Bad Kissingen
Christian Springer im Kissinger Kurtheater: Ein Fest fürs Zwerchfell
Leitkultur und Lachmuskel - das geht gut zusammen, beweist Kabarettist Christian Springer mit dem Programm "Trotzdem" im Kissinger Kurtheater.
Mit Christian Springer steht einer auf der Kabarettbühne, der eine Botschaft hat. Die Botschaft ist nicht unbedingt politisch, aber doch an die Politik gerichtet, wenn er sein Publikum im Kissinger Kurtheater am Ende auffordert: "Haben Sie eine Haltung! Das reicht!" - und dafür Standing-Ovations und Bravo-Rufe erntet.
Über 30 Jahre ist Christian Springer künstlerisch tätig und sowohl über die deutschen Bühnen als auch über die TV-Mattscheibe zu einem der bekannteren Gesichter der Kabarettszene geworden - und in dieser Zeit habe er eines erkannt: "Die Realität ist dem Kabarett voraus; man muss nichts erfinden, nur Geschehenes erzählen."
Diese Realität ist für den Münchner Kabarettisten aufregend genug und hält so viele Untiefen und Fallstricke bereit, um sich mehr als zwei Stunden darüber aufzuregen. Und dies macht Springer in einer intelligenten Art und Weise, die sowohl verstörend als auch begeisternd wirkt. Verstörend einerseits, weil man sich selbst als "ahnungslosen Verbraucher" sieht, wogegen Springer den ahnungslosen Verbraucher als dumm und einfältig bezeichnet und letztlich knapp 250 Gästen entgegenhält: "Das sind wir nicht! Wer glaubt denn noch daran, dass der Bulle vor dem Schlachten von Hand gefüttert auf einer Wiese in Bad Tölz aufgezogen wird."
Begeisternd ist er immer dann, wenn er nicht den Kopf, sondern das Bauchgefühl, das Lachzentrum im Zwerchfell der Gäste anspricht. Dies macht der 54-Jährige einerseits mit seiner bildhaften Sprache und einer bayrisch-grantelnden Überzeichnung, die die Phantasie zum amüsierten Vollenden des Gedankens anregt. Andererseits aber auch mit seiner hyperventilierenden Art, die ihn auf der Bühne hin und her treibt - ganz so, als würde er Kilometergeld für den Auftritt erhalten.
Und irgendwo zwischen Verstören und Begeistern ist Springers Hauptthema "Leitkultur" eingewoben, das sehr eng mit seinem Syrien-Engagement verbunden ist. Ob die Präambel im bayrischen Integrationsgesetz oder die christlich-abendländische Kultur der Hexenverbrennung, ob der Deutsch-Test für Zuwanderer oder ein Integrationstheater als Passionsspiel auf Bayreuths grünem Hügel - Springer verbindet seine Stichworte mit eine Geschichtsstunde, die die deutsche Leitkultur in einen größeren Zusammenhang stellt. So zerpflückt er nach dem gemeinsamen Singen der deutschen Nationalhymne deren Entstehungsgeschichte: von Hofmann von Fallersleben auf der damals zu England gehörenden Insel Helgoland getextet, durch den Österreicher Joseph Haydn mit der "Kaiser-Melodie" unterlegt, die aus einem kroatischen Volkslied geklaut wurde. Seinen ernsten Worten zum Gebrauch und zur Wertung der Nationalhymne folgte spontaner Applaus, der sich vor allem auf seine Bewertung mit "Kindergarten-Scheiß erwachsener Menschen" richtete.
Vor allem in der zweiten Hälfte seines Solo-Programms gab der begnadete Geschichtenerzähler Persönliches preis, als er sich zu einem Eier-Attentat auf Franz-Josef Strauß bekannte. Irritierende Aussagen und falsche Behauptungen des damaligen Ministerpräsidenten waren die schmerzlichen Erfahrungen des missglückten Attentats, 5 000 DM Strafe und kein Universitäts-Abschluss waren die verkraftbaren Folgen daraus - verbunden mit der Erkenntnis: "Was machen solche Menschen, wenn es um wirklich Wichtiges geht." Den Abschluss im fast zweieinhalbstündigem Programm bildete nochmals ein Versuch, die deutsche Leitkultur zu definieren und Springer fand die Lösung im "Sonntagsspaziergang". Stilisiert wurde dieser am historisch belegten Spaziergang von Beethoven und Goethe auf der Promenade von Teplitz, bei dem Ludwig van Beethoven die höfische Entourage zum Ausweichen zwang - ein Bild mit Symbolcharakter, das Springer mit dem Appell verband: "Bleiben Sie auf Ihrem Weg!"
Über 30 Jahre ist Christian Springer künstlerisch tätig und sowohl über die deutschen Bühnen als auch über die TV-Mattscheibe zu einem der bekannteren Gesichter der Kabarettszene geworden - und in dieser Zeit habe er eines erkannt: "Die Realität ist dem Kabarett voraus; man muss nichts erfinden, nur Geschehenes erzählen."
Von wegen ahnungslos
Diese Realität ist für den Münchner Kabarettisten aufregend genug und hält so viele Untiefen und Fallstricke bereit, um sich mehr als zwei Stunden darüber aufzuregen. Und dies macht Springer in einer intelligenten Art und Weise, die sowohl verstörend als auch begeisternd wirkt. Verstörend einerseits, weil man sich selbst als "ahnungslosen Verbraucher" sieht, wogegen Springer den ahnungslosen Verbraucher als dumm und einfältig bezeichnet und letztlich knapp 250 Gästen entgegenhält: "Das sind wir nicht! Wer glaubt denn noch daran, dass der Bulle vor dem Schlachten von Hand gefüttert auf einer Wiese in Bad Tölz aufgezogen wird."
Begeisternd ist er immer dann, wenn er nicht den Kopf, sondern das Bauchgefühl, das Lachzentrum im Zwerchfell der Gäste anspricht. Dies macht der 54-Jährige einerseits mit seiner bildhaften Sprache und einer bayrisch-grantelnden Überzeichnung, die die Phantasie zum amüsierten Vollenden des Gedankens anregt. Andererseits aber auch mit seiner hyperventilierenden Art, die ihn auf der Bühne hin und her treibt - ganz so, als würde er Kilometergeld für den Auftritt erhalten.
Und irgendwo zwischen Verstören und Begeistern ist Springers Hauptthema "Leitkultur" eingewoben, das sehr eng mit seinem Syrien-Engagement verbunden ist. Ob die Präambel im bayrischen Integrationsgesetz oder die christlich-abendländische Kultur der Hexenverbrennung, ob der Deutsch-Test für Zuwanderer oder ein Integrationstheater als Passionsspiel auf Bayreuths grünem Hügel - Springer verbindet seine Stichworte mit eine Geschichtsstunde, die die deutsche Leitkultur in einen größeren Zusammenhang stellt. So zerpflückt er nach dem gemeinsamen Singen der deutschen Nationalhymne deren Entstehungsgeschichte: von Hofmann von Fallersleben auf der damals zu England gehörenden Insel Helgoland getextet, durch den Österreicher Joseph Haydn mit der "Kaiser-Melodie" unterlegt, die aus einem kroatischen Volkslied geklaut wurde. Seinen ernsten Worten zum Gebrauch und zur Wertung der Nationalhymne folgte spontaner Applaus, der sich vor allem auf seine Bewertung mit "Kindergarten-Scheiß erwachsener Menschen" richtete.
Vor allem in der zweiten Hälfte seines Solo-Programms gab der begnadete Geschichtenerzähler Persönliches preis, als er sich zu einem Eier-Attentat auf Franz-Josef Strauß bekannte. Irritierende Aussagen und falsche Behauptungen des damaligen Ministerpräsidenten waren die schmerzlichen Erfahrungen des missglückten Attentats, 5 000 DM Strafe und kein Universitäts-Abschluss waren die verkraftbaren Folgen daraus - verbunden mit der Erkenntnis: "Was machen solche Menschen, wenn es um wirklich Wichtiges geht." Den Abschluss im fast zweieinhalbstündigem Programm bildete nochmals ein Versuch, die deutsche Leitkultur zu definieren und Springer fand die Lösung im "Sonntagsspaziergang". Stilisiert wurde dieser am historisch belegten Spaziergang von Beethoven und Goethe auf der Promenade von Teplitz, bei dem Ludwig van Beethoven die höfische Entourage zum Ausweichen zwang - ein Bild mit Symbolcharakter, das Springer mit dem Appell verband: "Bleiben Sie auf Ihrem Weg!"
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