bereits einige Wochen zurückliegt, wurde noch ein letztes Mal weihnachtliche Stimmung versprüht. Verantwortlich hierfür war das Classico Ballett Napoli, das für ein Gastspiel im Kurtheater anreiste. Doch nicht süditalienisches Flair hatte die Balletttruppe im Gepäck, sondern vielmehr eine eisige, magische St. Petersburger Winternacht. Die Bad Kissinger Theaterfreunde durften sich auf Pjotr Iljitsch Tschaikowskis großes Ballett „Der Nussknacker“ freuen.
Nach den Balletten Schwanensee und Dornröschen folgte im Dezember 1892 die Uraufführung des dritten und letzten Balletts Tschaikowskis, dem Nussknacker, in St. Petersburg. Der Komponist verwendete als Vorlage die Histoire d’un casse-noisette von Alexandre Dumas dem Älteren aus dem Jahr 1845, eine französische Adaption des Märchens Nussknacker und Mäusekönig von E. T. A. Hoffmann . Die Gazetten hielten sich seinerzeit mit Kritik nicht zurück. Die Musik allerdings begeisterte von Beginn an restlos. Die freie Gestaltung des Librettos erlaubte später tiefgreifende Modifikationen und bereitete den Weg für zahlreiche Neuinszenierungen bis heute.
Weniger opulente Version
Nun oblag es dem Classico Ballett Neapel, ihre Interpretation des Stoffes in Bad Kissingen zu zeigen. Die Ukrainerin Oksana Bondarewa, verantwortlich für die Inszenierung und choreografische Umsetzung, ging behutsam an das Werk und modernisierte es an den richtigen Stellen, ohne zu sehr in den Stoff einzugreifen. Heraus kam eine schlankere, weit weniger opulente, aber in sich schlüssige Variante des Originals.
Es ist ein Weihnachtsabend und im hell erleuchteten Palast der Familie Stahlbaum findet ein Fest statt. Der Zauberer Drosselmeier spielt den Kindern die Geschichte vom bösen Mäusekönig vor, der die schöne Prinzessin entführen will. Doch der mutige Nussknacker tötet den Mäusekönig und rettet die Prinzessin. Der Plot findet seinen dramatischen Höhepunkt, nachdem die kleine Marie einschläft und die Geschichte zum Leben erwacht. Sie träumt vom Kampf des Mäusekönigs, der mit seiner Armee der Zinnsoldaten gegen den Nussknacker auf Leben und Tod kämpft.
Der Nussknacker gewinnt die Schlacht und beschützt Marie, die sich in die schöne Prinzessin verwandelt. Es ist der ewige Kampf von Gut gegen Böse, und glücklicherweise gibt es auch an diesem Abend ein Happy End, das Gute hat wieder einmal über das Böse gesiegt.
Musik kommt bedauerlicherweise vom Band
Es ist eine Geschichte, die bis heute Jung und Alt begeistert. Und es ist immer eine wahre Freude, die beeindruckenden, so leicht und grazil wirkenden Tänze des Nussknacker-Prinzen oder der zur Prinzessin gewordenen Marie zu beobachten. Schade ist es allerdings, dass die Musik, elementarer Bestandteil im Werk von Tschaikowski und mindestens genauso wichtig wie die Choreografie, dieses Mal lediglich vom Band lief.
Ob des organisatorischen Aufwands, ein Orchester für die relativ kleine Tanzgruppe bereitzustellen, aber sicherlich verständlich. Hier standen die Tänzerinnen und Tänzer mit ihrer beeindruckenden Leistung klar im Zentrum des Abends. Nicht nachvollziehbar war allerdings die Entscheidung, wichtige Teile des Gesamtwerks ganz auszulassen und das Werk zu verkürzen. So hatte das Publikum beispielsweise auf den berühmten Tanz der Zuckerfee, eine der bekanntesten Melodien des Nussknackers, vergeblich gewartet.
Sicherlich im Rahmen der freien Neuinterpretation möglich, aber doch etwas bedauerlich und eine verschenkte Chance, sodass die ansonsten wunderschöne Vorstellung schließlich doch leicht getrübt zu Ende ging.
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